Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Literatur. Verleger sich wohl gehütet hat, sie in extenso auf seinem Reklamezirknlar wieder¬ Auch in der vorliegenden zweiten Lieferung bewundern wir wieder den emi¬ Der artistische Teil zwar ist auch in dieser Lieferung fast durchweg lobens¬ Von großen, auf besondern Tafeln beigegebenen Porträts sollte die vorliegende Literatur. Verleger sich wohl gehütet hat, sie in extenso auf seinem Reklamezirknlar wieder¬ Auch in der vorliegenden zweiten Lieferung bewundern wir wieder den emi¬ Der artistische Teil zwar ist auch in dieser Lieferung fast durchweg lobens¬ Von großen, auf besondern Tafeln beigegebenen Porträts sollte die vorliegende <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86496"/> <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1577" prev="#ID_1576"> Verleger sich wohl gehütet hat, sie in extenso auf seinem Reklamezirknlar wieder¬<lb/> zugeben. Da hilft man sich dann mit Punkten; so:..... Der Leser kann ja<lb/> denken, daß die durch Punkte ersetzten Stellen unwesentlich gewesen seien. Am<lb/> allernnbeau einsten aber ist dem Verleger die Kritik der „Grenzboten" gewesen.<lb/> Zwar ist es die eingehendste, ausführlichste und handlichste, die irgend eine deutsche<lb/> Zeitschrift gebracht hat. Allein was hilft das? Für Reklamezwecke war sie schlechter¬<lb/> dings nicht zu brauche«, folglich ist sie ein „Pamphlet." Wenn der Verleger nur<lb/> wenigstens die Nummer der „Grenzboten" genannt hätte, wo dieses schändliche<lb/> Machwerk zu lesen ist. Er führt ja gewissenhaft selbst von unbedeutenden Tngcs-<lb/> blättern, in denen Empfehlungen des Rvllcttschen Werkes gestanden, die Nummer<lb/> an — warum bloß von den „Grenzboten" nicht? Nun, der Grund liegt sehr<lb/> nahe. Stunde die Nummer dabei, so könnte ja jeder, der ein Interesse an der<lb/> Sache hat, sie nachschlagen und sich überzeugen, daß das angebliche „Pamphlet"<lb/> in Wahrheit eine durchaus wohlwollende, vielfach freilich absprechende, aber immer<lb/> nur mit Bedauern absprechende Kritik gewesen ist. So aber hat man der Zeit¬<lb/> schrift ihren Fußtritt gegeben, und weiter hat's ja keinen Zweck.</p><lb/> <p xml:id="ID_1578"> Auch in der vorliegenden zweiten Lieferung bewundern wir wieder den emi¬<lb/> nenten Sammclfleiß, mit dem der Herausgeber nicht nur die Goethebildnisse selbst<lb/> — es sind die aus den Jcchreu 1780 bis 1812 —, sondern anch alle auf sie bezüg¬<lb/> lichen Nachrichten, Erwähnungen, Briefsteller?c. zusammengebracht hat. Wie ihm<lb/> nicht das unbedeutendste Silhouettchen in seiner Sammlung fehlt, so hat er sich<lb/> auch keine Mühe verdrießen lassen, den entlegensten Zeitungsausschnitt zur Stelle<lb/> zu schaffen. Blicke» wir freilich auf die Wiedergabe und Verarbeitung dieses Ma¬<lb/> terials, so sind wir auch schon wieder an der Grenze des unbedingten Lobes an¬<lb/> gelangt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1579"> Der artistische Teil zwar ist auch in dieser Lieferung fast durchweg lobens¬<lb/> wert. Die im Texte verteilten, in Holzschnitt ausgeführten Silhouetten und<lb/> Umrißzeichuungen sind vorzüglich gelungen, ganz überraschend der Schattenriß<lb/> Ur. 33 mit seinen vollen, männlichen Formen. Enttäuscht wird man aber schon<lb/> durch das Tischbcinsche Bild Ur. 30: Goethe auf antiken Steintrümmern ruhend,<lb/> die römische Cmupagna betrachtend. Wenn dies Bild wirklich, wie man so oft<lb/> versichern hört, zu den bedeutendsten Gocthebilduissen gehört, dann müssen die bis¬<lb/> herigen Reproduktionen sehr schlechte sein. Von der Vogelfeder Lithographie sagt<lb/> Rottele selbst, daß sie „ohne künstlerische Durchbildung ausgeführt" sei, und doch<lb/> ist diese Lithographie dem hier gebotenen Holzschnitt zu Grunde gelegt worden!<lb/> Wir fürchten, daß man wohl etwas zu viel Wesens von dem Bilde macht. Idee<lb/> und Ausführung schmecken gleichstark nach der Akademiemalerei des vorigen<lb/> Jahrhunderts. Der Kopf mag im Original interessant sein, in den Nachbildungen<lb/> ist er's nicht, hier blickt er ausdruckslos ins Leere. Alles übrige aber ist vou<lb/> geradezu schülerhafter Unnatur: der gänzlich verzeichnete halb liegende, halb sitzende<lb/> Körper, der Faltenwurf, der eher an Backwaare oder an die Gebirge einer Relief¬<lb/> karte als an Zeugstoff erinnert, u. a.</p><lb/> <p xml:id="ID_1580" next="#ID_1581"> Von großen, auf besondern Tafeln beigegebenen Porträts sollte die vorliegende<lb/> Lieferung vier enthalten. Zwei aber, die Radirungen nach Jagemann (1806) und<lb/> nach Kügclgcn (1808), scheinen nicht fertig geworden zu sein; sie werden für das<lb/> dritte Heft versprochen, und so müssen wir uus vorläufig mit den Censuren be¬<lb/> gnügen, die ihnen Rottele — merkwürdigerweise trotzdem daß sie noch nicht fertig<lb/> sind — bereits im Texte erteilt hat, der einen: „Ungemein wirkungsvolle Radiruug,"<lb/> der andern: „Ganz vorzügliche Radiruug." Die Wiedergabe der schöne» Trippelschcn</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
Literatur.
