Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Die Fischerin on>it Mal^inocco. warf! Ich koar Graf Friedrichs einziges Kind und wuchs im reichen Leben in Die Fischerin on>it Mal^inocco. warf! Ich koar Graf Friedrichs einziges Kind und wuchs im reichen Leben in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0512" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194490"/> <fw type="header" place="top"> Die Fischerin on>it Mal^inocco.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1877" prev="#ID_1876" next="#ID_1878"> warf! Ich koar Graf Friedrichs einziges Kind und wuchs im reichen Leben in<lb/> der Kemenate auf, die mein Vater für die Mutter am Ostabhang des Fricde-<lb/> walder Schloßbergs erbaut hatte, Wunderbar herrlich ists dort, Vater Giro-<lb/> lamo, wenn die roten Morgenwolken über dem Waldmeer an der Werrn hinziehen,<lb/> wenn der Fluß im Sonnenlicht von fern blitzt und tief zu Füßen taufend<lb/> Vnchenwipfel lustig rauschen. In all meinen Träumen feit manchem Jahr steh<lb/> ich dn droben und blicke sehusiichtig hinab, wie ich als Kind oft gestanden und<lb/> nach der Heimlichkeit des Waldes verlangt habe. Ich weiß nicht, ob Ihr der¬<lb/> gleichen gesehen, hier ans den Inseln wächst weit und breit kein Baum, der im<lb/> Buchengau stehen könnte — nnr drüben in deu Vergschluchteu der Fuganera,<lb/> sagt Marco, der einmal dahin gekommen ist, gebe es mächtige Eichen, die Kühle<lb/> spenden. Doch schöner können sie nicht sein als die Bäume, unter deren Schatten<lb/> ich spielend aufwuchs. Ich war ein Kind, das viel, allzuviel allem sein mußte, nach¬<lb/> dem Gottes Ratschluß mir die Mutter früh entrissen hatte. Mein Vater zog<lb/> zweimal mit seinen Vasallen zum Heere Kaiser Heinrichs und lag mit dem<lb/> Landgrafen von der Wartburg in Ost und West zu Felde; oft vergingen<lb/> viele Monate, bis er einmal, meist im Winter, nach seiner Burg Friedewald<lb/> kam. Dann führten mich Amme und Kaplan zu ihm, wenn er im Hallspelz<lb/> am lodernden Feuer saß, und er nahm mich einen Augenblick auf sein Knie,<lb/> sagte mir ein scherzendes Wort oder reichte mir ein Geschenk, das er von seiner<lb/> Heerfahrt für mich heimgebracht hatte. Er freute sich, daß ich rasch groß wuchs,<lb/> fragte mich, wie es nnr ergehe, er forschte wohl auch freundlich nach den kleinen<lb/> Künsten, welche mich die Klvsterschwcstern gelehrt hatten, die ab und zu um<lb/> meinetwillen im Hause verweilten. Er erzählte mir ein wenig von seinen ritter¬<lb/> lichen Fahrten und sandte mich mit einem Scherzwort, daß er sich der Zeit<lb/> freue, wo um meinetwillen Speere gebrochen werden würden, in das Frauen-<lb/> gemach zurück. Es war uicht Härte und nicht Maugel an väterlicher Fürsorge,<lb/> daß der Graf so karg mit Blicken und Worten zu mir war, daß er so selten<lb/> eine Stunde für sein Kind hatte. Wer in Deutschland im Eisenhemd reitet,<lb/> kommt selten vom Roß, und so oft mein Vater Rast hielt, waren immer Männer<lb/> bei ihm, in deren Gesellschaft ich nicht sein durfte. Da war ich viel und fast<lb/> immer allein, Vater Girolamo, denn dem Vnrgkaplan und den Weihnvunen von<lb/> Fulda, die mich singen und kunstreiche Arbeiten fertigen lehrten, entrann ich am<lb/> liebsten zum Bnrgwald, seit ich von ihnen vernommen hatte, daß Graf Friedrich,<lb/> mein Vater, mich dem Kloster zu Satzungen zu vertrauen gedenke und sie mir<lb/> mild und süß zusprachen, dort für immer Zuflucht vor der wilden Welt zu<lb/> suchen. Ich war ein thöricht trotziges Kind, die Welt dünkte mich nicht wild,<lb/> sondern viel zu still und friedlich, ich sah in den stillen Gemächern unsers<lb/> Hauses wenig von allem, was durch die Rede» meiner Mägde und der Knechte<lb/> auf dem Hofe schwirrte. Ich mochte tagelang ans dem Thurmgemach den<lb/> ziehenden Wolken nachschauen oder unter den Buchen am Bache sinnen, wohin</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0512]
Die Fischerin on>it Mal^inocco.
