Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.Die Theorie der sphärischen Kraterbecken. unten liegen, daß Teile des gefalteten Zeuges mit der linken Seite nach außen In den ältesten Schichten finden wir durch ungeheuer mächtige Komplexe Diejenigen, welche auf solche und ähnliche Fragen noch keine fertige Ant¬ Die Theorie der sphärischen Kraterbecken. unten liegen, daß Teile des gefalteten Zeuges mit der linken Seite nach außen In den ältesten Schichten finden wir durch ungeheuer mächtige Komplexe Diejenigen, welche auf solche und ähnliche Fragen noch keine fertige Ant¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0357" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193698"/> <fw type="header" place="top"> Die Theorie der sphärischen Kraterbecken.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1169" prev="#ID_1168"> unten liegen, daß Teile des gefalteten Zeuges mit der linken Seite nach außen<lb/> liegen. Der begeistertste Anhänger der allmählichen Entwicklung wird zugeben,<lb/> daß, mag die vorbereitende Ursache noch so langsam gewesen sein, das schlie߬<lb/> liche Ergebnis, das Übereinanderfallen von Gebirgsmassen, die einige hundert<lb/> Meilen lang sind, nicht ohne eine Erschütterung und ohne Folgen abgehen kann,<lb/> die man in ihrer Gesammtheit wohl eine Katastrophe nennen kann. Es ist<lb/> ferner zu beachten, daß die sedimentären Formationen um so mächtiger sind, je<lb/> älter sie sind, daß aber die Hebungen um so mächtiger sind, je jünger sie sind.<lb/> Die großartigsten aller Hebungen, die Cordillereu, die Alpen, der Himalaya,<lb/> sind in der tertiären Periode vor sich gegangen. Bei Annahme der Lyellschen<lb/> Theorie kämen wir also zu dem vollkommenen Widerspruch, daß eine allmäh¬<lb/> liche Erhebung um so höher anstiege, je kürzer sie dauerte. Ferner: die ans<lb/> dem Wasser abgesetzten Gesteine machen zum großen Teile allerdings den Ein¬<lb/> druck, als hätten sie sich langsam gebildet, aber es giebt auch Schichten, bei<lb/> deren Untersuchung das Gegenteil einleuchtet; so ist wohl die ungeheure tertiäre<lb/> Sandsteinschicht, welche sich über zwei Drittel von Südamerika ausbreitet, schwer¬<lb/> lich durch langsame Niederschläge eines nur durch regelmäßige Strömungen be¬<lb/> wegten und durch Flüsse bereicherten Meeres entstanden, zumal da sie so außer¬<lb/> ordentlich wenig organische Reste enthält.</p><lb/> <p xml:id="ID_1170"> In den ältesten Schichten finden wir durch ungeheuer mächtige Komplexe<lb/> hindurch nur wenige und konstante Arten, in den jüngsten und viel schwächeren<lb/> Formationen dagegen die mannigfaltigsten Arten. Sollen wir nun annehmen<lb/> daß die Wandelbarkeit der Arten während der Jugend unseres Planeten geringer<lb/> gewesen sei als jetzt, oder sollen wir annehmen, daß die Bildung der sedimentären<lb/> Schichten in den früheren Perioden anders und schneller vor sich gegangen sei<lb/> als in der Gegenwart? Im Diluvium Europas und Nordasiens finden nur<lb/> die Mammuthleichen teilweise massenhaft und merkwürdig gut erhalten. Sollten<lb/> sich jene Tiere dort wohl allmählich angesammelt haben, sollten sie wohl allmäh¬<lb/> lich zugedeckt worden sein? Wilmin findet man nicht Reste jetzt lebender Tier¬<lb/> arte» massenhaft und gut erhalten eingesargt? Warum spülen nicht jetzt auch<lb/> die Flüsse große Herden von Elephanten zusammengehäuft ins Eismeer?</p><lb/> <p xml:id="ID_1171" next="#ID_1172"> Diejenigen, welche auf solche und ähnliche Fragen noch keine fertige Ant¬<lb/> wort bereit haben, werden vielleicht eine kurze Darlegung der Habeuichtschen<lb/> Idee mit Interesse lesen, einer Idee, deren Spitze dahin geht, daß sich in der<lb/> Entwicklung der Erde ein geistiger Plan steigender Vervollkommnung erkennen<lb/> lasse, demgemäß die ewigen und unveränderlichen Naturgesetze, welche bei Ab¬<lb/> kühlung der Erde wirkten, Wohl während sehr langer Zeit in einer der Gegen¬<lb/> wart analogen Weise wirkten, daß sie aber naturgemäß gewaltige Katastrophen<lb/> verursachten, welche die Abschnitte jener großen Perioden bildeten. Es ist ein¬<lb/> leuchtend, daß eine solche Katastrophen-Theorie, wenn sie sich als bewährt er¬<lb/> weisen sollte, nicht allein Lyells Grundsatz umstoßen, sondern anch Darwins</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0357]
Die Theorie der sphärischen Kraterbecken.
