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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Die Frauen der italienischen Renaissance.

dabei natürlich auch nuf die Gunst, die Ihr allen gelehrten und tugendreichen
Leuten schenkt, selbst ausgezeichnet nicht minder durch Bildung als durch fromme
Sitten. Aus diesem Grunde ist meine Ehrfurcht für Euch ganz wunderbar ge¬
stiegen, und ich möchte dieselbe dereinst so gut ich kann durch eine Dedication
öffentlich an den Tag legen. Inzwischen sende ich als Geschenk das Leben des
Apollonius von Thana mit dem Büchlein des Eusebius gegen Hierolles in
griechischer und lateinischer Sprache, und serner die Gedichte des Gregor von
Nazianz mit lateinischer Uebersetzung, nicht unwürdig, gelesen zu werden, lauter
Werke, die ich unlängst habe drucken lassen und von denen ich glaube, daß sie
Ew. Herrlichkeit nicht mißfallen werden. Und obschon ich recht wohl weiß, daß
sie in ihrer Schmucklosigkeit kaum würdig sind, in göttliche Hände zu komme",
so glaubte ich es doch auf Antrieb unsres Asealonius und im Vertrauen auf
Eure Güte thun zu sollen, da ja, wie Euch bekannt, nur ein Schelm mehr
giebt als er hat. Möge denn meine Gabe bei Elo. Herrlichkeit als ein Zeugniß
meiner höchsten Verehrung Aufnahme finden."

Ariost, der von seinem Protector Jppolito d'Este, dem Bruder Jsabellas,
im Jahre 1507 zu ihr gesandt wurde, um sie aus Anlaß ihrer Entbindung
zu beglückwünschen, gewann während seines zweitägigen Aufenthaltes in Mantua
die volle Sympathie der geistreichen Frau. Sie war bezaubert von der fesselnden
Conversation des jungen Poeten, mit dem sie sich besonders über sein vor kurzem
begonnenes Epos unterhielt, und gab ihrer Befriedigung offenen Ausdruck in
einem Schreiben an ihren Vrndcr, der bekanntlich seinerseits so wenig Sinn
für Poesie besaß, daß er für den Dichter nach Lectüre seines Werkes nur die
wenig erhebende Frage gehabt haben soll: "Wo habt Ihr nur alle die Narr-
heiten her, Meister Lodovico?"

Ariost widmete seiner Gönnerin im 13. Gesänge seines Gedichts eine
Huldigung, indem er sie als hochsinnige Freundin erhabener Werke und
edler Studien feiert, von der es unentschieden sei, ob ihre Schönheit und
Anmuth oder ihre Weisheit und Tugend deu Vorzug verdiene, und die durch
ihren Glanz das Land erleuchte, welches von der Seherin Manto den Namen
erhalten.

Auch Vembo, Bernardo Tasso u. a. erfreuten sich ihrer Gunst und über¬
sandten ihr oft Producte ihrer Feder.

Ueber den idealen Neigungen, denen Jsabella sich hingab, versäumte sie
jedoch nicht im geringsten die Pflichten, die ihr als Landesherrin oblagen; dnrch
mehr als ein Beispiel ist erwiesen, daß sie, wo sie konnte, mit großer Welt¬
klugheit und politischem Verständniß in die oft so schwierigen Verhältnisse ein-
griff. die an einen kleinen Staat wie den ihrigen in jener wechselvollen und
unsicher" Zeit herantraten.

Seit 1519 Witwe, theilte sie den Rest ihres Lebens in die Erziehung ihrer
Kinder, die sie mit mütterlichster Sorgfalt überwachte, und in ihre Beschäftigung


"n'iizbvle" IV. 1881. V2
Die Frauen der italienischen Renaissance.

