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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Der zweite Pariser Urach.

Haupt -- welches Auftreten unscheinbar genug ist -- läßt ihn uns inmitten
eines Zersetzungsprozesses gewahren. Es war während der deutschen Finanz¬
wirren des vorigen Jahrhunderts, wo das Gewerbe der Kipper und Wipper*)
zur Landplage geworden war und wo die kleinen Rcichsstiinde (wie ihre Nach¬
kommen hundert Jahre später durch die Konzessionirung der Zettelbankcn) der
Gewinnschneiderei der Juden durch Zulassung der Heckenmünzen**) den erwünschten
Vorschub zur potenzirten Ausrandung des Volkes leisteten. In dem sogenannten
Flörsheimschen Münzprozesse wird der Name Rothschild zum erstenmale genannt
in Moses Rothschild, dem Vater des Gründers des Welthauses; Moses
Rothschild ist unter denen, die der Kipper- und Wipperei angeklagt werden,
und er wird, wenigstens in einer dieser Anklageschriften, auf eine sonderbare
Weise ausgezeichnet, indem er nämlich "zugleich ein Handlanger" beim Kippen
und Wippen genannt wird, was ohne Zweifel seine ganz besondre Thätigkeit
bei dem saubern Gewerbe andeuten soll.

Der Einzug Rothschilds in Frankreich fällt in die Periode, wo die Ver¬
hältnisse wieder so weit gediehen waren, um allenthalben hin trübes Gewässer
zu verbreiten, in das Jahr 1812. Damals begannen die französischen Finanzen,
die jetzt die rettende Zufuhr der Kontributionen, welche seit Beginn der napo¬
leonischen Siege jährlich Hunderte von Millionen betragen hatten, entbehren
mußten, in heillose Verwirrung zu geraten. Das Kreditwesen insbesondre verlor
bald jeden Halt, und obgleich die fundirte Schuld beim Sturze Napoleons
ziemlich unbedeutend war, so waren doch die Aufstände und die schwebende
Schuld ungeheuer angeschwollen. Hierzu kamen die Kriegskontributionen und
die Entschädigungen an die Emigranten, welche alle, wie wir schon andeuteten,
aus die für die Finanziers leichteste und geläufigste Weise abgemacht wurden.

Die Verbindungen Rothschilds, der ja bald genug seine Jnternationalität
auch durch seine Geschäftseinrichtungen dokumentirt hatte, mit den übrigen
Hauptstädten der westeuropäischen Politik förderten natürlich von vornherein
seine Bestrebungen nach allen Seiten. Bald genug beherrschte er die päpst-




*) Kipper und Wipper nannte man diejenigen "Geldwechsler," welche das vollwichtige
Geld besonders an den Meßplätzcn an sich brachten, um es zu beschneiden und dann wieder
als vollwichtig in den Handel zu bringen. In der Judengasse in Frankfurt fanden sich
vollständig eingerichtete Werkstätten zum Beschneiden des Geldes.
**) In den Heckenmünzcn wurde das von den beschnittenen Münzen gewonnene Metall
wieder zu Münzen umgeprägt. Diese Münzen waren den vollwichtigen zwar täuschend
ähnlich gemacht, aber sie waren thatsächlich von geringem Wert. Verbreitet waren diese Hccken-
münzeu namentlich in den Gebieten kleiner Reichsstcindc in der Umgebung von Frankfurt.
Sie trugen den Namen der betreffenden Fürsten und Grafen und wurden mit deren Wappen
geprägt, waren aber ausschliesslich in jüdischen Händen. Der große Mnnzkampf, der endlich
nach dem siebenjährigen Kriege zu einem leidlicheren Zustande führte, ist gegen sein Ende
hauptsächlich gegen Kipper und Wipper, sowie gegen die Heckenmünzen gerichtet. Die gegen
sie erlassenen kaiserlichen Mandate sind unzählig.
Der zweite Pariser Urach.

