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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Erde Hemisphürenblasenbildnngen stattgefunden? Welches waren die Ursachen der
Notation und der Schiefe der Ekliptik? Wie kam die ungeheure Masse von Dämpfen
in den Kern der Erde? Zu welcher Zeit der Entwicklung der Erde ist der
Mond entstanden? Warum laufen Sonnenrvtntivn und Erdbahn, Erdrotation
und Mondbahn in derselben Richtung? Mit Hilfe astronomisch-geologischer
Zeichnungen der Erde, welche er entwarf, um hinsichtlich jeden Punktes klar
zu blicken, gelangte Habenicht zu einer Anschauung, die er in folgender Hypo¬
these zur Erwägung unterbreitet: Denken wir uns mit Knut, Laplace u, n. als
den Anfang aller Dinge den Weltraum ausgefüllt von einem heißen Nebelbnll,
in dem alle Eigenschaften schlummern, die wir Naturgesetze nennen, und die im
Laufe der Entwicklung dnrch Abkühlung nach einander zur Geltung kommen,
und nehmen wir an, daß dnrch die Moleknlnrbewegnng infolge der Abkühlung
zunächst eine rotirende Bewegung entstand, durch welche in den Weltraum Ringe
abgeschleudert wurden, so folgt daraus, daß die Stoffe der Ringe sich in der
Richtung der Rotation des Zentralkörpers bewegten, daß sie ans der innern
Seite durch die Zentralsvnne erwärmt wurden, ans der äußern sich aber ab¬
kühlen mußten. Das Bestreben der Stoffe, an den äußern Zonen eines Ringes
sich zusammenzuziehen, führte endlich zum Zerreißen des Ringes an seiner
schwächsten Stelle, die Kohäsion der äußern Teile bewirkte, daß sich die beiden
Enden nach außen umbogen und sich, in ihrer freien Bewegung dnrch nichts
gehindert, zu zwei Spiralen aufwickelteu, die sich ungefähr auf der Stelle des
Ringes begegneten und aufeinander prallten, welche dem Zerreißnngspunkte
gegenüber lag. Die Spirale, welche mit dem Ringe lief, mußte die sich be¬
wegenden Stoffe überholen, der andern Spirale kamen diese Stoffe entgegen,
und diese wurde infolge dessen die mächtigere. Die kleinere Spirale hatte aber,
da sie mit dem Ringe lief, die Wucht der Bewegung für sich, überwand im
Anprall die größere, und verursachte dadurch die Rotation und Schiefe der
Ekliptik. Beim Aufwickeln der Spiralen wurden die innersten, heißesten und
daher in Gasform verbliebenen Teile des Ringes nach außen geschleudert und
bildeten sekundäre Ringe, bei denen sich derselbe Vorgang wiederholte. Die
Sonne marschirt mit ihrem ganzen Planetensystem, unsrer Vermutung nach, ans
der Peripherie einer über alle Begriffe großen Ellipse. Nehmen wir diejenigen
Ringe, ans denen Sonnen entstanden, als primäre an, so haben wir eine drei¬
malige Wiederholung des beschriebenen Vorgangs; aus deu sekundären Ringen
würden Planeten, aus deu tertiären Monde entstanden sein. Die Himmels¬
körper würden nach der Vereinigung der beiden Spiralen ungefähr die Form
einer runden Frucht mit einer Kerbe, etwa einer Aprikose, gehabt haben. In
der That finden wir Spuren einer Kerbe anf unserm Planeten in der tiefen
Rinne des Atlantischen Ozeans, der westlichen Grenzscheide der beiden Hemi¬
sphärenbecken; auch scheint die ans mathematischen Rechnungen geschöpfte Ver¬
mutung der Astronomen, daß der Mond ans der uns abgewandten Seite ab-


Erde Hemisphürenblasenbildnngen stattgefunden? Welches waren die Ursachen der
Notation und der Schiefe der Ekliptik? Wie kam die ungeheure Masse von Dämpfen
in den Kern der Erde? Zu welcher Zeit der Entwicklung der Erde ist der
Mond entstanden? Warum laufen Sonnenrvtntivn und Erdbahn, Erdrotation
und Mondbahn in derselben Richtung? Mit Hilfe astronomisch-geologischer
Zeichnungen der Erde, welche er entwarf, um hinsichtlich jeden Punktes klar
zu blicken, gelangte Habenicht zu einer Anschauung, die er in folgender Hypo¬
these zur Erwägung unterbreitet: Denken wir uns mit Knut, Laplace u, n. als
den Anfang aller Dinge den Weltraum ausgefüllt von einem heißen Nebelbnll,
in dem alle Eigenschaften schlummern, die wir Naturgesetze nennen, und die im
Laufe der Entwicklung dnrch Abkühlung nach einander zur Geltung kommen,
und nehmen wir an, daß dnrch die Moleknlnrbewegnng infolge der Abkühlung
zunächst eine rotirende Bewegung entstand, durch welche in den Weltraum Ringe
abgeschleudert wurden, so folgt daraus, daß die Stoffe der Ringe sich in der
Richtung der Rotation des Zentralkörpers bewegten, daß sie ans der innern
Seite durch die Zentralsvnne erwärmt wurden, ans der äußern sich aber ab¬
kühlen mußten. Das Bestreben der Stoffe, an den äußern Zonen eines Ringes
sich zusammenzuziehen, führte endlich zum Zerreißen des Ringes an seiner
schwächsten Stelle, die Kohäsion der äußern Teile bewirkte, daß sich die beiden
Enden nach außen umbogen und sich, in ihrer freien Bewegung dnrch nichts
gehindert, zu zwei Spiralen aufwickelteu, die sich ungefähr auf der Stelle des
