Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.reuth färbt die Alpenfirnen mit Purpurgluth. O. von Kameele schildert die reuth färbt die Alpenfirnen mit Purpurgluth. O. von Kameele schildert die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0050" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150772"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_122" prev="#ID_121"> reuth färbt die Alpenfirnen mit Purpurgluth. O. von Kameele schildert die<lb/> Großartigkeit der Gletscherwelt, wobei er in Josef Jcinsen (Das Eismeer im<lb/> Chamounixthale bei les Praz) einen gefährlichen Rivalen gefunden hat, Berne-<lb/> witz von Loefen hat zur Abwechslung einen Ausflug nach der Oder gemacht,<lb/> Carl Scherres hat sich mit Glück in einer neuen melancholischen Stimmung<lb/> versucht, „Mondabend in früher Jahreszeit." Hermann Eschkes Strandbilder<lb/> von Süd-Wales zeichnen sich durch die oft bewunderten Lichtwirkungen aus, und<lb/> Hans Gudes „Küste von Lister in Norwegen" variirt das immer mit gleicher<lb/> Meisterschaft behandelte Thema des „gedrückten Sonnenlichts." Engen Bracht,<lb/> dem die Lüneburger Haide und Rügen schließlich zu eng geworden sind, hat<lb/> sich ein neues Gebiet mit großem Glück erschlossen. Er hat eine Reise nach<lb/> demi Orient unternommen, und zwar, seinem eigenartigen Hange folgend, um die<lb/> Natur in ihrer kümmerlichsten Erscheinungsform aufzusuchen, nach Palästina<lb/> und der Sinaihalbinsel. Die „Mondnacht in der Wüste" mit dein gestirnten<lb/> Himmel, der auf die gelagerte Karavane herabblickt, ist ein Bild von seltsamem<lb/> Reize. Es steht jedenfalls einzig in seiner Art da. Wenigstens erinnere ich<lb/> mich nicht, jemals ein derartiges Landschaftsmvtiv gesehen zu haben, ebenso¬<lb/> wenig wie die „Abenddämmerung am Todten Meer." Aber bei weitem effekt¬<lb/> voller als diese beiden Bilder ist die Sinaiansicht, eine schaurige Felseneinöde<lb/> im furchtbarsten Sonnenbrande, dessen Wirkungen man an dem mit großer Vir¬<lb/> tuosität geschilderten Flimmer» der Luft erkennen kann. Eine ganz neue Er¬<lb/> scheinung auf der Berliner Ausstellung ist der russische Landschaftsmaler Julius von<lb/> Klever, welcher einige Wald- und Strandmotive aus seiner Heimat mit derbem,<lb/> eindrucksvollem, aber schon hart an das Decorative streifenden Realismus be¬<lb/> handelt hat. Endlich ist Karl Saltzmann zu nennen, welcher als erste Frucht<lb/> einer Weltreise, die er auf der Corvette „Prinz Adalbert" mit dem Prinzen<lb/> Heinrich von Preußen unternommen, eine sehr dramatische Scene geschildert<lb/> hat: Das deutsche Kriegsschiff im Teifun an der Küste von Japan. Auch damit<lb/> ist ein neues Motiv gewonnen, da, soviel mir bekannt ist, noch kein Marine¬<lb/> maler, selbst Eduard Hildebrandt nicht, sich an die Darstellung dieses furchtbaren<lb/> Orkanes herangewagt hat. Saltzmann, ein Schiller Eschkes, ist ein tüchtiger<lb/> Colorist, dem kein Ton fehlt, um dieses grause Phänomen mit ergreifender<lb/> Wahrheit zu schildern. Unter dem Peitschen des Sturmes ist die Oberfläche<lb/> des Meeres in Schaum zerstäubt, der wie ein compacter Nebel über der blauen<lb/> Tiefe hin- und herwallt. Das winzige Schiff liegt ganz auf der Seite: ein<lb/> riesiger Wellenberg droht es im nächsten Augenblicke zu verschlingen. Wie<lb/> durch einen feuchten Schleier sieht man auf dem Verdeck die Gestalten von<lb/> ein paar Matrosen, welche in diesem ungeheuern Tumulte des Elements<lb/> muthig Stand halten. Der Sturm hat gerade die schwarzgraue Wolkenwand<lb/> an einer Stelle zerrissen, so daß das fahle Licht der Sonue auf die wilde See<lb/> blickt.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0050]
