Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Bakchen und Thyrsosiräger. Der junge Freiherr zuckte zusammen, der Ausdruck seines hübschen Gesichts Das ist es ja eben, stieß er heftig hervor, indem er dabei lebhaft mit den Du hast Recht, Amadeus, sagte der Alte, du hast ganz Recht. Du bist O, nein, das sage ich auch nicht. Das würde ich auch niemand raten. Sir Moses Montefiore ist ein portugiesischer Jude, sagte der Alte mit Und wir sind polnische, entgegnete der Sohn bitter, nicht wahr? Das Und was er hat, Amadeus, vergiß das nicht, mein Sohn! Was er hat, Bakchen und Thyrsosiräger. Der junge Freiherr zuckte zusammen, der Ausdruck seines hübschen Gesichts Das ist es ja eben, stieß er heftig hervor, indem er dabei lebhaft mit den Du hast Recht, Amadeus, sagte der Alte, du hast ganz Recht. Du bist O, nein, das sage ich auch nicht. Das würde ich auch niemand raten. Sir Moses Montefiore ist ein portugiesischer Jude, sagte der Alte mit Und wir sind polnische, entgegnete der Sohn bitter, nicht wahr? Das Und was er hat, Amadeus, vergiß das nicht, mein Sohn! Was er hat, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0534" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86655"/> <fw type="header" place="top"> Bakchen und Thyrsosiräger.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2203"> Der junge Freiherr zuckte zusammen, der Ausdruck seines hübschen Gesichts<lb/> ward noch finsterer, und er ging aufgeregt auf und ab in den: Gemach,</p><lb/> <p xml:id="ID_2204"> Das ist es ja eben, stieß er heftig hervor, indem er dabei lebhaft mit den<lb/> Händen den Ausdruck seiner Worte begleitete, das ist es ja eben, was mich<lb/> ärgert, O, Vater, was haben wir denn von dem vielen Gelde, wenn wir es<lb/> der Aristokratie nicht gleichthun in der Hauptsache, in dem was sie erst zur<lb/> Aristokratie macht, nämlich in der vornehmen Auffassung des Lebens? Ich kann<lb/> es nicht ertragen, daß man uns als Parvenus betrachtet, ich null diesen stolzen<lb/> Prinzen, Grafen und Baronen zeigen, daß ich gerade so gut bin wie sie, daß<lb/> ich eben so gut wie sie in vornehme Zirkel hinein gehöre, daß ich von der Kunst<lb/> eben so viel verstehe wie sie, daß ich in allen ritterlichen Übungen gerade so<lb/> gewandt bin wie sie. Ich bin es, das ist die Wahrheit, ich gehöre nach meiner<lb/> ganzen natürlichen Anlage, nach allen meinen Neigungen zu den Aristokraten,<lb/> ich habe stets mit Vorliebe gefochten, getanzt, geritten und mich für Musik, Malerei<lb/> und Bildhauerkunst interessirt. Ich bin Aristokrat.</p><lb/> <p xml:id="ID_2205"> Du hast Recht, Amadeus, sagte der Alte, du hast ganz Recht. Du bist<lb/> ein Kavalier, Amadeus. Wir sind Freiherr», Amadeus, aber ich glaube auch<lb/> nicht, daß irgend jemand wagen wird, uns über die Achsel anzusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2206"> O, nein, das sage ich auch nicht. Das würde ich auch niemand raten.<lb/> Aber es ist da noch ein gewisses feines Etwas, was sich nicht definiren läßt,<lb/> und was doch da ist. Ich merke das besonders, wenn ich an die Gesellschaft<lb/> denke, mit der ich im Hause des Sir Moses Montefiore zusammenkam. Ich<lb/> habe dort niemals einen Schatten zwischen den Engländern und uns bemerkt,<lb/> und doch, wie feine Leute verkehrten bei Sir Moses!</p><lb/> <p xml:id="ID_2207"> Sir Moses Montefiore ist ein portugiesischer Jude, sagte der Alte mit<lb/> einem Ausdruck der Verehrung.</p><lb/> <p xml:id="ID_2208"> Und wir sind polnische, entgegnete der Sohn bitter, nicht wahr? Das<lb/> wolltest dn sagen? Aber ich behaupte, wir sind überhaupt keine Juden, und es<lb/> ist niederträchtig, es ist über alle Begriffe niedrig und gemein, daß es überhaupt<lb/> noch Juden und Christen und Mohammedaner geben soll, anstatt daß man im<lb/> Menschen den Menschen sieht und ihn taxirt nach dem, was er ist, was er kann,<lb/> nach seinem eigentlichen innern, ethischen Wert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2209" next="#ID_2210"> Und was er hat, Amadeus, vergiß das nicht, mein Sohn! Was er hat,<lb/> Amadeus, das bedenke! Amadeus, du bist gescheidt und du bist ein Kavalier,<lb/> aber du bedenkst nicht, was das wichtigste ist. Siehst dn, Amndcns, alles, was.<lb/> der Herr den Erzvätern verheißen hat, liegt beschlossen in dem einen Dinge:<lb/> Geld. Sagst du „Geld," so sagst du alles. Siehst du, Amadeus, Häuser und<lb/> Äcker und Gärten und Packs und schöne Wagen und Pferde und Sänger und<lb/> Tänzer und Sängerinnen nud Tänzerinnen und Statuen und Gemälde und Titel,<lb/> Orden, Ehren, Einfluß in der Politik, schöne, vornehme Frauen wie Hyazinth<lb/> Comtesse von Hüningen, das alles und noch viel mehr, alles was die Welt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0534]
Bakchen und Thyrsosiräger.
