Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Viertes Quartal.Sie wird ein stilles Kind gewesen sein, das nicht viel ans solche Dinge Sie ist von je eine hochfahrende Dirne gewesen und wird nie ein demü¬ Weil sie schön und gut ist, habe ich sie zum Weibe genommen, Vater! Der stattliche junge Mann preßte in Hellem Unmut die weißen Zähne auf Dn willst um San Niccolo herumfahren? fragte der Alte, welcher die Und du schleppst die Last selbst, statt sie dir von deinem Weibe tragen zu Er ließ dem Sohne keiueZeit zu einer Erwiederung, gönnte ihm anch keinen Unterdeß hatte Margherita anf dem Pfade, welcher vom Ostrande des Lido Sie wird ein stilles Kind gewesen sein, das nicht viel ans solche Dinge Sie ist von je eine hochfahrende Dirne gewesen und wird nie ein demü¬ Weil sie schön und gut ist, habe ich sie zum Weibe genommen, Vater! Der stattliche junge Mann preßte in Hellem Unmut die weißen Zähne auf Dn willst um San Niccolo herumfahren? fragte der Alte, welcher die Und du schleppst die Last selbst, statt sie dir von deinem Weibe tragen zu Er ließ dem Sohne keiueZeit zu einer Erwiederung, gönnte ihm anch keinen Unterdeß hatte Margherita anf dem Pfade, welcher vom Ostrande des Lido <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0466" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/194444"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1723"> Sie wird ein stilles Kind gewesen sein, das nicht viel ans solche Dinge<lb/> geachtet Hot, Und sie ist früh von daheim weggerissen und von ihren Eltern<lb/> mit ans die wilde Kreuzfahrt genommen worden, versetzte Mareantonio begütigend,<lb/> obschon alle Zweifel des Vaters an seiner eignen Seele nagten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1724"> Sie ist von je eine hochfahrende Dirne gewesen und wird nie ein demü¬<lb/> tiges Weib werde,:, entgegnete der alte Marco hart. Dn solltest ihr den<lb/> Herrn zeigen und sie weinen machen statt ihre Thränen zu schonen! Bist<lb/> aber selbst ein arger Trcinmer und hast nur darum dein Herz an Margherita<lb/> gehängt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1725"> Weil sie schön und gut ist, habe ich sie zum Weibe genommen, Vater!<lb/> sagte Mareautouio, dessen Vink bei dem fortgesetzten Zürnen lind Schelten zu<lb/> wallen begann. Von klein auf hat minds zu ihr gezogen, und nun sie endlich<lb/> mein eigen ist, werden mir alle guten Tage, die ich mit ihr haben könnte,<lb/> bitter verkümmert — auch von euch, Vater, von Dosv und den andern Brüdern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1726"> Der stattliche junge Mann preßte in Hellem Unmut die weißen Zähne auf<lb/> die frischen Lippen und kehrte sich von dem Vater hinweg, um sich für die<lb/> Fahrt nach Venedig zu rüsten. Ich habe Fische hinüber zu bringen, im Hause<lb/> Dandvlo wartet der Koch auf mich!</p><lb/> <p xml:id="ID_1727"> Dn willst um San Niccolo herumfahren? fragte der Alte, welcher die<lb/> anklagenden Worte Tonlos scheinbar überhört' hatte. In seinem Gesicht war<lb/> el>? lauernder Zug, der dein jungen Fischer wohl hätte auffallen dürfen, wenn<lb/> er sich nach dem Vater umgesehen Hütte. So aber gab er schlicht zur Antwort:<lb/> Nicht doch — ich gehe quer über den Lido und nehme Dosos Boot, das wir<lb/> gestern Abend gegenüber San Lazzarv auf den Strand gezogen hoben.</p><lb/> <p xml:id="ID_1728"> Und du schleppst die Last selbst, statt sie dir von deinem Weibe tragen zu<lb/> lassen? schrie Marco höhnisch auf. Du schickst Margherita zur Beichte und<lb/> lädst dir indeß die hölzerne Bütte mit den Fischen auf den Rücken! Und das<lb/> alles, weil deine Ghika, die ohne unser ehrliches Brot hier auf der Düne ver¬<lb/> hungert wäre, ein Gesicht zur Schau trägt, als sei sie daheim ein Edelfräulein<lb/> gewesen!</p><lb/> <p xml:id="ID_1729"> Er ließ dem Sohne keiueZeit zu einer Erwiederung, gönnte ihm anch keinen<lb/> Blick mehr, sondern ging mit rauher Heftigkeit rasch davon und am Strande<lb/> hinab nach seiner eignen Hütte, welche wenige hundert Schritt abwärts hinter<lb/> dem Dünenhügel lag. Marecmton schien einige Augenblicke in Zweifel, ob er<lb/> dem Vater nacheilen und noch ein Wort zur Begütigung sprechen solle, dann<lb/> machte er eine trotzig verneinende Bewegung, sah nach dem Stande der Sonne<lb/> und fand, daß es höchste Zeit sei, seinen Weg über die Insel anzutreten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1730" next="#ID_1731"> Unterdeß hatte Margherita anf dem Pfade, welcher vom Ostrande des Lido<lb/> nach der Kirche von Malamoeev führte, schon ein Stück zurückgelegt. Er lies<lb/> schattenlos durch Sand und dorniges Gestrüpp; wenige dürftige Mais- und<lb/> Hirsefelder, ein paar Einfriedigungen, in denen Wassermelonen und Kürbisse</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0466]
Sie wird ein stilles Kind gewesen sein, das nicht viel ans solche Dinge
geachtet Hot, Und sie ist früh von daheim weggerissen und von ihren Eltern
mit ans die wilde Kreuzfahrt genommen worden, versetzte Mareantonio begütigend,
obschon alle Zweifel des Vaters an seiner eignen Seele nagten.
