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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Griechische Weine.

in Deutschland durchaus keine Gefahr. Die Weine, die ausgeführt werden, sind
vollkommenen rein und nnr aus Traubenmost ohne irgendwelchen Zusatz be¬
reitet, und diese Eigenschaft verleiht ihnen einen großen Vorzug vor alledem,
was wir als Malaga, Sherry, Madeira, Tokayer u. s. w. mit schwerem Gelde
bezahlen, und was in sehr seltnen Fällen reine Naturgnbe, vielmehr meist ein
Gebrün aus Schnaps und Syrup mit der oder jener Drogue und ein paar
Tropfen Wem ist, ja oft genug gar keinen Wein enthält. In Griechenland
kennt und übt man diese Fälschung nicht; denn erstens kostet jeder zu ihr taug¬
liche Stoff weit mehr als der Wein selbst, und dann trägt der gesegnete Boden
eine so ungeheure Menge Trauben, daß weitaus der größere Teil derselben
-- etwa 70 Prozent -- nicht als Wein verwertet werden kann, sondern zu
Rosinen und Korinthen verarbeitet werden muß. Die griechischen Exportweine
sind übrigens nicht nur den Weintrintern, sondern auch den Ärzten und Apo¬
thekern zu empfehlen, namentlich die roten besitzen nach Lnnderer einen ungemein
starken Tanningehalt, mit dem sie gegen chronische Diarrhöen und andre ent¬
kräftende Sekretionen ausgezeichnete Dienste leisten.

Sehen wir uns die Erzeugnisse der griechischen Rebenkultur etwas näher
an. Die bekanntesten Traubensorten sind Ava passa oder Aphrena (die kernlose
Korinthentranbe), Greco, Cipro, Moskada (Muskateller), Assyrtikon (in San-
torin), Nero ti Zarte, Malvasia, Akardia, Mavrodaphne, Monasterra, Omblo
und Sultana; die letztere, ebenfalls ohne Kerne, wird zu Rosinen verarbeitet.
Der Export der griechischen Weine wächst mit jedem Jahre und geht vor allem nach
Ägypten, der europäischen und asiatischen Türkei und Rußland. Einiges davon be¬
ziehen auch Triest und Venedig, und seit 1876 hat sich I. F. Meuzer in Neckar-
gemünd mit Erfolg um die Einführung dieser Gewächse in Deutschlnud bemüht.

Unter deu besseren Weinen des Festlandes von Hellas sind die von Pyrgos,
Patras, Korinth, Vostizza, Kalavrita, Megaspilion (in Arkadien), ferner die von
Schiron, Argos, Tripolitza, Andrnsa, nisi, Motor, Lepanto, Charonea, Megara
und Polioguna (in Livadien), endlich die von Area, Limni und Komboti in
Aknrnnnien zu klenner. Die von Attika sind nach Hamm herbe, kleine Tisch-
Weine, doch zählt Landerer die roten Sorten des Kephissosthales zu deu besten
des Königreichs, und der Verfasser dieses Berichtes hat 1858 in der deutscheu
Kolonie Erakli mit dem dortigen katholischen Pfarrer einen nicht resinirten
Weißen getrunken, der ganz vortrefflich und an dem nnr das eine auszusetzen
war, daß der Durst des Schenkwirth, der ihn verzapfte, uns nicht mehr als
zwei Flaschen übrig gelassen hatte. In Patras besteht die "Achaja," eine
deutsche Aktiengesellschaft für Weinproduktion, in deren Verwaltungsrat die
Herren Clauß und Hamburger den Vorsitz führen, und in deren Magazinen zu
Zeiten gegen 1800 Füsser meist selbstgebauten Weines aufgestapelt sind. Darunter
befinden sich trockne Weißweine von der Art der Santernes, hochfeine Malva-
siere, die an Kcmarienfekt erinnern, und portweiuartige Mavrodaphnes von vor-


Griechische Weine.

in Deutschland durchaus keine Gefahr. Die Weine, die ausgeführt werden, sind
vollkommenen rein und nnr aus Traubenmost ohne irgendwelchen Zusatz be¬
reitet, und diese Eigenschaft verleiht ihnen einen großen Vorzug vor alledem,
was wir als Malaga, Sherry, Madeira, Tokayer u. s. w. mit schwerem Gelde
bezahlen, und was in sehr seltnen Fällen reine Naturgnbe, vielmehr meist ein
Gebrün aus Schnaps und Syrup mit der oder jener Drogue und ein paar
Tropfen Wem ist, ja oft genug gar keinen Wein enthält. In Griechenland
kennt und übt man diese Fälschung nicht; denn erstens kostet jeder zu ihr taug¬
liche Stoff weit mehr als der Wein selbst, und dann trägt der gesegnete Boden
eine so ungeheure Menge Trauben, daß weitaus der größere Teil derselben
— etwa 70 Prozent — nicht als Wein verwertet werden kann, sondern zu
Rosinen und Korinthen verarbeitet werden muß. Die griechischen Exportweine
sind übrigens nicht nur den Weintrintern, sondern auch den Ärzten und Apo¬
thekern zu empfehlen, namentlich die roten besitzen nach Lnnderer einen ungemein
starken Tanningehalt, mit dem sie gegen chronische Diarrhöen und andre ent¬
kräftende Sekretionen ausgezeichnete Dienste leisten.

