Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.Treitschkes Deutsche Geschichte, einzelnen, aber das wissen wir aus Metternichs eigner Angabe mit Bestimmt¬ Aber wäre es nun nicht vielleicht doch möglich, daß Metternich in jener Treitschkes Deutsche Geschichte, einzelnen, aber das wissen wir aus Metternichs eigner Angabe mit Bestimmt¬ Aber wäre es nun nicht vielleicht doch möglich, daß Metternich in jener <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0251" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151812"/> <fw type="header" place="top"> Treitschkes Deutsche Geschichte,</fw><lb/> <p xml:id="ID_819" prev="#ID_818"> einzelnen, aber das wissen wir aus Metternichs eigner Angabe mit Bestimmt¬<lb/> heit, daß sie handelte von dem „wahren Unterschied zwischen landständischen Ver¬<lb/> fassungen und einem sogenannten Repräsentativsystem," daß sie also zweifellos<lb/> die relativen Vorzüge der ersteren vor dem letzteren erörterte, und zwar, wie<lb/> Metternich ebenfalls zu erkennen giebt, eingehender als die frühere Aachener<lb/> Denkschrift, aber doch jedenfalls mit derselben Tendenz der Diskreditirnng der<lb/> „demokratischen" Rcpräsentativvcrfassungen und der relativen Zulcissigkeitser-<lb/> klärung für die landständischen. Wenn Baumgnrten aus diesem letzten Zusätze<lb/> Metternichs über den Unterschied zwischen der Aachener und der Teplitzer Denk¬<lb/> schrift die Folgerung zieht, daß Metternich natürlich in Teplitz, nach Kotzebues<lb/> Ermordung, „einen viel schärferen Ton" habe anschlagen müssen als in Aachen,<lb/> so ist der schärfere Ton freilich nur allzu empfindlich zu verspüren gewesen; aber<lb/> er richtete sich gegen Presse und Universitäten, In Bezug auf die preußische Ver-<lb/> fassungsfrage aber ist man offenbar in Teplitz nicht weiter vorgegangen als in<lb/> Aachen; denn es ist undenkbar, daß Metternich an 29, Juli dem König empfohlen<lb/> haben sollte, gar keine Verfassung zu geben, und ihm zwei Tage darauf — ohne<lb/> daß auch nur die leiseste Andeutung vorhanden wäre, daß der König etwa diesen<lb/> ersten Vorschlag zurückgewiesen — in einer Denkschrift die Vorzüge des einen<lb/> ^erfasfungsshstems vor dem andern klar zu machen sucht. Und zu alledem tritt<lb/> nun die Teplitzer Punktation vom 1, August 1819 hinzu, welche das Resultat<lb/> der Verhandlung fixirt, im wesentlichen durchaus analog der Aachener Denk¬<lb/> schrift, nur mit dem Zusätze, daß Preußen „erst nach völlig geregelten inneren<lb/> und Fiuanzverhältnissen" an das Verfassungswerk zu gehen gedenke, wie dies<lb/> eben immer schon die Absicht Hardenbergs gewesen war. Nirgends eine Spur<lb/> davon, daß der preußische König und sein Staatskanzler sich hier in Teplitz<lb/> weitergehender Zumutungen von seiten Metternichs zu erwehren gehabt hätten.</p><lb/> <p xml:id="ID_820" next="#ID_821"> Aber wäre es nun nicht vielleicht doch möglich, daß Metternich in jener<lb/> ersten Audienz am 29, Juli jede „Volksvertretung" schlechthin dem König wider¬<lb/> riet und erst in der Folge, als er auf Widerstand stieß (von welchen: er aber<lb/> nichts berichtet), diese Zumutung fallen ließ und zu der frühern Basis zurück¬<lb/> kehrte? Dieser Ausweg würde, wenn auch uur in höchst gezwungener Weise,<lb/> möglich sein, wenn der Bericht Metternichs wirklich so lautete, wie ihn Baum¬<lb/> garten in seinem Aufsatze zitirt. Aber in auffallender Weise läßt dieser gerade<lb/> die Worte weg, in welchen der augenscheinliche Beweis für die Unmöglichkeit<lb/> seiner Auffassung liegt, Metternich sagt ausdrücklich (ich habe die Stelle oben<lb/> S. 241 wörtlich verzeichnet) zu dem König: Es giebt nur ein Mittel, den Staat<lb/> zu retten, nämlich wenn Sie keine „Volksvertretung" einführen, und Sie können<lb/> dies mit völliger Wahrung Ihres öffentlich erteilten Versprechens. Das heißt<lb/> also natürlich: Führen Sie keine liberale „demokratische" Verfassung ein, sondern<lb/> nur eine land- beziehentlich provinzialständische. Nehmen wir die Deutung an,<lb/> in welcher Baumgarten das Wort „Volksvertretung" hier verstanden wissen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0251]
