Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.ungewöhnlichen und gefährlichen Gast an. Klingsor beschließt deshalb, gegen Die Hauptccktiou ist hiermit beendigt. Für den dritten Akt bleiben nur Nach dieser Darstellung ist die Handlung des "Parsifal" unschwer z" über¬ Die Empfindung, vor einem verworrenen Sujet zu stehen, kommt lediglich ungewöhnlichen und gefährlichen Gast an. Klingsor beschließt deshalb, gegen Die Hauptccktiou ist hiermit beendigt. Für den dritten Akt bleiben nur Nach dieser Darstellung ist die Handlung des „Parsifal" unschwer z» über¬ Die Empfindung, vor einem verworrenen Sujet zu stehen, kommt lediglich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193841"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1690" prev="#ID_1689"> ungewöhnlichen und gefährlichen Gast an. Klingsor beschließt deshalb, gegen<lb/> den Ankömmling seinen stärksten Trumpf auszuspielen und ihn den .Zünften der<lb/> schönsten unter seinen Frauen, den Künsten seiner „Urteufeliu" zu überweisen.<lb/> Diese ist — Knndrh, dieselbe Kundrh, welche wir schon im ersten Akte als<lb/> Dienerin des Gral getroffen haben. Nachdem sich die „Blumenmädchen," welche<lb/> zunächst Parsifal in Beschlag genommen hatten, als unwirksam erwiesen haben,<lb/> tritt Knndrh ihr Amt an. Sie verfährt teuflisch genug. Sie erzählt dem reinen<lb/> Jüngling zuerst von feiner Mutter und von seinem Vater, von der Liebe der<lb/> (Lidern. Um kurz zu sein: Parsifal widersteht der Verführung. Im kritischen<lb/> Momente, als ihm eben Knndrh einen Kuß von echt Wagnerscher Länge auf¬<lb/> gedrückt hat, reißt er sich los. Parsifal gedenkt mit einemmale dessen, was ihm<lb/> über die Ursache von Amfortas' Wunde erzählt wordeu ist. Das Mitleid mit<lb/> diesem Unglücklichen erwacht in ihm in vollster Stärke; er will nur eins, null<lb/> hin zu ihm, und alle weiteren Versuche der Knndrh, ihn an sich zu fesseln,<lb/> prallen wirkungslos ab. Mit diesem festen Widerstände ist der Zauber Klingsors<lb/> gebrochen. Auf das Geschrei der Knndrh eilt dieser selbst herbei und versucht<lb/> das letzte Mittel. Den Parsifal, den er nicht zu seinem Diener macheu kann,<lb/> will er jetzt töten nud schleudert deshalb den heiligen Speer gegen ihn. Da<lb/> geschieht ein Wunder: der Speer bleibt in der Luft über ParsifalS Haupte<lb/> stehen. Dieser ergreift ihn und schlüge damit das Zeichen des Kreuzes gegen<lb/> Klingsor. Mit Donner und Beben versinkt darauf das Zauberschloß nud die<lb/> ganze teuflische Pracht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1691"> Die Hauptccktiou ist hiermit beendigt. Für den dritten Akt bleiben nur<lb/> noch Formalitäten zu erledigen. Er spielt wieder in zwei Szenen, wie der erste:<lb/> eingangs im Walde vor der Gralsbnrg. dann in der Burg selbst in deren<lb/> sogenanntem Speisesaale. Parsifal kehrt zurück und bringt den heiligen Speer,<lb/> wird zum Könige gesalbt, heilt den kranken Amfortas und übernimmt das Amt<lb/> als oberster Hüter des Grals.</p><lb/> <p xml:id="ID_1692"> Nach dieser Darstellung ist die Handlung des „Parsifal" unschwer z» über¬<lb/> sehen, und man kann nicht recht begreife», warum viele Kritiker, und darunter<lb/> die erklärtesten Anhänger Wagners, über Unverständlichkeit geklagt haben. Einer<lb/> unter dieser letzteren Klasse, der Referent der luclüpviullMvv övlgv, geht so weit,<lb/> die Vermutung auszusprechen: Wagner habe sich mit dem. Pnrsifalstvff lediglich<lb/> einen Spaß macheu und einmal probiren wollen, wieviel sich wohl das Pu-<lb/> blikum bieten lasse.</p><lb/> <p xml:id="ID_1693" next="#ID_1694"> Die Empfindung, vor einem verworrenen Sujet zu stehen, kommt lediglich<lb/> von der einen Figur der .Knndrh her, mit welcher Wagner seinem Bestreben,<lb/> allerhand tiefsinnige Beziehungen in seineu Personen zu verkörpern, die Zügel<lb/> in einer maßlosen Weise hat schießen lassen. Über diese Kuudrh existirt bereits<lb/> eine kleine Bibliothek, und die unbedingten Bewundrer des eigentümlichen Ton¬<lb/> dichters haben es an nichts fehlen lassen, uns zu beweisen, daß in dieser Gestalt</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
ungewöhnlichen und gefährlichen Gast an. Klingsor beschließt deshalb, gegen
den Ankömmling seinen stärksten Trumpf auszuspielen und ihn den .Zünften der
schönsten unter seinen Frauen, den Künsten seiner „Urteufeliu" zu überweisen.
