Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Die Fischern? von Malamocco. diesen Nachmittag, so werde ich wohl zum Antoniuskloster hinüberfahren. Mich Nimm Urlaub nach deinem Gefallen, Girolamo, entgegnete leutselig der Ehe er wußte, wie ihm geschah, stand Pater Girolamo wieder draußen im Inzwischen war Mnrgherita uns ihrem Heimwege ihrer Hütte bereits wieder Die Fischern? von Malamocco. diesen Nachmittag, so werde ich wohl zum Antoniuskloster hinüberfahren. Mich Nimm Urlaub nach deinem Gefallen, Girolamo, entgegnete leutselig der Ehe er wußte, wie ihm geschah, stand Pater Girolamo wieder draußen im Inzwischen war Mnrgherita uns ihrem Heimwege ihrer Hütte bereits wieder <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0578" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194556"/> <fw type="header" place="top"> Die Fischern? von Malamocco.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2061" prev="#ID_2060"> diesen Nachmittag, so werde ich wohl zum Antoniuskloster hinüberfahren. Mich<lb/> dünkt, das; es der Finger Gottes sei, der diesen Mann hierher gewiesen — viel¬<lb/> leicht vermag ich von ihm etwas zu erfahren, das einem armen Beichtkind zum<lb/> Heil gereicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_2062"> Nimm Urlaub nach deinem Gefallen, Girolamo, entgegnete leutselig der<lb/> ErzPriester. Wir haben ja den Camaldulenser hier, der gehen kann, wenn ein<lb/> Kranker Beistand und geistlichen Zuspruch verlangt. Aber laß dir sagen, daß<lb/> du immer thöricht handelst, wenn dn an vergangene Dinge rührst. Dn hast selten<lb/> Dank, wenn du den Menschen in der gegenwärtigen Not hilfst, und sicher Un¬<lb/> dank, wenn du dich um ihr vergangnes Leid kümmerst. Kann ich dich mit meinem<lb/> roten Friauler nicht erquicken, so gehab dich Wohl — vergiß meines Rates nicht<lb/> und glaube nicht jedesmal dem Herrn zu dienen, wenn dir für andre der Schweiß<lb/> von der Stirne rinnt.</p><lb/> <p xml:id="ID_2063"> Ehe er wußte, wie ihm geschah, stand Pater Girolamo wieder draußen im<lb/> Schatten der Kirche, welche zwischen dem Hause des ErzPriesters und seinem<lb/> bescheidnen Dache lag. Einige Augenblicke überlegte er, ob er nicht unter<lb/> das letztere zurückkehren solle, dachte der Warnung des Erzpriesters nach und<lb/> fragte sich, ob Gott uicht auch durch die träge Gleichgültigkeit seines geistlichen<lb/> Vorgesetzten zu ihm sprechen könne? War es nicht besser, vergangnes Leid ver¬<lb/> gangen sein zu lassen? Doch wieder — durfte er Margheritas Leid vergangen<lb/> heißen, durfte er sich jeden Schritt für die Arme versagen? Von Zweifeln ge¬<lb/> quält, wie er sie selten empfunden, und doch voll Verlangen, dem jungen Weibe<lb/> zu helfen, welche ein so hartes Schicksal an den Strand dieser Insel gebannt<lb/> hatte, entschloß sich der Pater, dem Mittagsbrande zu trotzen und nach der<lb/> Reihe der Kähne zu gehen, die unterhalb des Fleckens still lagen, und bei denen<lb/> ein paar Schifferbuben im heißen Sonnenschein und auf dem trocknen Sande<lb/> schliefen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2064" next="#ID_2065"> Inzwischen war Mnrgherita uns ihrem Heimwege ihrer Hütte bereits wieder<lb/> nahe gekommen. Ihre Aussprache mit dem Priester schien sie wunderbar ge¬<lb/> kräftigt zu haben, sie schritt rüstiger als vor einigen Stunden den rauhen Pfad<lb/> dahin und hielt die Dächer hinter den Dünen, nnter denen das Dach ihres<lb/> Hauses war, scharf im Ange. Die Erzählung ihrer Schicksale an den Pfarrer<lb/> hatte in ihr keine Erinnerung erst cmpvrgestürmt, wohl aber manche beschwichtigt<lb/> und gehindert. Für den Augenblick war es ihr schon ein Trost, daß ein Mensch<lb/> ihr Geheimnis teilte und ihr nicht allzu hart über ihre geheimen Wünsche ge¬<lb/> zürnt hatte. Wie sie jetzt mit geröteten Antlitz daheim anlangte, den hölzernen<lb/> Außenriegel der Thür vorgeschoben fand, beschlich sie ein lebhafter Wunsch nach<lb/> der Rückkehr Tonlos, den sie erst in einigen Stunden aus Venedig wieder erwarten<lb/> durste. Es war ihr zu Mute, obschon sie nur den tausendmal zurückgelegten Weg nach<lb/> und von Malnmveeo gegangen war, als sei sie weit, weit von ihrem Manne entfernt<lb/> gewesen. Indem sie die Vorbereitungen zu dein dürftigen Mahle traf, das sie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0578]
Die Fischern? von Malamocco.
