Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Die deutschen Kriegervereine.

Vvrstaudü des deutschen Kriegerbnndes bis zu dem binnen Jahresfrist zu be¬
rufenden Abgeordnetcntage das Präsidium des deutschen Kriegerverbandes über¬
tragen.

Leider dienten die sogenannten Eisenacher Besprechungen am 12. März
1882 dazu, die thatsächliche Vereinigung nicht herbeizuführen, wohl aber die
Lage in einer Weise zu klären, welche auf die Partikularistischen Neigungen
einzelner Vereine das hellste Licht wirft. Die Landesverbände in Baiern und
Baden hatten die Einladung zu der Versammlung, welche die aufzustellenden
Satzungen beraten sollte, überhaupt dankend abgelehnt, und der Vertreter des
würtembergischen Kriegerbundes erklärte gleich zu Anfang der Verhandlungen,
daß er einem Verbände auf der bisherigen Grundlage nicht beitreten könne,
wenn er auch um der Sache willen die Hand zur Verständigung zu bieten
bereit sei. Wenn aber von dieser Seite der innere Widerstand gegen die Sache,
um deretwillen man zusammengekommen war, nur passiv in vorsichtigem Zurück¬
halten sich äußerte, so trat dagegen ein Delegirter des sächsischen Kriegcrvereius-
bundcs unumwunden mit seiner Gegnerschaft hervor. Von feiten und im Auftrage
dieses Militürvereiusbuudes, welcher 754 Vereine mit fast 76 000 Mitgliedern
zählt, hob dieser Herr dem gedruckten Protokolle gemäß wiederholt hervor, daß
man sich in Sachsen niemals für die Sache des Zusammenschlusses interessirt
habe, jede "stramme" oder "lose" Vereinigung ablehne und überhaupt "kein
Protektorat des Kaisers brauche," da der König von Sachsen Protektor des
Militärvereinsbundes sei. Ausdrücklich betonte der Vertreter noch, daß er sich
in dieser Hinsicht eins mit seinen Auftraggebern wisse, von denen auch nicht
fünfhundert anders dächten als er.

Nach diesen Vorgängen konnte der am 8. Oktober 1882 in Berlin abge¬
haltene Deutsche Kriegertag nur unter den ungünstigsten Vorbedingungen für
ein Gelingen eröffnet werden, und das Ergebnis der dortigen Verhandlungen
scheint denn auch eine Einigung der Kriegervereine in unabsehbare Ferne ge¬
rückt zu haben. Die großen Landesverbände von Baiern, Würtemberg, Sachsen,
Baden, Hessen und Oldenburg hatten sich überhaupt fern gehalten, dagegen
waren Delegirte aus Weimar, Sondershausen und von den preußischen Prv-
vinzialverbänden, im ganzen die Vertreter von 180 418 Mitgliedern erschienen.
Als sich später Differenzen über den Abstimmungsmodns ergaben, traten noch
die Abgeordneten des deutschen Kriegerbundes mit mehr als 117 000 Mitgliedern
von den Verhandlungen zurück. Der Rest von 63000 Stimmen einigte sich
dann über einen Entwurf für die Organisation des deutschen Kriegerverbandes,
ans dessen einzelne Bestimmungen es hier aber umso weniger ankommt, als eine
sämtliche deutschen Kriegervereine umfassende Verbindung sicherlich auch jetzt
nicht erreicht werden wird, selbst wenn der in einigen Monaten tagende Ab¬
geordnetentag des Deutschen Kriegerbundes der Eintritt dieses letztern in den
Verband beschließen sollte, was kaum zu erwarten ist.


Die deutschen Kriegervereine.

Vvrstaudü des deutschen Kriegerbnndes bis zu dem binnen Jahresfrist zu be¬
rufenden Abgeordnetcntage das Präsidium des deutschen Kriegerverbandes über¬
tragen.

Leider dienten die sogenannten Eisenacher Besprechungen am 12. März
1882 dazu, die thatsächliche Vereinigung nicht herbeizuführen, wohl aber die
Lage in einer Weise zu klären, welche auf die Partikularistischen Neigungen
einzelner Vereine das hellste Licht wirft. Die Landesverbände in Baiern und
Baden hatten die Einladung zu der Versammlung, welche die aufzustellenden
Satzungen beraten sollte, überhaupt dankend abgelehnt, und der Vertreter des
würtembergischen Kriegerbundes erklärte gleich zu Anfang der Verhandlungen,
daß er einem Verbände auf der bisherigen Grundlage nicht beitreten könne,
wenn er auch um der Sache willen die Hand zur Verständigung zu bieten
bereit sei. Wenn aber von dieser Seite der innere Widerstand gegen die Sache,
um deretwillen man zusammengekommen war, nur passiv in vorsichtigem Zurück¬
halten sich äußerte, so trat dagegen ein Delegirter des sächsischen Kriegcrvereius-
bundcs unumwunden mit seiner Gegnerschaft hervor. Von feiten und im Auftrage
dieses Militürvereiusbuudes, welcher 754 Vereine mit fast 76 000 Mitgliedern
zählt, hob dieser Herr dem gedruckten Protokolle gemäß wiederholt hervor, daß
man sich in Sachsen niemals für die Sache des Zusammenschlusses interessirt
habe, jede „stramme" oder „lose" Vereinigung ablehne und überhaupt „kein
Protektorat des Kaisers brauche," da der König von Sachsen Protektor des
Militärvereinsbundes sei. Ausdrücklich betonte der Vertreter noch, daß er sich
in dieser Hinsicht eins mit seinen Auftraggebern wisse, von denen auch nicht
fünfhundert anders dächten als er.

