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Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal.

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Sie Grafen von Altenschwerdt.

fernere Begleitung gern einnehmen, vorausgesetzt, daß sie dem Herrn damit keine
Plage bereiteten.

Das war nun offenbar gar nicht der Fall, sondern es machte dem Herrn
allem Anschein nach Vergnügen, seine Gefälligkeit noch weiter auszudehnen. So
gingen sie denn mit einander.

Die Mädchen waren, nachdem sie den Schrecken des Überfalles vergessen
hatten, von lustiger, beinahe übermütiger Laune beseelt, die much ansteckend
auf den Maler wirkte. Besonders that sich die hübsche Blondine in Lachen und
Scherzen hervor, während die dunkle Schöne eine mehr gesetzte Haltung be¬
wahrte und immer die Fürstin ans der Maskerade blieb.

So verkürzte sich der gemeinsame Weg dem Maler in wunderbarer Weise,
und er konnte, als der Thurm des Schlosses Eichhansen vor seinem Blick auf¬
tauchte, indem der Wald sich lichtete, kaum glauben, daß die weite Entfernung,
die ihn von diesem Punkte getrennt hatte, schon zurückgelegt sei.

Die Sonne war im Untergehen, als die drei fröhlichen Wanderer aus
dem Walde hervortraten und sich den, Schlosse näherten, welches, wie der Maler
nun wohl merkte, der Wohnsitz seiner Begleiterinnen war, und mit erhöhtem
Interesse betrachtete er den altertümlichen Bau, der ihm bereits zum Gegenstande
einer Studie gedient hatte.

Das Schloß mußte wohl aus einer Zeit häufiger Kämpfe stammen und
war gewiß einst als Festung von Bedeutung gewesen. Sein Anblick war düster
und drohend, nur wenige schmale Fenster, Schießscharten ähnlich, waren von
dieser Seite aus zu erblicken, und die Mauern stiegen steil und dunkel von der
kleinen Erhöhung empor, auf welcher sie erbaut waren. Den Mittelpunkt des
Ganzen bildete ein schwerfälliger viereckiger Thurm mit Zinnen, auf dessen obern
Ecken vier Kuppelthürmchen, in der Form von Pfefferbüchsen, angeklebt waren.
Von diesen Thürmchen aus mochten ehedem Büchsenschützen oder wohl gar noch
Bogenschützen auf anstürmende Feinde geschossen haben. Jetzt waren sie von
unzähligen schwarzen Vögeln umkreist, deren Geschrei weithin drang, und deren
Anwesenheit dafür bürgte, daß kriegerischer Lärm längst verhallt war. Ähnliche
Thürmchen von ehemals fortifikatorischem Charakter befanden sich an mehreren
Punkten der hohen, starken, mit Zinnen versehenen Mauern, welche von dieser
Seite ans alle sonstigen Baulichkeiten, mit Ausnahme der Dächer, dem Auge
entzogen. Nur noch ein mächtiger Thurm mit spitzem Dach trat auf der linken
Seite ans der UmWallung hervor. Er war gewiß früher ein wichtiger Teil
der Werke gewesen und sah gewaltig schwer und dick aus, doch zeigten die im
obersten Stock befindlichen Fenster mit hellen Gardinen, daß er jetzt von Menschen
bewohnt war, welche dem Frieden vertrauten.

Zur rechten Hand ging von dem Schlosse eine hohe Mauer aus, über
welche die Kronen der Bäume hinwcgragtcn und welche, wie es schien, einen
Park einschloß. Sie ward, einige hundert Schritte vom Schloß entfernt, von


Sie Grafen von Altenschwerdt.

fernere Begleitung gern einnehmen, vorausgesetzt, daß sie dem Herrn damit keine
Plage bereiteten.

Das war nun offenbar gar nicht der Fall, sondern es machte dem Herrn
allem Anschein nach Vergnügen, seine Gefälligkeit noch weiter auszudehnen. So
gingen sie denn mit einander.

Die Mädchen waren, nachdem sie den Schrecken des Überfalles vergessen
hatten, von lustiger, beinahe übermütiger Laune beseelt, die much ansteckend
auf den Maler wirkte. Besonders that sich die hübsche Blondine in Lachen und
Scherzen hervor, während die dunkle Schöne eine mehr gesetzte Haltung be¬
wahrte und immer die Fürstin ans der Maskerade blieb.

So verkürzte sich der gemeinsame Weg dem Maler in wunderbarer Weise,
und er konnte, als der Thurm des Schlosses Eichhansen vor seinem Blick auf¬
tauchte, indem der Wald sich lichtete, kaum glauben, daß die weite Entfernung,
die ihn von diesem Punkte getrennt hatte, schon zurückgelegt sei.

Die Sonne war im Untergehen, als die drei fröhlichen Wanderer aus
dem Walde hervortraten und sich den, Schlosse näherten, welches, wie der Maler
nun wohl merkte, der Wohnsitz seiner Begleiterinnen war, und mit erhöhtem
Interesse betrachtete er den altertümlichen Bau, der ihm bereits zum Gegenstande
einer Studie gedient hatte.

Das Schloß mußte wohl aus einer Zeit häufiger Kämpfe stammen und
war gewiß einst als Festung von Bedeutung gewesen. Sein Anblick war düster
und drohend, nur wenige schmale Fenster, Schießscharten ähnlich, waren von
dieser Seite aus zu erblicken, und die Mauern stiegen steil und dunkel von der
kleinen Erhöhung empor, auf welcher sie erbaut waren. Den Mittelpunkt des
Ganzen bildete ein schwerfälliger viereckiger Thurm mit Zinnen, auf dessen obern
Ecken vier Kuppelthürmchen, in der Form von Pfefferbüchsen, angeklebt waren.
Von diesen Thürmchen aus mochten ehedem Büchsenschützen oder wohl gar noch
Bogenschützen auf anstürmende Feinde geschossen haben. Jetzt waren sie von
unzähligen schwarzen Vögeln umkreist, deren Geschrei weithin drang, und deren
Anwesenheit dafür bürgte, daß kriegerischer Lärm längst verhallt war. Ähnliche
Thürmchen von ehemals fortifikatorischem Charakter befanden sich an mehreren
Punkten der hohen, starken, mit Zinnen versehenen Mauern, welche von dieser
Seite ans alle sonstigen Baulichkeiten, mit Ausnahme der Dächer, dem Auge
entzogen. Nur noch ein mächtiger Thurm mit spitzem Dach trat auf der linken
Seite ans der UmWallung hervor. Er war gewiß früher ein wichtiger Teil
der Werke gewesen und sah gewaltig schwer und dick aus, doch zeigten die im
obersten Stock befindlichen Fenster mit hellen Gardinen, daß er jetzt von Menschen
bewohnt war, welche dem Frieden vertrauten.

Zur rechten Hand ging von dem Schlosse eine hohe Mauer aus, über
welche die Kronen der Bäume hinwcgragtcn und welche, wie es schien, einen
Park einschloß. Sie ward, einige hundert Schritte vom Schloß entfernt, von


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 42, 1883, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341837_151310/109>, abgerufen am 03.07.2024.