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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal.

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Die Lösung der Maria Stilart-Frage.

zu grollen, sich heilt wieder mit Darnley aussöhnte. Als sich die Königin im
Juni und Juli 1366 in das feste Schloß von Edinburg zurückzog, um dort
ihre Niederkunft abzuwarten, war es lediglich Darulcy, Murray und Argyle
gestattet, in ihrer Nähe zu weiten, während alle andern Lords zurückgewiesen
wurden, darunter Bvthwell, der diese Ehre erbeten hatte. Damit fällt jene
Angabe der vstvotw, nach welcher Bvthwell allein bei der Königin gewesen sei.
Ueberdies machte die Königin vor ihrer Niederkunft ein Testament, worin sie
ihren Gatten aufs reichlichste bedachte, und wenige Stunden nach der Geburt
Jakobs schrieb Daruley eigenhändig eine" kurzen Brief an Karl IX., in welchem
er seine und seiner Gemahlin Freude schildert und den König von Frankreich
bittet, Patenstelle zu vertreten. Dies beweist doch, daß jedenfalls damals ein
Einvernehmen zwischen den Gatten bestand. Auch kaun man aus den noch vor¬
handenen'Ir0Wnrkr ^voounts (Rechnungen des königlichen Haushalts), dem ?rio^
Ovunoil und I'rio^ lis^ihter sehen, daß vom Juni bis Ende September
der König ununterbrochen mit seiner Gattin zusammenlebte.

Was den Ausflug nach Ulloa betrifft, so zeigt Bekker nach zuverlässigen
Quellen, daß Vothwell gar nicht unter den Begleitern der Königin war,
sondern als königlicher Admiral das Schiff bereit zu halten hatte, welches Maria
in Begleitung der Grafen von Mar und Murray bestieg. Darnley begab sich
zu Lunde nach Ulloa, weil er mit Murray auf sehr üblem Fuße stand. Er
wurde dort nicht fortgejagt, souderu verweilte bei der Gattin zwei Tage lang,
und wie der in Ulloa anwesende französische Gesandte berichtet, in bestem Ein¬
vernehmen mit ihr. Auch bei den Jagden, welche dein Aufenthalte von Ulloa
folgten, war Daruley, nicht Bvthwell, der ständige Begleiter der Königin.

Wenn Bucharen ferner sagt, daß die Königin ihren Gemahl zurückgestoßen
habe, so entspricht auch das wieder nicht der Wahrheit. Übereinstimmend er¬
zählen die Berichte des französischen Gesandten und der Räte der Königin, daß
Maria ihren Gemahl liebreich empfing, und daß derselbe auch in ihren Gemächern
die Nacht blieb. Auch war es nicht Marin, welche Darnley hinderte, an den
Regieruugsgeschüften teil zu nehmen, sondern die Lords selbst, die einem dahin
zielenden Wunsch der Königin den äußersten Widerstand entgegensetzten.

Ferner ist es nicht richtig, daß die Königin sogleich einen Besuch bei dem
verwundeten Bothwell gemacht habe; sie kam erst acht Tage später. Ebenso
eilte Darnley nicht augenblicklich an das Krankenlager seiner Gemahlin; viel¬
mehr erschien er nach den Berichten der französische!? Gesandten erst dann, als
die Krisis vorüber war.

Vollständig entstellt ist die bekannte Szene, welche in dem Schloß Craig-
millar spielte. Nicht die Königin war es, welche den Vorschlag auf Ehescheidung
machte, sondern Murray und Maitland. Und wenn viel von einem Hervor¬
treten Bvthwells bei der Taufe des Thronfolgers erzählt wird, fo ist auch
dies einfach unwahr. Denn die ?rsg,8ur<zr ^.ovounts beweisen, daß Bvthwell


Die Lösung der Maria Stilart-Frage.

zu grollen, sich heilt wieder mit Darnley aussöhnte. Als sich die Königin im
Juni und Juli 1366 in das feste Schloß von Edinburg zurückzog, um dort
ihre Niederkunft abzuwarten, war es lediglich Darulcy, Murray und Argyle
gestattet, in ihrer Nähe zu weiten, während alle andern Lords zurückgewiesen
wurden, darunter Bvthwell, der diese Ehre erbeten hatte. Damit fällt jene
Angabe der vstvotw, nach welcher Bvthwell allein bei der Königin gewesen sei.
Ueberdies machte die Königin vor ihrer Niederkunft ein Testament, worin sie
ihren Gatten aufs reichlichste bedachte, und wenige Stunden nach der Geburt
Jakobs schrieb Daruley eigenhändig eine» kurzen Brief an Karl IX., in welchem
er seine und seiner Gemahlin Freude schildert und den König von Frankreich
bittet, Patenstelle zu vertreten. Dies beweist doch, daß jedenfalls damals ein
Einvernehmen zwischen den Gatten bestand. Auch kaun man aus den noch vor¬
handenen'Ir0Wnrkr ^voounts (Rechnungen des königlichen Haushalts), dem ?rio^
Ovunoil und I'rio^ lis^ihter sehen, daß vom Juni bis Ende September
der König ununterbrochen mit seiner Gattin zusammenlebte.

Was den Ausflug nach Ulloa betrifft, so zeigt Bekker nach zuverlässigen
Quellen, daß Vothwell gar nicht unter den Begleitern der Königin war,
sondern als königlicher Admiral das Schiff bereit zu halten hatte, welches Maria
in Begleitung der Grafen von Mar und Murray bestieg. Darnley begab sich
zu Lunde nach Ulloa, weil er mit Murray auf sehr üblem Fuße stand. Er
wurde dort nicht fortgejagt, souderu verweilte bei der Gattin zwei Tage lang,
und wie der in Ulloa anwesende französische Gesandte berichtet, in bestem Ein¬
vernehmen mit ihr. Auch bei den Jagden, welche dein Aufenthalte von Ulloa
folgten, war Daruley, nicht Bvthwell, der ständige Begleiter der Königin.

