Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

de Seebettes, den Parlciintiltsprtisidcnten Lepelltticr de Saline-Fnrgeciu. der zu den
reichsten Grundbesitzern Frankreichs gehörte, den Feldmarschall Karl von Hessen und
im Herzog von Orleans einen Prinzen van Geblüt. Aber anßer diesen wenigen
Deserteuren stellte weder die Erbaristokratie, noch das höhere Beamtentum, noch
der reiche Bürgerstand der Partei Rekruten. Alle diese Klassen hatten ein zu großes
Interesse am Stnatsgebüude, auch als es erschüttert war, um eine Nieder¬
reißung van Grund aus zu wünschen, und sie wußten, trotzdem daß ihre Erfah¬
rung eine kurze war, daß sich nach einem Plane, der die Ausgeburt eiuer kindischen
politischen Geometrie war, kein wohnliches neues Haus erbauen ließ. Die unterste
Klasse der Städte und das Landvolk aber hatte für die Lehre der Jakobiner kaum
Ohren. Für Pächter und kleine Bauer», deren Gedanken nicht über das Verdienen
des täglichen Brotes hinausgingen, war alle abstrakte Doktrin unverständlich. Wenn
man sie in deu Klub führte, schliefen sie ein, um erst zu erwachen, wenn mau
ihnen ^wer denkt hier nicht sofort an die Vorspiegelungen, mit welchen die fort¬
schrittliche» Agitatoren bei den letzten Reichstagswahleu in vielen ländlichen Wahl¬
kreisen den gemeinen Mann anlogen?j mit Wiederherstellung der Zehnten und der
Fendalrechte drohte. Die jakobinische Theorie fand ihre Jünger anderwärts- in
der untern Schicht der Bourgeoisie und in der obern Schicht des Volkes, und hier
wieder waren die Leute, die ihr beitraten, meist nicht solche, die in ihrem Berufe
wurzelten oder einen guten Platz in der gesellschaftlichen Hierarchie gefunden hatten,
sondern die kleine Minderheit der neuerungssüchtigen und Unruhigen, die nicht an
ihrem Amt oder Geschäft hingen, weil sie nur eine subalterne Stellung erlaugt hatten,
die als Anfänger und Streber erst eine Stellung suchten oder die, von Nntnr unstät,
durch den.allgemeinen Umschwung ihre Stellung in der Kirche, in der Justiz, in
der Verwaltung oder in der Armee verloren hatten.

„Hier treffen wir, sagt Taine, in erster Reihe solche an, welche klassische
Bildung in den Stand gesetzt hat, ein abstraktes Prinzip zu verstehe» und daraus
Konsequenzen ziehe», welche aber, ohne spezielle Vorbereitung und in den engen Kreis
ihrer lokalen Beschäftigung gebannt, unfähig sind, sich eine große verwickelte Ge¬
sellschaft und die Bedingungen, unter denen sie lebt, vorzustellen. Ihr Talent besteht
im Halten einer Rede, im Anfertigen eines Zeitungsartikels, einer Broschüre, eines
Berichts, alles mehr oder minder emphatisch und dogmatisch gehalten. Giebt man
zu. daß dieses Genre berechtigt ist, so sind einige, die gute Begabung haben, darin
beredt, aber weiter nichts. Dahin gehören hinan denkt bei der folgenden Aufzählung
unwillkürlich sofort wieder an unsre Liberalen, namentlich an die Fortschrittspartei j
die Advokaten, Notare, Kreisrichter und Snchverwalter der Provinz, welche die ersten
Rollen besetzten und zwei Drittel der Mitglieder der Gesetzgebung und des Konvents
lieferten, ferner die kleinstädtischen Ärzte wie Bü, Levassenr und Barbone, die Schrift
steiler zweiten oder dritten Ranges wie Barrvre, Louvet, Garne, Manuel und Ronsin,
die Gymnasiallehrer, wie Lonchet und Romme, die Zeitungsskribenten, wie Bristol,
Desmoulins und Frero», die Komödianten, wie Collot d'Herbois, die Klosterleute,
wie Foucho und Chabot, die mehr oder weniger ans der Sontane gesprnngnen
(lloliolinvs) Priester, wie Lebon, Chasles, Lakanal und Grugvire, die kaum ans der
Schule entlassenen Studenten, wie Saint-Just, Monat de Strasbvnrg, Rvnsselin
de Saint-Albin und Julien de in DrSme, lauter schlecht ausgebildete, schlecht besäete
Geister, in welche die jakobinische Theorie nnr gefallen war, um die guten Samen¬
körner zu ersticken und wie Unkraut zu wuchern. Denke mau sich dazu die Charlatane
und Abenteurer, die ungesunden Gehirne und die Illuminaten aller Art von Fauchet
und Clvotz bis zu ClMier und Maral und den ganzen Schwarm verwirrter Nörgler

Greuzlwlen l. >8W, 55