Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.Eduard von Hartmann als Politiker. und nur ein seinen Grenzen Zölle erhebt. Ein solcher Verein, dessen Glieder Dazu kommt, daß dem deutschen Reiche die Mittel geschafft werden mußten, Eduard von Hartmann als Politiker. und nur ein seinen Grenzen Zölle erhebt. Ein solcher Verein, dessen Glieder Dazu kommt, daß dem deutschen Reiche die Mittel geschafft werden mußten, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0541" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151263"/> <fw type="header" place="top"> Eduard von Hartmann als Politiker.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1758" prev="#ID_1757"> und nur ein seinen Grenzen Zölle erhebt. Ein solcher Verein, dessen Glieder<lb/> ungefähr auf gleicher wirthschaftlicher Culturstufe stehen würden, und dessen<lb/> Entwicklung mit dem Anschlusse Oesterreichs an den bisherigen Zollverein zu<lb/> beginnen hätte, würde im Verlaufe einiger Generationen so erstarken, daß man<lb/> nach und nach auch die Grenzzölle gegen England fallen lassen könnte. Die<lb/> Mittel, unsre Nachbarn für diesen Plan zu gewinnen und sie zunächst zu Tarif¬<lb/> herabsetzungen, dann zum Zollauschlusse zu bewegen, liegen im eignen wirth¬<lb/> schaftlichen Interesse dieser Nachbarn Deutschlands. „Nur wenn Deutschland<lb/> ihre Producte mit so hohen Zöllen belegt, daß der Wunsch nach Aenderung<lb/> des deutschen Tarifs bei ihnen überaus dringend wird, werden sie sich dazu<lb/> verstehen, ihrerseits Tarifzugeständnisfe zu machen, um solche von Deutschland<lb/> zu erlangen.. . . Darum ist heute in Deutschland derjenige der wahre inter¬<lb/> nationale Freihändler, der für Erhöhung des deutschen Tarifs stimmt, derjenige<lb/> aber ein Beförderer der internationalen Schutzzolltendeuzen, welcher in kurzsich¬<lb/> tigen Enthusiasmus für den Freihandel auf Ermäßigung des deutschen Tarifs<lb/> hinwirkt." Diese Politik fordert von weiten Interessenkreisen für die nächste<lb/> Zeit Opfer, und man dürfte sich fragen, ob es gerechtfertigt sei, für das Ideal<lb/> des Freihandels solche Opfer zu bringen, wenn dafür nicht ein andres Motiv<lb/> spräche. „Es ist nachgerade zur Lebensfrage für die deutsche Industrie ge<lb/> worden, ihr irgendwelches Absatzgebiet zu erhalten. Da es außer unsrer Macht<lb/> steht, ihr die durch erhöhte Zölle versperrten ausländischen Märkte sofort wieder<lb/> zu eröffnen, so wird es zur nationalen Pflicht, ihr vorläufig wenigstens den<lb/> heimischen Markt durch Schutz vor der drückendsten Concurrenz der fremden<lb/> Einfuhr zu rette».... Die Opfer der einen Interessenkreise werden überwogen<lb/> durch den Gewinn vieler andrer, sie werden gebieterisch gefordert durch die<lb/> Unterordnung der einzelnen Glieder unter das Wohl des Ganzen, durch die<lb/> Verpflichtung zu einer das Wirthschaftsniveau der Nation erhaltenen und er¬<lb/> höhenden Zoll- und Handelspolitik."</p><lb/> <p xml:id="ID_1759" next="#ID_1760"> Dazu kommt, daß dem deutschen Reiche die Mittel geschafft werden mußten,<lb/> seine Kriegstüchtigkeit zu behaupten und eventuell, mit Frankreich und Rußland<lb/> Schritt haltend, zu steigern. Die Einkommensteuer ließ sich uicht mehr erhöhen,<lb/> es mußte also zur Bedeckung des aus dem Militäretat entspringenden Deficits<lb/> auf Zölle und indirecte Steuern zurückgegriffen werden. „Indem so die Taris-<lb/> reform dazu diente, unsre nationale Existenz nach außen sicher zustellen, wurde<lb/> sie gleichzeitig zu einem wichtige,: Hilfsmittel für die Befestigung des Reiches<lb/> nach innen, insofern sie die Einzelstaaten aus widerwilligen Zahlern von Ma-<lb/> trieularbeiträgen in Kostgänger des Reiches umwandelte. Eben dadurch eröffnete<lb/> sie ferner den Einzelstaaten die Möglichkeit, die seit Erlaß des Freizügigkeits¬<lb/> gesetzes außerordentlich gewachsenen Schwierigkeiten der Communalbesteuerung<lb/> durch Uebernahme der Schul- und Armenlast auf den Staat zu lösen. So<lb/> lange Ortsansässigkeit die Regel bildete, war die Armenpflege selbstverständlich</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0541]
Eduard von Hartmann als Politiker.
