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Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal.

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Ägypten und die heutigen Ägypter.
i.

cum das vielbegehrte lind eifrig umworbene Ägypten schon seit
geraumer Zeit vie Blicke aller Politiker fesselt, so erklärt sich das
nicht nur ans der Lage des Landes, dnrch welches für England
die nächste and bequemste Handels, und Militärstraße nach Indien
führt, und nicht blos; dnrans, daß Frankreich sich für verpflichtet
erachtet, das Prestige, das es sich hier und anderwärts in Nordafrika erworben,
vor jeder Schmälerung zu wahren, sondern bis zu einem gewissen Grade anch
ans der Große des Reichs des Chedive. Ein Blick ans eine neue Karte von
Ostnsrika läßt dieses Reich als sehr ausgedehnt erscheinen. Schon Mehemed
Ali hatte dem eigentlichen Ägypten Gebiete um Roten Meer mit wichtigen Hafen-
Plätzen sowie ganz Nubien und die Landschaften Tula, Sennar und Kordofan
hinzugefügt. Ismail Pascha aber erweiterte die Grenzen nach Süden und Süd-
Westen noch weit erheblicher. Er vergrößerte n. a. dnrch die Eroberung des
Sultanats Darfur sein Reich um vier ausgedehnte Provinzen, faßte an der
Küste von Habesch und in? Lande der Somali Fuß und unterwarf seiner Herr¬
schaft die Landstriche am gesamten Laufe deS Weißen Nil sowie den großer"
Teil derer am Gazellenflusse, sodaß der Chedive gegenwärtig über eine Länder¬
masse gebietet, die von ihrer nördlichen Grenze bis zu ihrer südlichen etwa 480
deutsche Meilen lang und von Westen nach Osten gemessen ungefähr 330 Meilen
breit ist, und die einen Gesnmmtnmfaug von rund 67 000 Quadratmeilen hat,
eine Fläche, welche zwei Dritteln des europäischen Rußland gleichkommt. In¬
deß fallen davon sehr ausgebreitete Strecken im Westen wie im Osten ans un¬
bewohnte und der Kultur gänzlich unzugängliche Wüsten, und der gewaltige


Greuztwte" III. I88J, N!


Ägypten und die heutigen Ägypter.
i.

cum das vielbegehrte lind eifrig umworbene Ägypten schon seit
geraumer Zeit vie Blicke aller Politiker fesselt, so erklärt sich das
nicht nur ans der Lage des Landes, dnrch welches für England
die nächste and bequemste Handels, und Militärstraße nach Indien
führt, und nicht blos; dnrans, daß Frankreich sich für verpflichtet
erachtet, das Prestige, das es sich hier und anderwärts in Nordafrika erworben,
vor jeder Schmälerung zu wahren, sondern bis zu einem gewissen Grade anch
ans der Große des Reichs des Chedive. Ein Blick ans eine neue Karte von
Ostnsrika läßt dieses Reich als sehr ausgedehnt erscheinen. Schon Mehemed
Ali hatte dem eigentlichen Ägypten Gebiete um Roten Meer mit wichtigen Hafen-
Plätzen sowie ganz Nubien und die Landschaften Tula, Sennar und Kordofan
hinzugefügt. Ismail Pascha aber erweiterte die Grenzen nach Süden und Süd-
Westen noch weit erheblicher. Er vergrößerte n. a. dnrch die Eroberung des
Sultanats Darfur sein Reich um vier ausgedehnte Provinzen, faßte an der
Küste von Habesch und in? Lande der Somali Fuß und unterwarf seiner Herr¬
schaft die Landstriche am gesamten Laufe deS Weißen Nil sowie den großer»
Teil derer am Gazellenflusse, sodaß der Chedive gegenwärtig über eine Länder¬
masse gebietet, die von ihrer nördlichen Grenze bis zu ihrer südlichen etwa 480
deutsche Meilen lang und von Westen nach Osten gemessen ungefähr 330 Meilen
breit ist, und die einen Gesnmmtnmfaug von rund 67 000 Quadratmeilen hat,
eine Fläche, welche zwei Dritteln des europäischen Rußland gleichkommt. In¬
deß fallen davon sehr ausgebreitete Strecken im Westen wie im Osten ans un¬
bewohnte und der Kultur gänzlich unzugängliche Wüsten, und der gewaltige


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[0105] [Abbildung] Ägypten und die heutigen Ägypter. i. cum das vielbegehrte lind eifrig umworbene Ägypten schon seit geraumer Zeit vie Blicke aller Politiker fesselt, so erklärt sich das nicht nur ans der Lage des Landes, dnrch welches für England die nächste and bequemste Handels, und Militärstraße nach Indien führt, und nicht blos; dnrans, daß Frankreich sich für verpflichtet erachtet, das Prestige, das es sich hier und anderwärts in Nordafrika erworben, vor jeder Schmälerung zu wahren, sondern bis zu einem gewissen Grade anch ans der Große des Reichs des Chedive. Ein Blick ans eine neue Karte von Ostnsrika läßt dieses Reich als sehr ausgedehnt erscheinen. Schon Mehemed Ali hatte dem eigentlichen Ägypten Gebiete um Roten Meer mit wichtigen Hafen- Plätzen sowie ganz Nubien und die Landschaften Tula, Sennar und Kordofan hinzugefügt. Ismail Pascha aber erweiterte die Grenzen nach Süden und Süd- Westen noch weit erheblicher. Er vergrößerte n. a. dnrch die Eroberung des Sultanats Darfur sein Reich um vier ausgedehnte Provinzen, faßte an der Küste von Habesch und in? Lande der Somali Fuß und unterwarf seiner Herr¬ schaft die Landstriche am gesamten Laufe deS Weißen Nil sowie den großer» Teil derer am Gazellenflusse, sodaß der Chedive gegenwärtig über eine Länder¬ masse gebietet, die von ihrer nördlichen Grenze bis zu ihrer südlichen etwa 480 deutsche Meilen lang und von Westen nach Osten gemessen ungefähr 330 Meilen breit ist, und die einen Gesnmmtnmfaug von rund 67 000 Quadratmeilen hat, eine Fläche, welche zwei Dritteln des europäischen Rußland gleichkommt. In¬ deß fallen davon sehr ausgebreitete Strecken im Westen wie im Osten ans un¬ bewohnte und der Kultur gänzlich unzugängliche Wüsten, und der gewaltige Greuztwte» III. I88J, N!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 41, 1882, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341835_193340/105>, abgerufen am 01.10.2024.