Haupt — welches Auftreten unscheinbar genug ist — läßt ihn uns inmitten
eines Zersetzungsprozesses gewahren. Es war während der deutschen Finanz¬
wirren des vorigen Jahrhunderts, wo das Gewerbe der Kipper und Wipper*)
zur Landplage geworden war und wo die kleinen Rcichsstiinde (wie ihre Nach¬
kommen hundert Jahre später durch die Konzessionirung der Zettelbankcn) der
Gewinnschneiderei der Juden durch Zulassung der Heckenmünzen**) den erwünschten
Vorschub zur potenzirten Ausrandung des Volkes leisteten. In dem sogenannten
Flörsheimschen Münzprozesse wird der Name Rothschild zum erstenmale genannt
in Moses Rothschild, dem Vater des Gründers des Welthauses; Moses
Rothschild ist unter denen, die der Kipper- und Wipperei angeklagt werden,
und er wird, wenigstens in einer dieser Anklageschriften, auf eine sonderbare
Weise ausgezeichnet, indem er nämlich „zugleich ein Handlanger" beim Kippen
und Wippen genannt wird, was ohne Zweifel seine ganz besondre Thätigkeit
bei dem saubern Gewerbe andeuten soll.

Der Einzug Rothschilds in Frankreich fällt in die Periode, wo die Ver¬
hältnisse wieder so weit gediehen waren, um allenthalben hin trübes Gewässer
zu verbreiten, in das Jahr 1812. Damals begannen die französischen Finanzen,
die jetzt die rettende Zufuhr der Kontributionen, welche seit Beginn der napo¬
leonischen Siege jährlich Hunderte von Millionen betragen hatten, entbehren
mußten, in heillose Verwirrung zu geraten. Das Kreditwesen insbesondre verlor
bald jeden Halt, und obgleich die fundirte Schuld beim Sturze Napoleons
ziemlich unbedeutend war, so waren doch die Aufstände und die schwebende
Schuld ungeheuer angeschwollen. Hierzu kamen die Kriegskontributionen und
die Entschädigungen an die Emigranten, welche alle, wie wir schon andeuteten,
aus die für die Finanziers leichteste und geläufigste Weise abgemacht wurden.

Die Verbindungen Rothschilds, der ja bald genug seine Jnternationalität
auch durch seine Geschäftseinrichtungen dokumentirt hatte, mit den übrigen
Hauptstädten der westeuropäischen Politik förderten natürlich von vornherein
seine Bestrebungen nach allen Seiten. Bald genug beherrschte er die päpst-




*) Kipper und Wipper nannte man diejenigen „Geldwechsler," welche das vollwichtige
Geld besonders an den Meßplätzcn an sich brachten, um es zu beschneiden und dann wieder
als vollwichtig in den Handel zu bringen. In der Judengasse in Frankfurt fanden sich
vollständig eingerichtete Werkstätten zum Beschneiden des Geldes.
**) In den Heckenmünzcn wurde das von den beschnittenen Münzen gewonnene Metall
wieder zu Münzen umgeprägt. Diese Münzen waren den vollwichtigen zwar täuschend
ähnlich gemacht, aber sie waren thatsächlich von geringem Wert. Verbreitet waren diese Hccken-
münzeu namentlich in den Gebieten kleiner Reichsstcindc in der Umgebung von Frankfurt.
Sie trugen den Namen der betreffenden Fürsten und Grafen und wurden mit deren Wappen
geprägt, waren aber ausschliesslich in jüdischen Händen. Der große Mnnzkampf, der endlich
nach dem siebenjährigen Kriege zu einem leidlicheren Zustande führte, ist gegen sein Ende
hauptsächlich gegen Kipper und Wipper, sowie gegen die Heckenmünzen gerichtet. Die gegen
sie erlassenen kaiserlichen Mandate sind unzählig.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/195>, abgerufen am 25.08.2024.