und nur ein seinen Grenzen Zölle erhebt. Ein solcher Verein, dessen Glieder
ungefähr auf gleicher wirthschaftlicher Culturstufe stehen würden, und dessen
Entwicklung mit dem Anschlusse Oesterreichs an den bisherigen Zollverein zu
beginnen hätte, würde im Verlaufe einiger Generationen so erstarken, daß man
nach und nach auch die Grenzzölle gegen England fallen lassen könnte. Die
Mittel, unsre Nachbarn für diesen Plan zu gewinnen und sie zunächst zu Tarif¬
herabsetzungen, dann zum Zollauschlusse zu bewegen, liegen im eignen wirth¬
schaftlichen Interesse dieser Nachbarn Deutschlands. „Nur wenn Deutschland
ihre Producte mit so hohen Zöllen belegt, daß der Wunsch nach Aenderung
des deutschen Tarifs bei ihnen überaus dringend wird, werden sie sich dazu
verstehen, ihrerseits Tarifzugeständnisfe zu machen, um solche von Deutschland
zu erlangen.. . . Darum ist heute in Deutschland derjenige der wahre inter¬
nationale Freihändler, der für Erhöhung des deutschen Tarifs stimmt, derjenige
aber ein Beförderer der internationalen Schutzzolltendeuzen, welcher in kurzsich¬
tigen Enthusiasmus für den Freihandel auf Ermäßigung des deutschen Tarifs
hinwirkt." Diese Politik fordert von weiten Interessenkreisen für die nächste
Zeit Opfer, und man dürfte sich fragen, ob es gerechtfertigt sei, für das Ideal
des Freihandels solche Opfer zu bringen, wenn dafür nicht ein andres Motiv
spräche. „Es ist nachgerade zur Lebensfrage für die deutsche Industrie ge
worden, ihr irgendwelches Absatzgebiet zu erhalten. Da es außer unsrer Macht
steht, ihr die durch erhöhte Zölle versperrten ausländischen Märkte sofort wieder
zu eröffnen, so wird es zur nationalen Pflicht, ihr vorläufig wenigstens den
heimischen Markt durch Schutz vor der drückendsten Concurrenz der fremden
Einfuhr zu rette».... Die Opfer der einen Interessenkreise werden überwogen
durch den Gewinn vieler andrer, sie werden gebieterisch gefordert durch die
Unterordnung der einzelnen Glieder unter das Wohl des Ganzen, durch die
Verpflichtung zu einer das Wirthschaftsniveau der Nation erhaltenen und er¬
höhenden Zoll- und Handelspolitik."
Dazu kommt, daß dem deutschen Reiche die Mittel geschafft werden mußten,
seine Kriegstüchtigkeit zu behaupten und eventuell, mit Frankreich und Rußland
Schritt haltend, zu steigern. Die Einkommensteuer ließ sich uicht mehr erhöhen,
es mußte also zur Bedeckung des aus dem Militäretat entspringenden Deficits
auf Zölle und indirecte Steuern zurückgegriffen werden. „Indem so die Taris-
reform dazu diente, unsre nationale Existenz nach außen sicher zustellen, wurde
sie gleichzeitig zu einem wichtige,: Hilfsmittel für die Befestigung des Reiches
nach innen, insofern sie die Einzelstaaten aus widerwilligen Zahlern von Ma-
trieularbeiträgen in Kostgänger des Reiches umwandelte. Eben dadurch eröffnete
sie ferner den Einzelstaaten die Möglichkeit, die seit Erlaß des Freizügigkeits¬
gesetzes außerordentlich gewachsenen Schwierigkeiten der Communalbesteuerung
durch Uebernahme der Schul- und Armenlast auf den Staat zu lösen. So
lange Ortsansässigkeit die Regel bildete, war die Armenpflege selbstverständlich
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