Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.Literatur. Er sank zerknirscht auf einen Stuhl nieder und vergrub seinGesicht in denHänden, In strenge Zucht will ich mich nehmen, sagte er sich dann, nach langem Er setzte sich an die Arbeit und studirte den ganzen Tag. Er sah nicht Literatur. Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus deu Quellen von Karl Glie¬ dere. Dritter Band. Siebentes (Schluß-West. Dresden, L. Ehlcrmann, 1881. Mit dem Vorliegenden siebenten Hefte ist der dritte Band des allbekannten Es ist bedauerlich, daß Gvedeke von einer Weiterführung des Werkes absehen Die Eigenartigkeit und die Borzüge des Goedekeschcn Grundrisses sind bekannt; Literatur. Er sank zerknirscht auf einen Stuhl nieder und vergrub seinGesicht in denHänden, In strenge Zucht will ich mich nehmen, sagte er sich dann, nach langem Er setzte sich an die Arbeit und studirte den ganzen Tag. Er sah nicht Literatur. Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus deu Quellen von Karl Glie¬ dere. Dritter Band. Siebentes (Schluß-West. Dresden, L. Ehlcrmann, 1881. Mit dem Vorliegenden siebenten Hefte ist der dritte Band des allbekannten Es ist bedauerlich, daß Gvedeke von einer Weiterführung des Werkes absehen Die Eigenartigkeit und die Borzüge des Goedekeschcn Grundrisses sind bekannt; <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0263" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/86384"/> <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1096"> Er sank zerknirscht auf einen Stuhl nieder und vergrub seinGesicht in denHänden,</p><lb/> <p xml:id="ID_1097"> In strenge Zucht will ich mich nehmen, sagte er sich dann, nach langem<lb/> Sinnen aufstehend. Nie wieder soll mich die Freude verlocken. Ich werde nur<lb/> nach Wasser trinken, ich will das alte Haus nicht wieder sehen, ich will die<lb/> verweichlichenden Töne der Musik nicht mehr hören.</p><lb/> <p xml:id="ID_1098"> Er setzte sich an die Arbeit und studirte den ganzen Tag. Er sah nicht<lb/> über die Straße. Als am Nachmittage drüben das Klavier ertönte, verstopfte<lb/> er sich die Ohren. Er ging nicht ins Kolleg, um nicht den Jüngling zu sehen,<lb/> der die Züge seiner Schwester ihm vor die Augen bringen konnte. (Forts, folgt.)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> Literatur.</head><lb/> <div n="2"> <head> Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus deu Quellen von Karl Glie¬<lb/> dere. Dritter Band. Siebentes (Schluß-West. Dresden, L. Ehlcrmann, 1881.</head><lb/> <p xml:id="ID_1099"> Mit dem Vorliegenden siebenten Hefte ist der dritte Band des allbekannten<lb/> Goedekeschen Grundrisses und damit zugleich das ganze Werk komplet geworden.<lb/> Wenigstens macht der Verfasser hier einen Abschluß und bleibt uns somit den.<lb/> zweiten und dritten Abschnitt des achten Buches, welche die neueste Zeit hätte»<lb/> umfassen sollen, schuldig. Er schließt mit dem Jahre 1830, doch so, daß er jeden<lb/> einmal berührten Schriftsteller auch über diesen Zeitraum hinaus bis an sein Lebens¬<lb/> ende verfolgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1100"> Es ist bedauerlich, daß Gvedeke von einer Weiterführung des Werkes absehen<lb/> will, aber auch so müssen wir ihm für das Gebotene in hohem Maße dankbar sein.<lb/> Wahrhaft erstaunlich ist die Masse des in diesem dritten Bande aufgespeicherten<lb/> Stoffes. Aber nicht eine unverdaute und unverdauliche bloße Ablagerung von be¬<lb/> liebig und planlos zusammengerafften Notizen liegt vor uns, sondern ein nach ein¬<lb/> fachen Gesichtspunkten mit kritischem Scharfsinn geordnetes Material, ein vollstän¬<lb/> diger Apparat zum Studium der Geschichte der deutschen Dichtung.</p><lb/> <p xml:id="ID_1101" next="#ID_1102"> Die Eigenartigkeit und die Borzüge des Goedekeschcn Grundrisses sind bekannt;<lb/> seit 25 Jahren, wo das erste Heft erschien, ist dasselbe in den Händen und in<lb/> steter Benutzung aller, die sich mit deutscher Liternturgeschichte, sei es sx proto^o,<lb/> sei es gelegentlich, befassen, und es ist mehr als die herkömmliche Phrase, wenn<lb/> wir sagen, daß er ihnen allen ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden ist. Der<lb/> Schwerpunkt des Werkes beruht, außer in der erstrebten Vollständigkeit der auf¬<lb/> geführten Schriftsteller, in der den breitesten Raume einnehmenden, mit der größten<lb/> Gewissenhaftigkeit gearbeiteten Bibliographie. Um eine Vorstellung von der Reich¬<lb/> haltigkeit dieses Teiles wie des Ganzen überhaupt zu geben, bemerken nur nur,<lb/> daß der Verfasser es uicht verschmäht hat, auch die belletristischen Journale und<lb/> Snmmelschriften früherer Zeit für seine Zwecke auszuziehen, daß er für den, der<lb/> weiter forschen will, ein reiches biographisches Qncllcnmatcrial mitgeteilt hat, und<lb/> daß er deu Schluß macht mit einer ebenso erschöpfende« Literatur der schönwissen-<lb/> schnstlichen Übersetzung«!. Neben dieser großen Fülle tritt zwar der verbindende<lb/> Text in den Hintergrund, doch versteht es der Verfasser sehr Wohl, bei aller Prä¬<lb/> zision ein deutliches und anschauliches Bild, sei es einer Zeitrichtung, sei es eines<lb/> "uzelneu Dichters, zu zeichnen. So ist beispielsweise die romantische Schule, so<lb/> ^le Wiener Zanberpossc mit wenigen Worten treffend charakterisirt. Die Koryphäen<lb/> Schriftstellerwelt behandelt der Verfasser an der Spitze ausführlicher und läßt</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0263]
Literatur.