Verleger sich wohl gehütet hat, sie in extenso auf seinem Reklamezirknlar wieder¬
zugeben. Da hilft man sich dann mit Punkten; so:..... Der Leser kann ja
denken, daß die durch Punkte ersetzten Stellen unwesentlich gewesen seien. Am
allernnbeau einsten aber ist dem Verleger die Kritik der „Grenzboten" gewesen.
Zwar ist es die eingehendste, ausführlichste und handlichste, die irgend eine deutsche
Zeitschrift gebracht hat. Allein was hilft das? Für Reklamezwecke war sie schlechter¬
dings nicht zu brauche«, folglich ist sie ein „Pamphlet." Wenn der Verleger nur
wenigstens die Nummer der „Grenzboten" genannt hätte, wo dieses schändliche
Machwerk zu lesen ist. Er führt ja gewissenhaft selbst von unbedeutenden Tngcs-
blättern, in denen Empfehlungen des Rvllcttschen Werkes gestanden, die Nummer
an — warum bloß von den „Grenzboten" nicht? Nun, der Grund liegt sehr
nahe. Stunde die Nummer dabei, so könnte ja jeder, der ein Interesse an der
Sache hat, sie nachschlagen und sich überzeugen, daß das angebliche „Pamphlet"
in Wahrheit eine durchaus wohlwollende, vielfach freilich absprechende, aber immer
nur mit Bedauern absprechende Kritik gewesen ist. So aber hat man der Zeit¬
schrift ihren Fußtritt gegeben, und weiter hat's ja keinen Zweck.
Auch in der vorliegenden zweiten Lieferung bewundern wir wieder den emi¬
nenten Sammclfleiß, mit dem der Herausgeber nicht nur die Goethebildnisse selbst
— es sind die aus den Jcchreu 1780 bis 1812 —, sondern anch alle auf sie bezüg¬
lichen Nachrichten, Erwähnungen, Briefsteller?c. zusammengebracht hat. Wie ihm
nicht das unbedeutendste Silhouettchen in seiner Sammlung fehlt, so hat er sich
auch keine Mühe verdrießen lassen, den entlegensten Zeitungsausschnitt zur Stelle
zu schaffen. Blicke» wir freilich auf die Wiedergabe und Verarbeitung dieses Ma¬
terials, so sind wir auch schon wieder an der Grenze des unbedingten Lobes an¬
gelangt.
Der artistische Teil zwar ist auch in dieser Lieferung fast durchweg lobens¬
wert. Die im Texte verteilten, in Holzschnitt ausgeführten Silhouetten und
Umrißzeichuungen sind vorzüglich gelungen, ganz überraschend der Schattenriß
Ur. 33 mit seinen vollen, männlichen Formen. Enttäuscht wird man aber schon
durch das Tischbcinsche Bild Ur. 30: Goethe auf antiken Steintrümmern ruhend,
die römische Cmupagna betrachtend. Wenn dies Bild wirklich, wie man so oft
versichern hört, zu den bedeutendsten Gocthebilduissen gehört, dann müssen die bis¬
herigen Reproduktionen sehr schlechte sein. Von der Vogelfeder Lithographie sagt
Rottele selbst, daß sie „ohne künstlerische Durchbildung ausgeführt" sei, und doch
ist diese Lithographie dem hier gebotenen Holzschnitt zu Grunde gelegt worden!
Wir fürchten, daß man wohl etwas zu viel Wesens von dem Bilde macht. Idee
und Ausführung schmecken gleichstark nach der Akademiemalerei des vorigen
Jahrhunderts. Der Kopf mag im Original interessant sein, in den Nachbildungen
ist er's nicht, hier blickt er ausdruckslos ins Leere. Alles übrige aber ist vou
geradezu schülerhafter Unnatur: der gänzlich verzeichnete halb liegende, halb sitzende
Körper, der Faltenwurf, der eher an Backwaare oder an die Gebirge einer Relief¬
karte als an Zeugstoff erinnert, u. a.
Von großen, auf besondern Tafeln beigegebenen Porträts sollte die vorliegende
Lieferung vier enthalten. Zwei aber, die Radirungen nach Jagemann (1806) und
nach Kügclgcn (1808), scheinen nicht fertig geworden zu sein; sie werden für das
dritte Heft versprochen, und so müssen wir uus vorläufig mit den Censuren be¬
gnügen, die ihnen Rottele — merkwürdigerweise trotzdem daß sie noch nicht fertig
sind — bereits im Texte erteilt hat, der einen: „Ungemein wirkungsvolle Radiruug,"
der andern: „Ganz vorzügliche Radiruug." Die Wiedergabe der schöne» Trippelschcn
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