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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.

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Das deutsche Haus.

die Betträume sind vielmehr in schrankartigen Verschlägen zwischen Stube und
Pesel angebracht. In der nördlichen Art des anglischen Hauses liegt dieselbe
Einteilung des Wohnraumes vor, dagegen fehlt die sächsische Stallanlage, welche
durch eine Reihe von Einzelstüllen -- ohne besondre Verbindung nebeneinander¬
gesetzt, svdnß die nördliche Art dieser Form mit der sächsischen Hausform uicht
mehr zusammenhängt -- ersetzt wird. Diese Form herrscht in Norderdithmarschen
und Schleswig bis hinauf mich Skagen. Die Ställe rücken mitunter ganz an
den Wohnraum heran, sind aber oft dnrch eine Durchfahrt davou getrennt; ein
Hof wie bei der fränkisch-oberdeutschen Bauart liegt aber ebenfalls uicht vor.

Endlich erwähnt Henning noch die dänische Banart, die sich z. V. im
Limfjvrd auf der Insel Mors erhalten hat. Hier hat das Haus, dessen sämt¬
liche Fenster nach einer Seite gehen, mir einen Eingang, welcher in das Frein-
mers, das Vvrgemach, fuhrt. In diesem befindet sich der Backofen und
der Herd, mitunter auch noch ein Verschlag für Tiere. Von hier führt eine
Thür in die Wohnstube, welche aus der Rückwnud in Verschlügen die Schlaf¬
stellen sowie die Speisekammern enthält. Neben der Stube liegt die Vesterstue,
das Staatszimmer. Bei größer" wirtschaftlichen Verhältnissen tritt hier ein
wirklicher Hvfbnn an Stelle der schleswigschen Flügelbänder, meist quadratisch
und von vier Gebäuden umschlossen; der Zugang zum Hofe ist entweder neben
dem Giebel des Wohnhauses oder doch in einem neben dem Wohnhause ge¬
legene" Thvrgebäude, also fast ganz wie bei der fräukisch-oberdeutschen Bauart --
eil? merkwürdiger Hinweis auf den gemeinsamen Ursprung, da an eine Ent¬
lehnung hier wohl kaum zu denken ist.

Nur in .Kürze haben wir die verschiedenen Hausfvriueu unes ihren besondern
Merkmalen vorführe" können; die Skizzirung der geschichtliche" Entwicklung der
einzelnen Hallsfvrmen haben wir unterlassen müssen, so interessant eine solche
auch sein würde und so gern wir auch das reiche, zum Teil noch unbenutzte
Material angedeutet hätten, welches nur der kundigen Hand wartet, um dem
deutschen Volke den geringen Rest eigenen Schaffens auf diesem Gebiete wieder
lieb zu machen und vor dem Untergänge zu retten. Denn leider verschwinden
diese charakteristischen Formen mehr und mehr; wie das fränkisch-vberdeutsche Hans
infolge seiner mehr den Zwecken entsprechenden Einrichtung und seiner größern
Entwicklungsfähigkeit die andern Hansfvrmen immer weiter zurückgedrängt hat,
wird es selbst ebenso wie jene von der modernen Architektur überflutet, und schon
gilt es, die Reste für die Nachwelt zu sammeln, wenn sie nicht spurlos ver¬
schwinden sollen. Wir kommen deshalb am Schlüsse auf die Meitzeuschc Schrift
nochmals zirrück, dere" Verfasser in danke"swerter Weise auch Winke giebt, in
welcher Weise hier zweckentsprechende Beobachtungen, insbesondere über die Ver¬
breitung der Hnusfvrmen angestellt werden können, dnrch Beschreibung und
Darstellung der äußern Gestalt wie der innern Einrichtung und dnrch Aufzeich¬
nung der Benennungen einzelner Teile.




Das deutsche Haus.

die Betträume sind vielmehr in schrankartigen Verschlägen zwischen Stube und
Pesel angebracht. In der nördlichen Art des anglischen Hauses liegt dieselbe
Einteilung des Wohnraumes vor, dagegen fehlt die sächsische Stallanlage, welche
durch eine Reihe von Einzelstüllen — ohne besondre Verbindung nebeneinander¬
gesetzt, svdnß die nördliche Art dieser Form mit der sächsischen Hausform uicht
mehr zusammenhängt — ersetzt wird. Diese Form herrscht in Norderdithmarschen
und Schleswig bis hinauf mich Skagen. Die Ställe rücken mitunter ganz an
den Wohnraum heran, sind aber oft dnrch eine Durchfahrt davou getrennt; ein
Hof wie bei der fränkisch-oberdeutschen Bauart liegt aber ebenfalls uicht vor.

Endlich erwähnt Henning noch die dänische Banart, die sich z. V. im
Limfjvrd auf der Insel Mors erhalten hat. Hier hat das Haus, dessen sämt¬
liche Fenster nach einer Seite gehen, mir einen Eingang, welcher in das Frein-
mers, das Vvrgemach, fuhrt. In diesem befindet sich der Backofen und
der Herd, mitunter auch noch ein Verschlag für Tiere. Von hier führt eine
Thür in die Wohnstube, welche aus der Rückwnud in Verschlügen die Schlaf¬
stellen sowie die Speisekammern enthält. Neben der Stube liegt die Vesterstue,
das Staatszimmer. Bei größer» wirtschaftlichen Verhältnissen tritt hier ein
wirklicher Hvfbnn an Stelle der schleswigschen Flügelbänder, meist quadratisch
und von vier Gebäuden umschlossen; der Zugang zum Hofe ist entweder neben
dem Giebel des Wohnhauses oder doch in einem neben dem Wohnhause ge¬
legene» Thvrgebäude, also fast ganz wie bei der fräukisch-oberdeutschen Bauart —
eil? merkwürdiger Hinweis auf den gemeinsamen Ursprung, da an eine Ent¬
lehnung hier wohl kaum zu denken ist.