Diese ist — Knndrh, dieselbe Kundrh, welche wir schon im ersten Akte als
Dienerin des Gral getroffen haben. Nachdem sich die „Blumenmädchen," welche
zunächst Parsifal in Beschlag genommen hatten, als unwirksam erwiesen haben,
tritt Knndrh ihr Amt an. Sie verfährt teuflisch genug. Sie erzählt dem reinen
Jüngling zuerst von feiner Mutter und von seinem Vater, von der Liebe der
(Lidern. Um kurz zu sein: Parsifal widersteht der Verführung. Im kritischen
Momente, als ihm eben Knndrh einen Kuß von echt Wagnerscher Länge auf¬
gedrückt hat, reißt er sich los. Parsifal gedenkt mit einemmale dessen, was ihm
über die Ursache von Amfortas' Wunde erzählt wordeu ist. Das Mitleid mit
diesem Unglücklichen erwacht in ihm in vollster Stärke; er will nur eins, null
hin zu ihm, und alle weiteren Versuche der Knndrh, ihn an sich zu fesseln,
prallen wirkungslos ab. Mit diesem festen Widerstände ist der Zauber Klingsors
gebrochen. Auf das Geschrei der Knndrh eilt dieser selbst herbei und versucht
das letzte Mittel. Den Parsifal, den er nicht zu seinem Diener macheu kann,
will er jetzt töten nud schleudert deshalb den heiligen Speer gegen ihn. Da
geschieht ein Wunder: der Speer bleibt in der Luft über ParsifalS Haupte
stehen. Dieser ergreift ihn und schlüge damit das Zeichen des Kreuzes gegen
Klingsor. Mit Donner und Beben versinkt darauf das Zauberschloß nud die
ganze teuflische Pracht.
Die Hauptccktiou ist hiermit beendigt. Für den dritten Akt bleiben nur
noch Formalitäten zu erledigen. Er spielt wieder in zwei Szenen, wie der erste:
eingangs im Walde vor der Gralsbnrg. dann in der Burg selbst in deren
sogenanntem Speisesaale. Parsifal kehrt zurück und bringt den heiligen Speer,
wird zum Könige gesalbt, heilt den kranken Amfortas und übernimmt das Amt
als oberster Hüter des Grals.
Nach dieser Darstellung ist die Handlung des „Parsifal" unschwer z» über¬
sehen, und man kann nicht recht begreife», warum viele Kritiker, und darunter
die erklärtesten Anhänger Wagners, über Unverständlichkeit geklagt haben. Einer
unter dieser letzteren Klasse, der Referent der luclüpviullMvv övlgv, geht so weit,
die Vermutung auszusprechen: Wagner habe sich mit dem. Pnrsifalstvff lediglich
einen Spaß macheu und einmal probiren wollen, wieviel sich wohl das Pu-
blikum bieten lasse.
Die Empfindung, vor einem verworrenen Sujet zu stehen, kommt lediglich
von der einen Figur der .Knndrh her, mit welcher Wagner seinem Bestreben,
allerhand tiefsinnige Beziehungen in seineu Personen zu verkörpern, die Zügel
in einer maßlosen Weise hat schießen lassen. Über diese Kuudrh existirt bereits
eine kleine Bibliothek, und die unbedingten Bewundrer des eigentümlichen Ton¬
dichters haben es an nichts fehlen lassen, uns zu beweisen, daß in dieser Gestalt
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