Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Ooin Miencr Burgthcator. Das erste Jahr seines Wirkens als Direktor hat die Erwartungen der Ooin Miencr Burgthcator. Das erste Jahr seines Wirkens als Direktor hat die Erwartungen der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0047" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194025"/> <fw type="header" place="top"> Ooin Miencr Burgthcator.</fw><lb/> <p xml:id="ID_143"> Das erste Jahr seines Wirkens als Direktor hat die Erwartungen der<lb/> Theaterfreunde nicht Linien gestraft. Ohne die Produktion der Gegenwart zurück-<lb/> AuseKen, hat Wilbrandt mit Kühnheit, Geschick und Erfolg alte Schätze gehoben,<lb/> und damit bewiesen, das; er dem Burgtheater wieder eine höhere Aufgabe stellen<lb/> Will, als es seit den Tagen Laubes, des eingefleischte» Gegners alles Nicht-<lb/> modernen, geschehen war. Er hat Euripides, sogar mit dein Sntyrsviel, auf die<lb/> Bühne zu bringen gewagt, und Calderons „Richter von Znlamea" in der gauzeu<lb/> harten Tragik, welche frühere Dramaturgengeschlechter nicht glaubten den deutschen<lb/> Nerven bieten zu dürfen; und mußte der Grieche sich mit einem sogenannten<lb/> Achtungserfolge begnügen, so wurde ein um so vollerer dem Spanier zuteil. So<lb/> in'el sich wahrnehmen läßt, ist man mit der neuen Leitung allgemeui zufrieden,<lb/> bis aus einen oder den andern abgeblitzten Konkurrenten und — die Regisseure.<lb/> Daß zwischen diesen und dem jungen Direktor nicht alles mich Wunsch bestellt<lb/> sei, verriet kurz vor Beginn der Sommerferien ein Artikel Sveidels in der Neuen<lb/> freien Presse, welcher den Herren Lust zu Übergriffen zum Vorwürfe machte, im<lb/> einzelnen übrigens wohl den meisten Lesern unverständlich geblieben ist. Die<lb/> Regisseure aber müssen alle Andeutungen gut verstände» und sich tief getroffen<lb/> gefühlt habe», da sie sofort eine Kabinetsfrage zu schaffen versuchten. Sie ver¬<lb/> fügten in einem an die Direktion adressirten und durch die Zeitungen veröffent¬<lb/> lichten Schreiben Enthebung von ihre» wichtigsten Pflichten, Mitwirkung bei der<lb/> Wahl der aufzuführenden Stücke und bei deren Besetzung. Wie übereilt der<lb/> Schritt war, konnte dessen Aufnahme in der öffentlichen Meinung ihnen sagen:<lb/> jedermann außer ihnen erkannte, daß das keine Autwort auf einen Zeitungs¬<lb/> artikel sei, für welchen der genannte Versasser allein die Verantwortlichkeit trägt,<lb/> und daß die Herren wohl auf ihr Amt hätten verzichten können, nicht aber auf<lb/> dessen Obliegenheiten. Erreicht haben sie damit auch uur, daß der Direktor ihnen<lb/> 'u sehr feiner Form eine» Verweis erteilte und zugleich sie darüber aufklärte,<lb/> wie er die Stellung der Regisseure als der Beiräte und Organe des Direktors<lb/> "»sehe. Daß dieses Verhältnis das richtige ist, gebe» selbst jene Blätter zu,<lb/> welche sonst in alleu Dingen dem. Parlamentarismus das Wort reden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0047]
Ooin Miencr Burgthcator.
Das erste Jahr seines Wirkens als Direktor hat die Erwartungen der
Theaterfreunde nicht Linien gestraft. Ohne die Produktion der Gegenwart zurück-
AuseKen, hat Wilbrandt mit Kühnheit, Geschick und Erfolg alte Schätze gehoben,
und damit bewiesen, das; er dem Burgtheater wieder eine höhere Aufgabe stellen
Will, als es seit den Tagen Laubes, des eingefleischte» Gegners alles Nicht-
modernen, geschehen war. Er hat Euripides, sogar mit dein Sntyrsviel, auf die
Bühne zu bringen gewagt, und Calderons „Richter von Znlamea" in der gauzeu
harten Tragik, welche frühere Dramaturgengeschlechter nicht glaubten den deutschen
Nerven bieten zu dürfen; und mußte der Grieche sich mit einem sogenannten
Achtungserfolge begnügen, so wurde ein um so vollerer dem Spanier zuteil. So
in'el sich wahrnehmen läßt, ist man mit der neuen Leitung allgemeui zufrieden,
bis aus einen oder den andern abgeblitzten Konkurrenten und — die Regisseure.
Daß zwischen diesen und dem jungen Direktor nicht alles mich Wunsch bestellt
sei, verriet kurz vor Beginn der Sommerferien ein Artikel Sveidels in der Neuen
freien Presse, welcher den Herren Lust zu Übergriffen zum Vorwürfe machte, im
einzelnen übrigens wohl den meisten Lesern unverständlich geblieben ist. Die
Regisseure aber müssen alle Andeutungen gut verstände» und sich tief getroffen
gefühlt habe», da sie sofort eine Kabinetsfrage zu schaffen versuchten. Sie ver¬
fügten in einem an die Direktion adressirten und durch die Zeitungen veröffent¬
lichten Schreiben Enthebung von ihre» wichtigsten Pflichten, Mitwirkung bei der
Wahl der aufzuführenden Stücke und bei deren Besetzung. Wie übereilt der
Schritt war, konnte dessen Aufnahme in der öffentlichen Meinung ihnen sagen:
jedermann außer ihnen erkannte, daß das keine Autwort auf einen Zeitungs¬
artikel sei, für welchen der genannte Versasser allein die Verantwortlichkeit trägt,
und daß die Herren wohl auf ihr Amt hätten verzichten können, nicht aber auf
dessen Obliegenheiten. Erreicht haben sie damit auch uur, daß der Direktor ihnen
'u sehr feiner Form eine» Verweis erteilte und zugleich sie darüber aufklärte,
wie er die Stellung der Regisseure als der Beiräte und Organe des Direktors
"»sehe. Daß dieses Verhältnis das richtige ist, gebe» selbst jene Blätter zu,
welche sonst in alleu Dingen dem. Parlamentarismus das Wort reden.
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