Nach diesen Vorgängen konnte der am 8. Oktober 1882 in Berlin abge¬
haltene Deutsche Kriegertag nur unter den ungünstigsten Vorbedingungen für
ein Gelingen eröffnet werden, und das Ergebnis der dortigen Verhandlungen
scheint denn auch eine Einigung der Kriegervereine in unabsehbare Ferne ge¬
rückt zu haben. Die großen Landesverbände von Baiern, Würtemberg, Sachsen,
Baden, Hessen und Oldenburg hatten sich überhaupt fern gehalten, dagegen
waren Delegirte aus Weimar, Sondershausen und von den preußischen Prv-
vinzialverbänden, im ganzen die Vertreter von 180 418 Mitgliedern erschienen.
Als sich später Differenzen über den Abstimmungsmodns ergaben, traten noch
die Abgeordneten des deutschen Kriegerbundes mit mehr als 117 000 Mitgliedern
von den Verhandlungen zurück. Der Rest von 63000 Stimmen einigte sich
dann über einen Entwurf für die Organisation des deutschen Kriegerverbandes,
ans dessen einzelne Bestimmungen es hier aber umso weniger ankommt, als eine
sämtliche deutschen Kriegervereine umfassende Verbindung sicherlich auch jetzt
nicht erreicht werden wird, selbst wenn der in einigen Monaten tagende Ab¬
geordnetentag des Deutschen Kriegerbundes der Eintritt dieses letztern in den
Verband beschließen sollte, was kaum zu erwarten ist.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0205" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151720"/>
          <fw type="header" place="top"> Die deutschen Kriegervereine.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_670" prev="#ID_669"> Vvrstaudü des deutschen Kriegerbnndes bis zu dem binnen Jahresfrist zu be¬<lb/>
rufenden Abgeordnetcntage das Präsidium des deutschen Kriegerverbandes über¬<lb/>
tragen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_671"> Leider dienten die sogenannten Eisenacher Besprechungen am 12. März<lb/>
1882 dazu, die thatsächliche Vereinigung nicht herbeizuführen, wohl aber die<lb/>
Lage in einer Weise zu klären, welche auf die Partikularistischen Neigungen<lb/>
einzelner Vereine das hellste Licht wirft. Die Landesverbände in Baiern und<lb/>
Baden hatten die Einladung zu der Versammlung, welche die aufzustellenden<lb/>
Satzungen beraten sollte, überhaupt dankend abgelehnt, und der Vertreter des<lb/>
würtembergischen Kriegerbundes erklärte gleich zu Anfang der Verhandlungen,<lb/>
daß er einem Verbände auf der bisherigen Grundlage nicht beitreten könne,<lb/>
wenn er auch um der Sache willen die Hand zur Verständigung zu bieten<lb/>
bereit sei. Wenn aber von dieser Seite der innere Widerstand gegen die Sache,<lb/>
um deretwillen man zusammengekommen war, nur passiv in vorsichtigem Zurück¬<lb/>
halten sich äußerte, so trat dagegen ein Delegirter des sächsischen Kriegcrvereius-<lb/>
bundcs unumwunden mit seiner Gegnerschaft hervor. Von feiten und im Auftrage<lb/>
dieses Militürvereiusbuudes, welcher 754 Vereine mit fast 76 000 Mitgliedern<lb/>
zählt, hob dieser Herr dem gedruckten Protokolle gemäß wiederholt hervor, daß<lb/>
man sich in Sachsen niemals für die Sache des Zusammenschlusses interessirt<lb/>
habe, jede &#x201E;stramme" oder &#x201E;lose" Vereinigung ablehne und überhaupt &#x201E;kein<lb/>
Protektorat des Kaisers brauche," da der König von Sachsen Protektor des<lb/>
Militärvereinsbundes sei. Ausdrücklich betonte der Vertreter noch, daß er sich<lb/>
in dieser Hinsicht eins mit seinen Auftraggebern wisse, von denen auch nicht<lb/>
fünfhundert anders dächten als er.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_672"> Nach diesen Vorgängen konnte der am 8. Oktober 1882 in Berlin abge¬<lb/>
haltene Deutsche Kriegertag nur unter den ungünstigsten Vorbedingungen für<lb/>
ein Gelingen eröffnet werden, und das Ergebnis der dortigen Verhandlungen<lb/>
scheint denn auch eine Einigung der Kriegervereine in unabsehbare Ferne ge¬<lb/>
rückt zu haben. Die großen Landesverbände von Baiern, Würtemberg, Sachsen,<lb/>
Baden, Hessen und Oldenburg hatten sich überhaupt fern gehalten, dagegen<lb/>
waren Delegirte aus Weimar, Sondershausen und von den preußischen Prv-<lb/>
