Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.Börse und Publikum. Pflock vorgesteckt, und das ist eine Wohlthat. Ein Sprichwort meint, es sei Börse und Publikum. 2. er zuletzt besprochene Vorgang, der keineswegs ein vereinzelter und der Dies wird namentlich wichtig bei Depots zum Zwecke der Spekulation. Börse und Publikum. Pflock vorgesteckt, und das ist eine Wohlthat. Ein Sprichwort meint, es sei Börse und Publikum. 2. er zuletzt besprochene Vorgang, der keineswegs ein vereinzelter und der Dies wird namentlich wichtig bei Depots zum Zwecke der Spekulation. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0590" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193931"/> <fw type="header" place="top"> Börse und Publikum.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2041" prev="#ID_2040"> Pflock vorgesteckt, und das ist eine Wohlthat. Ein Sprichwort meint, es sei<lb/> gut, daß unser Herrgott der Ziege den Schwanz nicht zu lang habe wachsen<lb/> lassen, sie schlüge sich sonst die Augen damit ans. Es ist ein Glück für den<lb/> „Patriotismus" oder — nennen wir das Kind getrost beim rechten Namen —<lb/> für den Egoismus mit der patriotischen Kokarde, daß er nicht die Macht hat,<lb/> seine Velleitäten in erfolgreiche Thaten unizusetzen, er würde sich und das ganze<lb/> Volk und Land abermals zu Grunde richten. Wir aber werden ihm nnter keinerlei<lb/> Umständen zur Verwirklichung seiner Phantome verhelfen. Es wäre Sünde<lb/> gegen uns selbst und Sünde gegen unsern Nächsten, der zwar weiß, was er will,<lb/> aber nicht weiß, was er thut.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Börse und Publikum.<lb/> 2. </head><lb/> <p xml:id="ID_2042"> er zuletzt besprochene Vorgang, der keineswegs ein vereinzelter und der<lb/> seitdem in mancherlei Variationen — in Hannover, Veulvo, Ber¬<lb/> lin ?c. ?e. — wiedergekehrt ist, mag iuunerhin einen aiißerordeiit-<lb/> lichen Betrug und Vertrauensbruch darstellen, im wesentlichen<lb/> steckt aber der ganze Verkehr zwischen Börse und Publikum in<lb/> demselben Sumpfe. Scheinbar steht der Brüller dein Publikum, das ihm seine<lb/> mobilen Werte zum Verkauf, zur Spekulation, „in Depot" übergiebt, als Kom¬<lb/> missionär, als Vermittler gegenüber. Thatsächlich übergiebt aber jeder, der zur<lb/> Vermittlung eines Börsengeschäfte mit einem Bankier in Verbindung tritt, sein<lb/> Eigentum dem letztern auf Diskretion. Die Klausel in jedem derartigen Ver¬<lb/> trage, daß der Kommissionär auch als Selbstkäufer oder Selbstverkänfer ein¬<lb/> treten könne, stülpt das ganze Verhältnis um, ohne daß die Leute, welche sonst<lb/> jedem direkten Geschüft weit aus dein Wege gehen, Anstoß daran nehmen. Durch<lb/> diese Klausel bekommt der Bankier den „Geschäftsfreund" aus dem Publikum<lb/> völlig iii seine Gewalt. Er gewinnt das Verfügungsrecht über das Eigentum<lb/> seiner Klienten und kommt nicht mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt, wenn er<lb/> auch die Befugnisse des Kommissionärs in strafbarer Weise als „Selbstkänfer"<lb/> überschreitet.</p><lb/> <p xml:id="ID_2043" next="#ID_2044"> Dies wird namentlich wichtig bei Depots zum Zwecke der Spekulation.<lb/> Leider ist schon die Maxime, sich beim Ankauf vou mobilen Werten uicht auf<lb/> seine bereiten Mittel zu beschränken, sondern mehr oder weniger hohe Beträge<lb/> anzukaufen und dieselben vom Bankier „lombardiren" zu lassen, ganz allgemein</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0590]
Börse und Publikum.
Pflock vorgesteckt, und das ist eine Wohlthat. Ein Sprichwort meint, es sei
gut, daß unser Herrgott der Ziege den Schwanz nicht zu lang habe wachsen
lassen, sie schlüge sich sonst die Augen damit ans. Es ist ein Glück für den
„Patriotismus" oder — nennen wir das Kind getrost beim rechten Namen —
für den Egoismus mit der patriotischen Kokarde, daß er nicht die Macht hat,
seine Velleitäten in erfolgreiche Thaten unizusetzen, er würde sich und das ganze
Volk und Land abermals zu Grunde richten. Wir aber werden ihm nnter keinerlei
Umständen zur Verwirklichung seiner Phantome verhelfen. Es wäre Sünde
gegen uns selbst und Sünde gegen unsern Nächsten, der zwar weiß, was er will,
aber nicht weiß, was er thut.
Börse und Publikum.
2.
er zuletzt besprochene Vorgang, der keineswegs ein vereinzelter und der
seitdem in mancherlei Variationen — in Hannover, Veulvo, Ber¬
lin ?c. ?e. — wiedergekehrt ist, mag iuunerhin einen aiißerordeiit-
lichen Betrug und Vertrauensbruch darstellen, im wesentlichen
steckt aber der ganze Verkehr zwischen Börse und Publikum in
demselben Sumpfe. Scheinbar steht der Brüller dein Publikum, das ihm seine
mobilen Werte zum Verkauf, zur Spekulation, „in Depot" übergiebt, als Kom¬
missionär, als Vermittler gegenüber. Thatsächlich übergiebt aber jeder, der zur
Vermittlung eines Börsengeschäfte mit einem Bankier in Verbindung tritt, sein
Eigentum dem letztern auf Diskretion. Die Klausel in jedem derartigen Ver¬
trage, daß der Kommissionär auch als Selbstkäufer oder Selbstverkänfer ein¬
treten könne, stülpt das ganze Verhältnis um, ohne daß die Leute, welche sonst
jedem direkten Geschüft weit aus dein Wege gehen, Anstoß daran nehmen. Durch
diese Klausel bekommt der Bankier den „Geschäftsfreund" aus dem Publikum
völlig iii seine Gewalt. Er gewinnt das Verfügungsrecht über das Eigentum
seiner Klienten und kommt nicht mit dem Strafgesetzbuch in Konflikt, wenn er
auch die Befugnisse des Kommissionärs in strafbarer Weise als „Selbstkänfer"
überschreitet.
Dies wird namentlich wichtig bei Depots zum Zwecke der Spekulation.
Leider ist schon die Maxime, sich beim Ankauf vou mobilen Werten uicht auf
seine bereiten Mittel zu beschränken, sondern mehr oder weniger hohe Beträge
anzukaufen und dieselben vom Bankier „lombardiren" zu lassen, ganz allgemein
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