warf! Ich koar Graf Friedrichs einziges Kind und wuchs im reichen Leben in
der Kemenate auf, die mein Vater für die Mutter am Ostabhang des Fricde-
walder Schloßbergs erbaut hatte, Wunderbar herrlich ists dort, Vater Giro-
lamo, wenn die roten Morgenwolken über dem Waldmeer an der Werrn hinziehen,
wenn der Fluß im Sonnenlicht von fern blitzt und tief zu Füßen taufend
Vnchenwipfel lustig rauschen. In all meinen Träumen feit manchem Jahr steh
ich dn droben und blicke sehusiichtig hinab, wie ich als Kind oft gestanden und
nach der Heimlichkeit des Waldes verlangt habe. Ich weiß nicht, ob Ihr der¬
gleichen gesehen, hier ans den Inseln wächst weit und breit kein Baum, der im
Buchengau stehen könnte — nnr drüben in deu Vergschluchteu der Fuganera,
sagt Marco, der einmal dahin gekommen ist, gebe es mächtige Eichen, die Kühle
spenden. Doch schöner können sie nicht sein als die Bäume, unter deren Schatten
ich spielend aufwuchs. Ich war ein Kind, das viel, allzuviel allem sein mußte, nach¬
dem Gottes Ratschluß mir die Mutter früh entrissen hatte. Mein Vater zog
zweimal mit seinen Vasallen zum Heere Kaiser Heinrichs und lag mit dem
Landgrafen von der Wartburg in Ost und West zu Felde; oft vergingen
viele Monate, bis er einmal, meist im Winter, nach seiner Burg Friedewald
kam. Dann führten mich Amme und Kaplan zu ihm, wenn er im Hallspelz
am lodernden Feuer saß, und er nahm mich einen Augenblick auf sein Knie,
sagte mir ein scherzendes Wort oder reichte mir ein Geschenk, das er von seiner
Heerfahrt für mich heimgebracht hatte. Er freute sich, daß ich rasch groß wuchs,
fragte mich, wie es nnr ergehe, er forschte wohl auch freundlich nach den kleinen
Künsten, welche mich die Klvsterschwcstern gelehrt hatten, die ab und zu um
meinetwillen im Hause verweilten. Er erzählte mir ein wenig von seinen ritter¬
lichen Fahrten und sandte mich mit einem Scherzwort, daß er sich der Zeit
freue, wo um meinetwillen Speere gebrochen werden würden, in das Frauen-
gemach zurück. Es war uicht Härte und nicht Maugel an väterlicher Fürsorge,
daß der Graf so karg mit Blicken und Worten zu mir war, daß er so selten
eine Stunde für sein Kind hatte. Wer in Deutschland im Eisenhemd reitet,
kommt selten vom Roß, und so oft mein Vater Rast hielt, waren immer Männer
bei ihm, in deren Gesellschaft ich nicht sein durfte. Da war ich viel und fast
immer allein, Vater Girolamo, denn dem Vnrgkaplan und den Weihnvunen von
Fulda, die mich singen und kunstreiche Arbeiten fertigen lehrten, entrann ich am
liebsten zum Bnrgwald, seit ich von ihnen vernommen hatte, daß Graf Friedrich,
mein Vater, mich dem Kloster zu Satzungen zu vertrauen gedenke und sie mir
mild und süß zusprachen, dort für immer Zuflucht vor der wilden Welt zu
suchen. Ich war ein thöricht trotziges Kind, die Welt dünkte mich nicht wild,
sondern viel zu still und friedlich, ich sah in den stillen Gemächern unsers
Hauses wenig von allem, was durch die Rede» meiner Mägde und der Knechte
auf dem Hofe schwirrte. Ich mochte tagelang ans dem Thurmgemach den
ziehenden Wolken nachschauen oder unter den Buchen am Bache sinnen, wohin
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