Sie ist von je eine hochfahrende Dirne gewesen und wird nie ein demü¬
tiges Weib werde,:, entgegnete der alte Marco hart. Dn solltest ihr den
Herrn zeigen und sie weinen machen statt ihre Thränen zu schonen! Bist
aber selbst ein arger Trcinmer und hast nur darum dein Herz an Margherita
gehängt.
Weil sie schön und gut ist, habe ich sie zum Weibe genommen, Vater!
sagte Mareautouio, dessen Vink bei dem fortgesetzten Zürnen lind Schelten zu
wallen begann. Von klein auf hat minds zu ihr gezogen, und nun sie endlich
mein eigen ist, werden mir alle guten Tage, die ich mit ihr haben könnte,
bitter verkümmert — auch von euch, Vater, von Dosv und den andern Brüdern.
Der stattliche junge Mann preßte in Hellem Unmut die weißen Zähne auf
die frischen Lippen und kehrte sich von dem Vater hinweg, um sich für die
Fahrt nach Venedig zu rüsten. Ich habe Fische hinüber zu bringen, im Hause
Dandvlo wartet der Koch auf mich!
Dn willst um San Niccolo herumfahren? fragte der Alte, welcher die
anklagenden Worte Tonlos scheinbar überhört' hatte. In seinem Gesicht war
el>? lauernder Zug, der dein jungen Fischer wohl hätte auffallen dürfen, wenn
er sich nach dem Vater umgesehen Hütte. So aber gab er schlicht zur Antwort:
Nicht doch — ich gehe quer über den Lido und nehme Dosos Boot, das wir
gestern Abend gegenüber San Lazzarv auf den Strand gezogen hoben.
Und du schleppst die Last selbst, statt sie dir von deinem Weibe tragen zu
lassen? schrie Marco höhnisch auf. Du schickst Margherita zur Beichte und
lädst dir indeß die hölzerne Bütte mit den Fischen auf den Rücken! Und das
alles, weil deine Ghika, die ohne unser ehrliches Brot hier auf der Düne ver¬
hungert wäre, ein Gesicht zur Schau trägt, als sei sie daheim ein Edelfräulein
gewesen!
Er ließ dem Sohne keiueZeit zu einer Erwiederung, gönnte ihm anch keinen
Blick mehr, sondern ging mit rauher Heftigkeit rasch davon und am Strande
hinab nach seiner eignen Hütte, welche wenige hundert Schritt abwärts hinter
dem Dünenhügel lag. Marecmton schien einige Augenblicke in Zweifel, ob er
dem Vater nacheilen und noch ein Wort zur Begütigung sprechen solle, dann
machte er eine trotzig verneinende Bewegung, sah nach dem Stande der Sonne
und fand, daß es höchste Zeit sei, seinen Weg über die Insel anzutreten.
Unterdeß hatte Margherita anf dem Pfade, welcher vom Ostrande des Lido
nach der Kirche von Malamoeev führte, schon ein Stück zurückgelegt. Er lies
schattenlos durch Sand und dorniges Gestrüpp; wenige dürftige Mais- und
Hirsefelder, ein paar Einfriedigungen, in denen Wassermelonen und Kürbisse
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