reuth färbt die Alpenfirnen mit Purpurgluth. O. von Kameele schildert die
Großartigkeit der Gletscherwelt, wobei er in Josef Jcinsen (Das Eismeer im
Chamounixthale bei les Praz) einen gefährlichen Rivalen gefunden hat, Berne-
witz von Loefen hat zur Abwechslung einen Ausflug nach der Oder gemacht,
Carl Scherres hat sich mit Glück in einer neuen melancholischen Stimmung
versucht, „Mondabend in früher Jahreszeit." Hermann Eschkes Strandbilder
von Süd-Wales zeichnen sich durch die oft bewunderten Lichtwirkungen aus, und
Hans Gudes „Küste von Lister in Norwegen" variirt das immer mit gleicher
Meisterschaft behandelte Thema des „gedrückten Sonnenlichts." Engen Bracht,
dem die Lüneburger Haide und Rügen schließlich zu eng geworden sind, hat
sich ein neues Gebiet mit großem Glück erschlossen. Er hat eine Reise nach
demi Orient unternommen, und zwar, seinem eigenartigen Hange folgend, um die
Natur in ihrer kümmerlichsten Erscheinungsform aufzusuchen, nach Palästina
und der Sinaihalbinsel. Die „Mondnacht in der Wüste" mit dein gestirnten
Himmel, der auf die gelagerte Karavane herabblickt, ist ein Bild von seltsamem
Reize. Es steht jedenfalls einzig in seiner Art da. Wenigstens erinnere ich
mich nicht, jemals ein derartiges Landschaftsmvtiv gesehen zu haben, ebenso¬
wenig wie die „Abenddämmerung am Todten Meer." Aber bei weitem effekt¬
voller als diese beiden Bilder ist die Sinaiansicht, eine schaurige Felseneinöde
im furchtbarsten Sonnenbrande, dessen Wirkungen man an dem mit großer Vir¬
tuosität geschilderten Flimmer» der Luft erkennen kann. Eine ganz neue Er¬
scheinung auf der Berliner Ausstellung ist der russische Landschaftsmaler Julius von
Klever, welcher einige Wald- und Strandmotive aus seiner Heimat mit derbem,
eindrucksvollem, aber schon hart an das Decorative streifenden Realismus be¬
handelt hat. Endlich ist Karl Saltzmann zu nennen, welcher als erste Frucht
einer Weltreise, die er auf der Corvette „Prinz Adalbert" mit dem Prinzen
Heinrich von Preußen unternommen, eine sehr dramatische Scene geschildert
hat: Das deutsche Kriegsschiff im Teifun an der Küste von Japan. Auch damit
ist ein neues Motiv gewonnen, da, soviel mir bekannt ist, noch kein Marine¬
maler, selbst Eduard Hildebrandt nicht, sich an die Darstellung dieses furchtbaren
Orkanes herangewagt hat. Saltzmann, ein Schiller Eschkes, ist ein tüchtiger
Colorist, dem kein Ton fehlt, um dieses grause Phänomen mit ergreifender
Wahrheit zu schildern. Unter dem Peitschen des Sturmes ist die Oberfläche
des Meeres in Schaum zerstäubt, der wie ein compacter Nebel über der blauen
Tiefe hin- und herwallt. Das winzige Schiff liegt ganz auf der Seite: ein
riesiger Wellenberg droht es im nächsten Augenblicke zu verschlingen. Wie
durch einen feuchten Schleier sieht man auf dem Verdeck die Gestalten von
ein paar Matrosen, welche in diesem ungeheuern Tumulte des Elements
muthig Stand halten. Der Sturm hat gerade die schwarzgraue Wolkenwand
an einer Stelle zerrissen, so daß das fahle Licht der Sonue auf die wilde See
blickt.
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