Er sank zerknirscht auf einen Stuhl nieder und vergrub seinGesicht in denHänden,
In strenge Zucht will ich mich nehmen, sagte er sich dann, nach langem
Sinnen aufstehend. Nie wieder soll mich die Freude verlocken. Ich werde nur
nach Wasser trinken, ich will das alte Haus nicht wieder sehen, ich will die
verweichlichenden Töne der Musik nicht mehr hören.
Er setzte sich an die Arbeit und studirte den ganzen Tag. Er sah nicht
über die Straße. Als am Nachmittage drüben das Klavier ertönte, verstopfte
er sich die Ohren. Er ging nicht ins Kolleg, um nicht den Jüngling zu sehen,
der die Züge seiner Schwester ihm vor die Augen bringen konnte. (Forts, folgt.)
Literatur.
Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung aus deu Quellen von Karl Glie¬
dere. Dritter Band. Siebentes (Schluß-West. Dresden, L. Ehlcrmann, 1881.
Mit dem Vorliegenden siebenten Hefte ist der dritte Band des allbekannten
Goedekeschen Grundrisses und damit zugleich das ganze Werk komplet geworden.
Wenigstens macht der Verfasser hier einen Abschluß und bleibt uns somit den.
zweiten und dritten Abschnitt des achten Buches, welche die neueste Zeit hätte»
umfassen sollen, schuldig. Er schließt mit dem Jahre 1830, doch so, daß er jeden
einmal berührten Schriftsteller auch über diesen Zeitraum hinaus bis an sein Lebens¬
ende verfolgt.
Es ist bedauerlich, daß Gvedeke von einer Weiterführung des Werkes absehen
will, aber auch so müssen wir ihm für das Gebotene in hohem Maße dankbar sein.
Wahrhaft erstaunlich ist die Masse des in diesem dritten Bande aufgespeicherten
Stoffes. Aber nicht eine unverdaute und unverdauliche bloße Ablagerung von be¬
liebig und planlos zusammengerafften Notizen liegt vor uns, sondern ein nach ein¬
fachen Gesichtspunkten mit kritischem Scharfsinn geordnetes Material, ein vollstän¬
diger Apparat zum Studium der Geschichte der deutschen Dichtung.
Die Eigenartigkeit und die Borzüge des Goedekeschcn Grundrisses sind bekannt;
seit 25 Jahren, wo das erste Heft erschien, ist dasselbe in den Händen und in
steter Benutzung aller, die sich mit deutscher Liternturgeschichte, sei es sx proto^o,
sei es gelegentlich, befassen, und es ist mehr als die herkömmliche Phrase, wenn
wir sagen, daß er ihnen allen ein unentbehrliches Hilfsmittel geworden ist. Der
Schwerpunkt des Werkes beruht, außer in der erstrebten Vollständigkeit der auf¬
geführten Schriftsteller, in der den breitesten Raume einnehmenden, mit der größten
Gewissenhaftigkeit gearbeiteten Bibliographie. Um eine Vorstellung von der Reich¬
haltigkeit dieses Teiles wie des Ganzen überhaupt zu geben, bemerken nur nur,
daß der Verfasser es uicht verschmäht hat, auch die belletristischen Journale und
Snmmelschriften früherer Zeit für seine Zwecke auszuziehen, daß er für den, der
weiter forschen will, ein reiches biographisches Qncllcnmatcrial mitgeteilt hat, und
daß er deu Schluß macht mit einer ebenso erschöpfende« Literatur der schönwissen-
schnstlichen Übersetzung«!. Neben dieser großen Fülle tritt zwar der verbindende
Text in den Hintergrund, doch versteht es der Verfasser sehr Wohl, bei aller Prä¬
zision ein deutliches und anschauliches Bild, sei es einer Zeitrichtung, sei es eines
"uzelneu Dichters, zu zeichnen. So ist beispielsweise die romantische Schule, so
^le Wiener Zanberpossc mit wenigen Worten treffend charakterisirt. Die Koryphäen
Schriftstellerwelt behandelt der Verfasser an der Spitze ausführlicher und läßt
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