vinzialverbänden, im ganzen die Vertreter von 180 418 Mitgliedern erschienen.<lb/>
Als sich später Differenzen über den Abstimmungsmodns ergaben, traten noch<lb/>
die Abgeordneten des deutschen Kriegerbundes mit mehr als 117 000 Mitgliedern<lb/>
von den Verhandlungen zurück. Der Rest von 63000 Stimmen einigte sich<lb/>
dann über einen Entwurf für die Organisation des deutschen Kriegerverbandes,<lb/>
ans dessen einzelne Bestimmungen es hier aber umso weniger ankommt, als eine<lb/>
sämtliche deutschen Kriegervereine umfassende Verbindung sicherlich auch jetzt<lb/>
nicht erreicht werden wird, selbst wenn der in einigen Monaten tagende Ab¬<lb/>
geordnetentag des Deutschen Kriegerbundes der Eintritt dieses letztern in den<lb/>
Verband beschließen sollte, was kaum zu erwarten ist.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0205] Die deutschen Kriegervereine. Vvrstaudü des deutschen Kriegerbnndes bis zu dem binnen Jahresfrist zu be¬ rufenden Abgeordnetcntage das Präsidium des deutschen Kriegerverbandes über¬ tragen. Leider dienten die sogenannten Eisenacher Besprechungen am 12. März 1882 dazu, die thatsächliche Vereinigung nicht herbeizuführen, wohl aber die Lage in einer Weise zu klären, welche auf die Partikularistischen Neigungen einzelner Vereine das hellste Licht wirft. Die Landesverbände in Baiern und Baden hatten die Einladung zu der Versammlung, welche die aufzustellenden Satzungen beraten sollte, überhaupt dankend abgelehnt, und der Vertreter des würtembergischen Kriegerbundes erklärte gleich zu Anfang der Verhandlungen, daß er einem Verbände auf der bisherigen Grundlage nicht beitreten könne, wenn er auch um der Sache willen die Hand zur Verständigung zu bieten bereit sei. Wenn aber von dieser Seite der innere Widerstand gegen die Sache, um deretwillen man zusammengekommen war, nur passiv in vorsichtigem Zurück¬ halten sich äußerte, so trat dagegen ein Delegirter des sächsischen Kriegcrvereius- bundcs unumwunden mit seiner Gegnerschaft hervor. Von feiten und im Auftrage dieses Militürvereiusbuudes, welcher 754 Vereine mit fast 76 000 Mitgliedern zählt, hob dieser Herr dem gedruckten Protokolle gemäß wiederholt hervor, daß man sich in Sachsen niemals für die Sache des Zusammenschlusses interessirt habe, jede „stramme" oder „lose" Vereinigung ablehne und überhaupt „kein Protektorat des Kaisers brauche," da der König von Sachsen Protektor des Militärvereinsbundes sei. Ausdrücklich betonte der Vertreter noch, daß er sich in dieser Hinsicht eins mit seinen Auftraggebern wisse, von denen auch nicht fünfhundert anders dächten als er. Nach diesen Vorgängen konnte der am 8. Oktober 1882 in Berlin abge¬ haltene Deutsche Kriegertag nur unter den ungünstigsten Vorbedingungen für ein Gelingen eröffnet werden, und das Ergebnis der dortigen Verhandlungen scheint denn auch eine Einigung der Kriegervereine in unabsehbare Ferne ge¬ rückt zu haben. Die großen Landesverbände von Baiern, Würtemberg, Sachsen, Baden, Hessen und Oldenburg hatten sich überhaupt fern gehalten, dagegen waren Delegirte aus Weimar, Sondershausen und von den preußischen Prv- vinzialverbänden, im ganzen die Vertreter von 180 418 Mitgliedern erschienen. Als sich später Differenzen über den Abstimmungsmodns ergaben, traten noch die Abgeordneten des deutschen Kriegerbundes mit mehr als 117 000 Mitgliedern von den Verhandlungen zurück. Der Rest von 63000 Stimmen einigte sich dann über einen Entwurf für die Organisation des deutschen Kriegerverbandes, ans dessen einzelne Bestimmungen es hier aber umso weniger ankommt, als eine sämtliche deutschen Kriegervereine umfassende Verbindung sicherlich auch jetzt nicht erreicht werden wird, selbst wenn der in einigen Monaten tagende Ab¬ geordnetentag des Deutschen Kriegerbundes der Eintritt dieses letztern in den Verband beschließen sollte, was kaum zu erwarten ist.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/205
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/205>, abgerufen am 25.08.2024.