Sehen wir uns die Erzeugnisse der griechischen Rebenkultur etwas näher
an. Die bekanntesten Traubensorten sind Ava passa oder Aphrena (die kernlose
Korinthentranbe), Greco, Cipro, Moskada (Muskateller), Assyrtikon (in San-
torin), Nero ti Zarte, Malvasia, Akardia, Mavrodaphne, Monasterra, Omblo
und Sultana; die letztere, ebenfalls ohne Kerne, wird zu Rosinen verarbeitet.
Der Export der griechischen Weine wächst mit jedem Jahre und geht vor allem nach
Ägypten, der europäischen und asiatischen Türkei und Rußland. Einiges davon be¬
ziehen auch Triest und Venedig, und seit 1876 hat sich I. F. Meuzer in Neckar-
gemünd mit Erfolg um die Einführung dieser Gewächse in Deutschlnud bemüht.

Unter deu besseren Weinen des Festlandes von Hellas sind die von Pyrgos,
Patras, Korinth, Vostizza, Kalavrita, Megaspilion (in Arkadien), ferner die von
Schiron, Argos, Tripolitza, Andrnsa, nisi, Motor, Lepanto, Charonea, Megara
und Polioguna (in Livadien), endlich die von Area, Limni und Komboti in
Aknrnnnien zu klenner. Die von Attika sind nach Hamm herbe, kleine Tisch-
Weine, doch zählt Landerer die roten Sorten des Kephissosthales zu deu besten
des Königreichs, und der Verfasser dieses Berichtes hat 1858 in der deutscheu
Kolonie Erakli mit dem dortigen katholischen Pfarrer einen nicht resinirten
Weißen getrunken, der ganz vortrefflich und an dem nnr das eine auszusetzen
war, daß der Durst des Schenkwirth, der ihn verzapfte, uns nicht mehr als
zwei Flaschen übrig gelassen hatte. In Patras besteht die „Achaja," eine
deutsche Aktiengesellschaft für Weinproduktion, in deren Verwaltungsrat die
Herren Clauß und Hamburger den Vorsitz führen, und in deren Magazinen zu
Zeiten gegen 1800 Füsser meist selbstgebauten Weines aufgestapelt sind. Darunter
befinden sich trockne Weißweine von der Art der Santernes, hochfeine Malva-
siere, die an Kcmarienfekt erinnern, und portweiuartige Mavrodaphnes von vor-


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[0616] Griechische Weine. in Deutschland durchaus keine Gefahr. Die Weine, die ausgeführt werden, sind vollkommenen rein und nnr aus Traubenmost ohne irgendwelchen Zusatz be¬ reitet, und diese Eigenschaft verleiht ihnen einen großen Vorzug vor alledem, was wir als Malaga, Sherry, Madeira, Tokayer u. s. w. mit schwerem Gelde bezahlen, und was in sehr seltnen Fällen reine Naturgnbe, vielmehr meist ein Gebrün aus Schnaps und Syrup mit der oder jener Drogue und ein paar Tropfen Wem ist, ja oft genug gar keinen Wein enthält. In Griechenland kennt und übt man diese Fälschung nicht; denn erstens kostet jeder zu ihr taug¬ liche Stoff weit mehr als der Wein selbst, und dann trägt der gesegnete Boden eine so ungeheure Menge Trauben, daß weitaus der größere Teil derselben — etwa 70 Prozent — nicht als Wein verwertet werden kann, sondern zu Rosinen und Korinthen verarbeitet werden muß. Die griechischen Exportweine sind übrigens nicht nur den Weintrintern, sondern auch den Ärzten und Apo¬ thekern zu empfehlen, namentlich die roten besitzen nach Lnnderer einen ungemein starken Tanningehalt, mit dem sie gegen chronische Diarrhöen und andre ent¬ kräftende Sekretionen ausgezeichnete Dienste leisten. Sehen wir uns die Erzeugnisse der griechischen Rebenkultur etwas näher an. Die bekanntesten Traubensorten sind Ava passa oder Aphrena (die kernlose Korinthentranbe), Greco, Cipro, Moskada (Muskateller), Assyrtikon (in San- torin), Nero ti Zarte, Malvasia, Akardia, Mavrodaphne, Monasterra, Omblo und Sultana; die letztere, ebenfalls ohne Kerne, wird zu Rosinen verarbeitet. Der Export der griechischen Weine wächst mit jedem Jahre und geht vor allem nach Ägypten, der europäischen und asiatischen Türkei und Rußland. Einiges davon be¬ ziehen auch Triest und Venedig, und seit 1876 hat sich I. F. Meuzer in Neckar- gemünd mit Erfolg um die Einführung dieser Gewächse in Deutschlnud bemüht. Unter deu besseren Weinen des Festlandes von Hellas sind die von Pyrgos, Patras, Korinth, Vostizza, Kalavrita, Megaspilion (in Arkadien), ferner die von Schiron, Argos, Tripolitza, Andrnsa, nisi, Motor, Lepanto, Charonea, Megara und Polioguna (in Livadien), endlich die von Area, Limni und Komboti in Aknrnnnien zu klenner. Die von Attika sind nach Hamm herbe, kleine Tisch- Weine, doch zählt Landerer die roten Sorten des Kephissosthales zu deu besten des Königreichs, und der Verfasser dieses Berichtes hat 1858 in der deutscheu Kolonie Erakli mit dem dortigen katholischen Pfarrer einen nicht resinirten Weißen getrunken, der ganz vortrefflich und an dem nnr das eine auszusetzen war, daß der Durst des Schenkwirth, der ihn verzapfte, uns nicht mehr als zwei Flaschen übrig gelassen hatte. In Patras besteht die „Achaja," eine deutsche Aktiengesellschaft für Weinproduktion, in deren Verwaltungsrat die Herren Clauß und Hamburger den Vorsitz führen, und in deren Magazinen zu Zeiten gegen 1800 Füsser meist selbstgebauten Weines aufgestapelt sind. Darunter befinden sich trockne Weißweine von der Art der Santernes, hochfeine Malva- siere, die an Kcmarienfekt erinnern, und portweiuartige Mavrodaphnes von vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/616>, abgerufen am 22.07.2024.