Ringes begegneten und aufeinander prallten, welche dem Zerreißnngspunkte
gegenüber lag. Die Spirale, welche mit dem Ringe lief, mußte die sich be¬
wegenden Stoffe überholen, der andern Spirale kamen diese Stoffe entgegen,
und diese wurde infolge dessen die mächtigere. Die kleinere Spirale hatte aber,
da sie mit dem Ringe lief, die Wucht der Bewegung für sich, überwand im
Anprall die größere, und verursachte dadurch die Rotation und Schiefe der
Ekliptik. Beim Aufwickeln der Spiralen wurden die innersten, heißesten und
daher in Gasform verbliebenen Teile des Ringes nach außen geschleudert und
bildeten sekundäre Ringe, bei denen sich derselbe Vorgang wiederholte. Die
Sonne marschirt mit ihrem ganzen Planetensystem, unsrer Vermutung nach, ans
der Peripherie einer über alle Begriffe großen Ellipse. Nehmen wir diejenigen
Ringe, ans denen Sonnen entstanden, als primäre an, so haben wir eine drei¬
malige Wiederholung des beschriebenen Vorgangs; aus deu sekundären Ringen
würden Planeten, aus deu tertiären Monde entstanden sein. Die Himmels¬
körper würden nach der Vereinigung der beiden Spiralen ungefähr die Form
einer runden Frucht mit einer Kerbe, etwa einer Aprikose, gehabt haben. In
der That finden wir Spuren einer Kerbe anf unserm Planeten in der tiefen
Rinne des Atlantischen Ozeans, der westlichen Grenzscheide der beiden Hemi¬
sphärenbecken; auch scheint die ans mathematischen Rechnungen geschöpfte Ver¬
mutung der Astronomen, daß der Mond ans der uns abgewandten Seite ab-


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[0414] Erde Hemisphürenblasenbildnngen stattgefunden? Welches waren die Ursachen der Notation und der Schiefe der Ekliptik? Wie kam die ungeheure Masse von Dämpfen in den Kern der Erde? Zu welcher Zeit der Entwicklung der Erde ist der Mond entstanden? Warum laufen Sonnenrvtntivn und Erdbahn, Erdrotation und Mondbahn in derselben Richtung? Mit Hilfe astronomisch-geologischer Zeichnungen der Erde, welche er entwarf, um hinsichtlich jeden Punktes klar zu blicken, gelangte Habenicht zu einer Anschauung, die er in folgender Hypo¬ these zur Erwägung unterbreitet: Denken wir uns mit Knut, Laplace u, n. als den Anfang aller Dinge den Weltraum ausgefüllt von einem heißen Nebelbnll, in dem alle Eigenschaften schlummern, die wir Naturgesetze nennen, und die im Laufe der Entwicklung dnrch Abkühlung nach einander zur Geltung kommen, und nehmen wir an, daß dnrch die Moleknlnrbewegnng infolge der Abkühlung zunächst eine rotirende Bewegung entstand, durch welche in den Weltraum Ringe abgeschleudert wurden, so folgt daraus, daß die Stoffe der Ringe sich in der Richtung der Rotation des Zentralkörpers bewegten, daß sie ans der innern Seite durch die Zentralsvnne erwärmt wurden, ans der äußern sich aber ab¬ kühlen mußten. Das Bestreben der Stoffe, an den äußern Zonen eines Ringes sich zusammenzuziehen, führte endlich zum Zerreißen des Ringes an seiner schwächsten Stelle, die Kohäsion der äußern Teile bewirkte, daß sich die beiden Enden nach außen umbogen und sich, in ihrer freien Bewegung dnrch nichts gehindert, zu zwei Spiralen aufwickelteu, die sich ungefähr auf der Stelle des Ringes begegneten und aufeinander prallten, welche dem Zerreißnngspunkte gegenüber lag. Die Spirale, welche mit dem Ringe lief, mußte die sich be¬ wegenden Stoffe überholen, der andern Spirale kamen diese Stoffe entgegen, und diese wurde infolge dessen die mächtigere. Die kleinere Spirale hatte aber, da sie mit dem Ringe lief, die Wucht der Bewegung für sich, überwand im Anprall die größere, und verursachte dadurch die Rotation und Schiefe der Ekliptik. Beim Aufwickeln der Spiralen wurden die innersten, heißesten und daher in Gasform verbliebenen Teile des Ringes nach außen geschleudert und bildeten sekundäre Ringe, bei denen sich derselbe Vorgang wiederholte. Die Sonne marschirt mit ihrem ganzen Planetensystem, unsrer Vermutung nach, ans der Peripherie einer über alle Begriffe großen Ellipse. Nehmen wir diejenigen Ringe, ans denen Sonnen entstanden, als primäre an, so haben wir eine drei¬ malige Wiederholung des beschriebenen Vorgangs; aus deu sekundären Ringen würden Planeten, aus deu tertiären Monde entstanden sein. Die Himmels¬ körper würden nach der Vereinigung der beiden Spiralen ungefähr die Form einer runden Frucht mit einer Kerbe, etwa einer Aprikose, gehabt haben. In der That finden wir Spuren einer Kerbe anf unserm Planeten in der tiefen Rinne des Atlantischen Ozeans, der westlichen Grenzscheide der beiden Hemi¬ sphärenbecken; auch scheint die ans mathematischen Rechnungen geschöpfte Ver¬ mutung der Astronomen, daß der Mond ans der uns abgewandten Seite ab-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/414>, abgerufen am 26.08.2024.