Treitschkes Deutsche Geschichte,
einzelnen, aber das wissen wir aus Metternichs eigner Angabe mit Bestimmt¬
heit, daß sie handelte von dem „wahren Unterschied zwischen landständischen Ver¬
fassungen und einem sogenannten Repräsentativsystem," daß sie also zweifellos
die relativen Vorzüge der ersteren vor dem letzteren erörterte, und zwar, wie
Metternich ebenfalls zu erkennen giebt, eingehender als die frühere Aachener
Denkschrift, aber doch jedenfalls mit derselben Tendenz der Diskreditirnng der
„demokratischen" Rcpräsentativvcrfassungen und der relativen Zulcissigkeitser-
klärung für die landständischen. Wenn Baumgnrten aus diesem letzten Zusätze
Metternichs über den Unterschied zwischen der Aachener und der Teplitzer Denk¬
schrift die Folgerung zieht, daß Metternich natürlich in Teplitz, nach Kotzebues
Ermordung, „einen viel schärferen Ton" habe anschlagen müssen als in Aachen,
so ist der schärfere Ton freilich nur allzu empfindlich zu verspüren gewesen; aber
er richtete sich gegen Presse und Universitäten, In Bezug auf die preußische Ver-
fassungsfrage aber ist man offenbar in Teplitz nicht weiter vorgegangen als in
Aachen; denn es ist undenkbar, daß Metternich an 29, Juli dem König empfohlen
haben sollte, gar keine Verfassung zu geben, und ihm zwei Tage darauf — ohne
daß auch nur die leiseste Andeutung vorhanden wäre, daß der König etwa diesen
ersten Vorschlag zurückgewiesen — in einer Denkschrift die Vorzüge des einen
^erfasfungsshstems vor dem andern klar zu machen sucht. Und zu alledem tritt
nun die Teplitzer Punktation vom 1, August 1819 hinzu, welche das Resultat
der Verhandlung fixirt, im wesentlichen durchaus analog der Aachener Denk¬
schrift, nur mit dem Zusätze, daß Preußen „erst nach völlig geregelten inneren
und Fiuanzverhältnissen" an das Verfassungswerk zu gehen gedenke, wie dies
eben immer schon die Absicht Hardenbergs gewesen war. Nirgends eine Spur
davon, daß der preußische König und sein Staatskanzler sich hier in Teplitz
weitergehender Zumutungen von seiten Metternichs zu erwehren gehabt hätten.
Aber wäre es nun nicht vielleicht doch möglich, daß Metternich in jener
ersten Audienz am 29, Juli jede „Volksvertretung" schlechthin dem König wider¬
riet und erst in der Folge, als er auf Widerstand stieß (von welchen: er aber
nichts berichtet), diese Zumutung fallen ließ und zu der frühern Basis zurück¬
kehrte? Dieser Ausweg würde, wenn auch uur in höchst gezwungener Weise,
möglich sein, wenn der Bericht Metternichs wirklich so lautete, wie ihn Baum¬
garten in seinem Aufsatze zitirt. Aber in auffallender Weise läßt dieser gerade
die Worte weg, in welchen der augenscheinliche Beweis für die Unmöglichkeit
seiner Auffassung liegt, Metternich sagt ausdrücklich (ich habe die Stelle oben
S. 241 wörtlich verzeichnet) zu dem König: Es giebt nur ein Mittel, den Staat
zu retten, nämlich wenn Sie keine „Volksvertretung" einführen, und Sie können
dies mit völliger Wahrung Ihres öffentlich erteilten Versprechens. Das heißt
also natürlich: Führen Sie keine liberale „demokratische" Verfassung ein, sondern
nur eine land- beziehentlich provinzialständische. Nehmen wir die Deutung an,
in welcher Baumgarten das Wort „Volksvertretung" hier verstanden wissen
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