unten liegen, daß Teile des gefalteten Zeuges mit der linken Seite nach außen
liegen. Der begeistertste Anhänger der allmählichen Entwicklung wird zugeben,
daß, mag die vorbereitende Ursache noch so langsam gewesen sein, das schlie߬
liche Ergebnis, das Übereinanderfallen von Gebirgsmassen, die einige hundert
Meilen lang sind, nicht ohne eine Erschütterung und ohne Folgen abgehen kann,
die man in ihrer Gesammtheit wohl eine Katastrophe nennen kann. Es ist
ferner zu beachten, daß die sedimentären Formationen um so mächtiger sind, je
älter sie sind, daß aber die Hebungen um so mächtiger sind, je jünger sie sind.
Die großartigsten aller Hebungen, die Cordillereu, die Alpen, der Himalaya,
sind in der tertiären Periode vor sich gegangen. Bei Annahme der Lyellschen
Theorie kämen wir also zu dem vollkommenen Widerspruch, daß eine allmäh¬
liche Erhebung um so höher anstiege, je kürzer sie dauerte. Ferner: die ans
dem Wasser abgesetzten Gesteine machen zum großen Teile allerdings den Ein¬
druck, als hätten sie sich langsam gebildet, aber es giebt auch Schichten, bei
deren Untersuchung das Gegenteil einleuchtet; so ist wohl die ungeheure tertiäre
Sandsteinschicht, welche sich über zwei Drittel von Südamerika ausbreitet, schwer¬
lich durch langsame Niederschläge eines nur durch regelmäßige Strömungen be¬
wegten und durch Flüsse bereicherten Meeres entstanden, zumal da sie so außer¬
ordentlich wenig organische Reste enthält.
In den ältesten Schichten finden wir durch ungeheuer mächtige Komplexe
hindurch nur wenige und konstante Arten, in den jüngsten und viel schwächeren
Formationen dagegen die mannigfaltigsten Arten. Sollen wir nun annehmen
daß die Wandelbarkeit der Arten während der Jugend unseres Planeten geringer
gewesen sei als jetzt, oder sollen wir annehmen, daß die Bildung der sedimentären
Schichten in den früheren Perioden anders und schneller vor sich gegangen sei
als in der Gegenwart? Im Diluvium Europas und Nordasiens finden nur
die Mammuthleichen teilweise massenhaft und merkwürdig gut erhalten. Sollten
sich jene Tiere dort wohl allmählich angesammelt haben, sollten sie wohl allmäh¬
lich zugedeckt worden sein? Wilmin findet man nicht Reste jetzt lebender Tier¬
arte» massenhaft und gut erhalten eingesargt? Warum spülen nicht jetzt auch
die Flüsse große Herden von Elephanten zusammengehäuft ins Eismeer?
Diejenigen, welche auf solche und ähnliche Fragen noch keine fertige Ant¬
wort bereit haben, werden vielleicht eine kurze Darlegung der Habeuichtschen
Idee mit Interesse lesen, einer Idee, deren Spitze dahin geht, daß sich in der
Entwicklung der Erde ein geistiger Plan steigender Vervollkommnung erkennen
lasse, demgemäß die ewigen und unveränderlichen Naturgesetze, welche bei Ab¬
kühlung der Erde wirkten, Wohl während sehr langer Zeit in einer der Gegen¬
wart analogen Weise wirkten, daß sie aber naturgemäß gewaltige Katastrophen
verursachten, welche die Abschnitte jener großen Perioden bildeten. Es ist ein¬
leuchtend, daß eine solche Katastrophen-Theorie, wenn sie sich als bewährt er¬
weisen sollte, nicht allein Lyells Grundsatz umstoßen, sondern anch Darwins
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