diesen Nachmittag, so werde ich wohl zum Antoniuskloster hinüberfahren. Mich
dünkt, das; es der Finger Gottes sei, der diesen Mann hierher gewiesen — viel¬
leicht vermag ich von ihm etwas zu erfahren, das einem armen Beichtkind zum
Heil gereicht.
Nimm Urlaub nach deinem Gefallen, Girolamo, entgegnete leutselig der
ErzPriester. Wir haben ja den Camaldulenser hier, der gehen kann, wenn ein
Kranker Beistand und geistlichen Zuspruch verlangt. Aber laß dir sagen, daß
du immer thöricht handelst, wenn dn an vergangene Dinge rührst. Dn hast selten
Dank, wenn du den Menschen in der gegenwärtigen Not hilfst, und sicher Un¬
dank, wenn du dich um ihr vergangnes Leid kümmerst. Kann ich dich mit meinem
roten Friauler nicht erquicken, so gehab dich Wohl — vergiß meines Rates nicht
und glaube nicht jedesmal dem Herrn zu dienen, wenn dir für andre der Schweiß
von der Stirne rinnt.
Ehe er wußte, wie ihm geschah, stand Pater Girolamo wieder draußen im
Schatten der Kirche, welche zwischen dem Hause des ErzPriesters und seinem
bescheidnen Dache lag. Einige Augenblicke überlegte er, ob er nicht unter
das letztere zurückkehren solle, dachte der Warnung des Erzpriesters nach und
fragte sich, ob Gott uicht auch durch die träge Gleichgültigkeit seines geistlichen
Vorgesetzten zu ihm sprechen könne? War es nicht besser, vergangnes Leid ver¬
gangen sein zu lassen? Doch wieder — durfte er Margheritas Leid vergangen
heißen, durfte er sich jeden Schritt für die Arme versagen? Von Zweifeln ge¬
quält, wie er sie selten empfunden, und doch voll Verlangen, dem jungen Weibe
zu helfen, welche ein so hartes Schicksal an den Strand dieser Insel gebannt
hatte, entschloß sich der Pater, dem Mittagsbrande zu trotzen und nach der
Reihe der Kähne zu gehen, die unterhalb des Fleckens still lagen, und bei denen
ein paar Schifferbuben im heißen Sonnenschein und auf dem trocknen Sande
schliefen.
Inzwischen war Mnrgherita uns ihrem Heimwege ihrer Hütte bereits wieder
nahe gekommen. Ihre Aussprache mit dem Priester schien sie wunderbar ge¬
kräftigt zu haben, sie schritt rüstiger als vor einigen Stunden den rauhen Pfad
dahin und hielt die Dächer hinter den Dünen, nnter denen das Dach ihres
Hauses war, scharf im Ange. Die Erzählung ihrer Schicksale an den Pfarrer
hatte in ihr keine Erinnerung erst cmpvrgestürmt, wohl aber manche beschwichtigt
und gehindert. Für den Augenblick war es ihr schon ein Trost, daß ein Mensch
ihr Geheimnis teilte und ihr nicht allzu hart über ihre geheimen Wünsche ge¬
zürnt hatte. Wie sie jetzt mit geröteten Antlitz daheim anlangte, den hölzernen
Außenriegel der Thür vorgeschoben fand, beschlich sie ein lebhafter Wunsch nach
der Rückkehr Tonlos, den sie erst in einigen Stunden aus Venedig wieder erwarten
durste. Es war ihr zu Mute, obschon sie nur den tausendmal zurückgelegten Weg nach
und von Malnmveeo gegangen war, als sei sie weit, weit von ihrem Manne entfernt
gewesen. Indem sie die Vorbereitungen zu dein dürftigen Mahle traf, das sie
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