Der junge Freiherr zuckte zusammen, der Ausdruck seines hübschen Gesichts
ward noch finsterer, und er ging aufgeregt auf und ab in den: Gemach,
Das ist es ja eben, stieß er heftig hervor, indem er dabei lebhaft mit den
Händen den Ausdruck seiner Worte begleitete, das ist es ja eben, was mich
ärgert, O, Vater, was haben wir denn von dem vielen Gelde, wenn wir es
der Aristokratie nicht gleichthun in der Hauptsache, in dem was sie erst zur
Aristokratie macht, nämlich in der vornehmen Auffassung des Lebens? Ich kann
es nicht ertragen, daß man uns als Parvenus betrachtet, ich null diesen stolzen
Prinzen, Grafen und Baronen zeigen, daß ich gerade so gut bin wie sie, daß
ich eben so gut wie sie in vornehme Zirkel hinein gehöre, daß ich von der Kunst
eben so viel verstehe wie sie, daß ich in allen ritterlichen Übungen gerade so
gewandt bin wie sie. Ich bin es, das ist die Wahrheit, ich gehöre nach meiner
ganzen natürlichen Anlage, nach allen meinen Neigungen zu den Aristokraten,
ich habe stets mit Vorliebe gefochten, getanzt, geritten und mich für Musik, Malerei
und Bildhauerkunst interessirt. Ich bin Aristokrat.
Du hast Recht, Amadeus, sagte der Alte, du hast ganz Recht. Du bist
ein Kavalier, Amadeus. Wir sind Freiherr», Amadeus, aber ich glaube auch
nicht, daß irgend jemand wagen wird, uns über die Achsel anzusehen.
O, nein, das sage ich auch nicht. Das würde ich auch niemand raten.
Aber es ist da noch ein gewisses feines Etwas, was sich nicht definiren läßt,
und was doch da ist. Ich merke das besonders, wenn ich an die Gesellschaft
denke, mit der ich im Hause des Sir Moses Montefiore zusammenkam. Ich
habe dort niemals einen Schatten zwischen den Engländern und uns bemerkt,
und doch, wie feine Leute verkehrten bei Sir Moses!
Sir Moses Montefiore ist ein portugiesischer Jude, sagte der Alte mit
einem Ausdruck der Verehrung.
Und wir sind polnische, entgegnete der Sohn bitter, nicht wahr? Das
wolltest dn sagen? Aber ich behaupte, wir sind überhaupt keine Juden, und es
ist niederträchtig, es ist über alle Begriffe niedrig und gemein, daß es überhaupt
noch Juden und Christen und Mohammedaner geben soll, anstatt daß man im
Menschen den Menschen sieht und ihn taxirt nach dem, was er ist, was er kann,
nach seinem eigentlichen innern, ethischen Wert.
Und was er hat, Amadeus, vergiß das nicht, mein Sohn! Was er hat,
Amadeus, das bedenke! Amadeus, du bist gescheidt und du bist ein Kavalier,
aber du bedenkst nicht, was das wichtigste ist. Siehst dn, Amndcns, alles, was.
der Herr den Erzvätern verheißen hat, liegt beschlossen in dem einen Dinge:
Geld. Sagst du „Geld," so sagst du alles. Siehst du, Amadeus, Häuser und
Äcker und Gärten und Packs und schöne Wagen und Pferde und Sänger und
Tänzer und Sängerinnen nud Tänzerinnen und Statuen und Gemälde und Titel,
Orden, Ehren, Einfluß in der Politik, schöne, vornehme Frauen wie Hyazinth
Comtesse von Hüningen, das alles und noch viel mehr, alles was die Welt
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