Wenn Bucharen ferner sagt, daß die Königin ihren Gemahl zurückgestoßen
habe, so entspricht auch das wieder nicht der Wahrheit. Übereinstimmend er¬
zählen die Berichte des französischen Gesandten und der Räte der Königin, daß
Maria ihren Gemahl liebreich empfing, und daß derselbe auch in ihren Gemächern
die Nacht blieb. Auch war es nicht Marin, welche Darnley hinderte, an den
Regieruugsgeschüften teil zu nehmen, sondern die Lords selbst, die einem dahin
zielenden Wunsch der Königin den äußersten Widerstand entgegensetzten.

Ferner ist es nicht richtig, daß die Königin sogleich einen Besuch bei dem
verwundeten Bothwell gemacht habe; sie kam erst acht Tage später. Ebenso
eilte Darnley nicht augenblicklich an das Krankenlager seiner Gemahlin; viel¬
mehr erschien er nach den Berichten der französische!? Gesandten erst dann, als
die Krisis vorüber war.

Vollständig entstellt ist die bekannte Szene, welche in dem Schloß Craig-
millar spielte. Nicht die Königin war es, welche den Vorschlag auf Ehescheidung
machte, sondern Murray und Maitland. Und wenn viel von einem Hervor¬
treten Bvthwells bei der Taufe des Thronfolgers erzählt wird, fo ist auch
dies einfach unwahr. Denn die ?rsg,8ur<zr ^.ovounts beweisen, daß Bvthwell


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[0131] Die Lösung der Maria Stilart-Frage. zu grollen, sich heilt wieder mit Darnley aussöhnte. Als sich die Königin im Juni und Juli 1366 in das feste Schloß von Edinburg zurückzog, um dort ihre Niederkunft abzuwarten, war es lediglich Darulcy, Murray und Argyle gestattet, in ihrer Nähe zu weiten, während alle andern Lords zurückgewiesen wurden, darunter Bvthwell, der diese Ehre erbeten hatte. Damit fällt jene Angabe der vstvotw, nach welcher Bvthwell allein bei der Königin gewesen sei. Ueberdies machte die Königin vor ihrer Niederkunft ein Testament, worin sie ihren Gatten aufs reichlichste bedachte, und wenige Stunden nach der Geburt Jakobs schrieb Daruley eigenhändig eine» kurzen Brief an Karl IX., in welchem er seine und seiner Gemahlin Freude schildert und den König von Frankreich bittet, Patenstelle zu vertreten. Dies beweist doch, daß jedenfalls damals ein Einvernehmen zwischen den Gatten bestand. Auch kaun man aus den noch vor¬ handenen'Ir0Wnrkr ^voounts (Rechnungen des königlichen Haushalts), dem ?rio^ Ovunoil und I'rio^ lis^ihter sehen, daß vom Juni bis Ende September der König ununterbrochen mit seiner Gattin zusammenlebte. Was den Ausflug nach Ulloa betrifft, so zeigt Bekker nach zuverlässigen Quellen, daß Vothwell gar nicht unter den Begleitern der Königin war, sondern als königlicher Admiral das Schiff bereit zu halten hatte, welches Maria in Begleitung der Grafen von Mar und Murray bestieg. Darnley begab sich zu Lunde nach Ulloa, weil er mit Murray auf sehr üblem Fuße stand. Er wurde dort nicht fortgejagt, souderu verweilte bei der Gattin zwei Tage lang, und wie der in Ulloa anwesende französische Gesandte berichtet, in bestem Ein¬ vernehmen mit ihr. Auch bei den Jagden, welche dein Aufenthalte von Ulloa folgten, war Daruley, nicht Bvthwell, der ständige Begleiter der Königin. Wenn Bucharen ferner sagt, daß die Königin ihren Gemahl zurückgestoßen habe, so entspricht auch das wieder nicht der Wahrheit. Übereinstimmend er¬ zählen die Berichte des französischen Gesandten und der Räte der Königin, daß Maria ihren Gemahl liebreich empfing, und daß derselbe auch in ihren Gemächern die Nacht blieb. Auch war es nicht Marin, welche Darnley hinderte, an den Regieruugsgeschüften teil zu nehmen, sondern die Lords selbst, die einem dahin zielenden Wunsch der Königin den äußersten Widerstand entgegensetzten. Ferner ist es nicht richtig, daß die Königin sogleich einen Besuch bei dem verwundeten Bothwell gemacht habe; sie kam erst acht Tage später. Ebenso eilte Darnley nicht augenblicklich an das Krankenlager seiner Gemahlin; viel¬ mehr erschien er nach den Berichten der französische!? Gesandten erst dann, als die Krisis vorüber war. Vollständig entstellt ist die bekannte Szene, welche in dem Schloß Craig- millar spielte. Nicht die Königin war es, welche den Vorschlag auf Ehescheidung machte, sondern Murray und Maitland. Und wenn viel von einem Hervor¬ treten Bvthwells bei der Taufe des Thronfolgers erzählt wird, fo ist auch dies einfach unwahr. Denn die ?rsg,8ur<zr ^.ovounts beweisen, daß Bvthwell

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_89804/131>, abgerufen am 22.07.2024.