Nur in .Kürze haben wir die verschiedenen Hausfvriueu unes ihren besondern
Merkmalen vorführe» können; die Skizzirung der geschichtliche» Entwicklung der
einzelnen Hallsfvrmen haben wir unterlassen müssen, so interessant eine solche
auch sein würde und so gern wir auch das reiche, zum Teil noch unbenutzte
Material angedeutet hätten, welches nur der kundigen Hand wartet, um dem
deutschen Volke den geringen Rest eigenen Schaffens auf diesem Gebiete wieder
lieb zu machen und vor dem Untergänge zu retten. Denn leider verschwinden
diese charakteristischen Formen mehr und mehr; wie das fränkisch-vberdeutsche Hans
infolge seiner mehr den Zwecken entsprechenden Einrichtung und seiner größern
Entwicklungsfähigkeit die andern Hansfvrmen immer weiter zurückgedrängt hat,
wird es selbst ebenso wie jene von der modernen Architektur überflutet, und schon
gilt es, die Reste für die Nachwelt zu sammeln, wenn sie nicht spurlos ver¬
schwinden sollen. Wir kommen deshalb am Schlüsse auf die Meitzeuschc Schrift
nochmals zirrück, dere» Verfasser in danke»swerter Weise auch Winke giebt, in
welcher Weise hier zweckentsprechende Beobachtungen, insbesondere über die Ver¬
breitung der Hnusfvrmen angestellt werden können, dnrch Beschreibung und
Darstellung der äußern Gestalt wie der innern Einrichtung und dnrch Aufzeich¬
nung der Benennungen einzelner Teile.




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[0651] Das deutsche Haus. die Betträume sind vielmehr in schrankartigen Verschlägen zwischen Stube und Pesel angebracht. In der nördlichen Art des anglischen Hauses liegt dieselbe Einteilung des Wohnraumes vor, dagegen fehlt die sächsische Stallanlage, welche durch eine Reihe von Einzelstüllen — ohne besondre Verbindung nebeneinander¬ gesetzt, svdnß die nördliche Art dieser Form mit der sächsischen Hausform uicht mehr zusammenhängt — ersetzt wird. Diese Form herrscht in Norderdithmarschen und Schleswig bis hinauf mich Skagen. Die Ställe rücken mitunter ganz an den Wohnraum heran, sind aber oft dnrch eine Durchfahrt davou getrennt; ein Hof wie bei der fränkisch-oberdeutschen Bauart liegt aber ebenfalls uicht vor. Endlich erwähnt Henning noch die dänische Banart, die sich z. V. im Limfjvrd auf der Insel Mors erhalten hat. Hier hat das Haus, dessen sämt¬ liche Fenster nach einer Seite gehen, mir einen Eingang, welcher in das Frein- mers, das Vvrgemach, fuhrt. In diesem befindet sich der Backofen und der Herd, mitunter auch noch ein Verschlag für Tiere. Von hier führt eine Thür in die Wohnstube, welche aus der Rückwnud in Verschlügen die Schlaf¬ stellen sowie die Speisekammern enthält. Neben der Stube liegt die Vesterstue, das Staatszimmer. Bei größer» wirtschaftlichen Verhältnissen tritt hier ein wirklicher Hvfbnn an Stelle der schleswigschen Flügelbänder, meist quadratisch und von vier Gebäuden umschlossen; der Zugang zum Hofe ist entweder neben dem Giebel des Wohnhauses oder doch in einem neben dem Wohnhause ge¬ legene» Thvrgebäude, also fast ganz wie bei der fräukisch-oberdeutschen Bauart — eil? merkwürdiger Hinweis auf den gemeinsamen Ursprung, da an eine Ent¬ lehnung hier wohl kaum zu denken ist. Nur in .Kürze haben wir die verschiedenen Hausfvriueu unes ihren besondern Merkmalen vorführe» können; die Skizzirung der geschichtliche» Entwicklung der einzelnen Hallsfvrmen haben wir unterlassen müssen, so interessant eine solche auch sein würde und so gern wir auch das reiche, zum Teil noch unbenutzte Material angedeutet hätten, welches nur der kundigen Hand wartet, um dem deutschen Volke den geringen Rest eigenen Schaffens auf diesem Gebiete wieder lieb zu machen und vor dem Untergänge zu retten. Denn leider verschwinden diese charakteristischen Formen mehr und mehr; wie das fränkisch-vberdeutsche Hans infolge seiner mehr den Zwecken entsprechenden Einrichtung und seiner größern Entwicklungsfähigkeit die andern Hansfvrmen immer weiter zurückgedrängt hat, wird es selbst ebenso wie jene von der modernen Architektur überflutet, und schon gilt es, die Reste für die Nachwelt zu sammeln, wenn sie nicht spurlos ver¬ schwinden sollen. Wir kommen deshalb am Schlüsse auf die Meitzeuschc Schrift nochmals zirrück, dere» Verfasser in danke»swerter Weise auch Winke giebt, in welcher Weise hier zweckentsprechende Beobachtungen, insbesondere über die Ver¬ breitung der Hnusfvrmen angestellt werden können, dnrch Beschreibung und Darstellung der äußern Gestalt wie der innern Einrichtung und dnrch Aufzeich¬ nung der Benennungen einzelner Teile.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_359176/651>, abgerufen am 22.07.2024.