dabei natürlich auch nuf die Gunst, die Ihr allen gelehrten und tugendreichen
Leuten schenkt, selbst ausgezeichnet nicht minder durch Bildung als durch fromme
Sitten. Aus diesem Grunde ist meine Ehrfurcht für Euch ganz wunderbar ge¬
stiegen, und ich möchte dieselbe dereinst so gut ich kann durch eine Dedication
öffentlich an den Tag legen. Inzwischen sende ich als Geschenk das Leben des
Apollonius von Thana mit dem Büchlein des Eusebius gegen Hierolles in
griechischer und lateinischer Sprache, und serner die Gedichte des Gregor von
Nazianz mit lateinischer Uebersetzung, nicht unwürdig, gelesen zu werden, lauter
Werke, die ich unlängst habe drucken lassen und von denen ich glaube, daß sie
Ew. Herrlichkeit nicht mißfallen werden. Und obschon ich recht wohl weiß, daß
sie in ihrer Schmucklosigkeit kaum würdig sind, in göttliche Hände zu komme»,
so glaubte ich es doch auf Antrieb unsres Asealonius und im Vertrauen auf
Eure Güte thun zu sollen, da ja, wie Euch bekannt, nur ein Schelm mehr
giebt als er hat. Möge denn meine Gabe bei Elo. Herrlichkeit als ein Zeugniß
meiner höchsten Verehrung Aufnahme finden."

Ariost, der von seinem Protector Jppolito d'Este, dem Bruder Jsabellas,
im Jahre 1507 zu ihr gesandt wurde, um sie aus Anlaß ihrer Entbindung
zu beglückwünschen, gewann während seines zweitägigen Aufenthaltes in Mantua
die volle Sympathie der geistreichen Frau. Sie war bezaubert von der fesselnden
Conversation des jungen Poeten, mit dem sie sich besonders über sein vor kurzem
begonnenes Epos unterhielt, und gab ihrer Befriedigung offenen Ausdruck in
einem Schreiben an ihren Vrndcr, der bekanntlich seinerseits so wenig Sinn
für Poesie besaß, daß er für den Dichter nach Lectüre seines Werkes nur die
wenig erhebende Frage gehabt haben soll: „Wo habt Ihr nur alle die Narr-
heiten her, Meister Lodovico?"

Ariost widmete seiner Gönnerin im 13. Gesänge seines Gedichts eine
Huldigung, indem er sie als hochsinnige Freundin erhabener Werke und
edler Studien feiert, von der es unentschieden sei, ob ihre Schönheit und
Anmuth oder ihre Weisheit und Tugend deu Vorzug verdiene, und die durch
ihren Glanz das Land erleuchte, welches von der Seherin Manto den Namen
erhalten.

Auch Vembo, Bernardo Tasso u. a. erfreuten sich ihrer Gunst und über¬
sandten ihr oft Producte ihrer Feder.

Ueber den idealen Neigungen, denen Jsabella sich hingab, versäumte sie
jedoch nicht im geringsten die Pflichten, die ihr als Landesherrin oblagen; dnrch
mehr als ein Beispiel ist erwiesen, daß sie, wo sie konnte, mit großer Welt¬
klugheit und politischem Verständniß in die oft so schwierigen Verhältnisse ein-
griff. die an einen kleinen Staat wie den ihrigen in jener wechselvollen und
unsicher» Zeit herantraten.

Seit 1519 Witwe, theilte sie den Rest ihres Lebens in die Erziehung ihrer
Kinder, die sie mit mütterlichster Sorgfalt überwachte, und in ihre Beschäftigung


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[0411] Die Frauen der italienischen Renaissance. dabei natürlich auch nuf die Gunst, die Ihr allen gelehrten und tugendreichen Leuten schenkt, selbst ausgezeichnet nicht minder durch Bildung als durch fromme Sitten. Aus diesem Grunde ist meine Ehrfurcht für Euch ganz wunderbar ge¬ stiegen, und ich möchte dieselbe dereinst so gut ich kann durch eine Dedication öffentlich an den Tag legen. Inzwischen sende ich als Geschenk das Leben des Apollonius von Thana mit dem Büchlein des Eusebius gegen Hierolles in griechischer und lateinischer Sprache, und serner die Gedichte des Gregor von Nazianz mit lateinischer Uebersetzung, nicht unwürdig, gelesen zu werden, lauter Werke, die ich unlängst habe drucken lassen und von denen ich glaube, daß sie Ew. Herrlichkeit nicht mißfallen werden. Und obschon ich recht wohl weiß, daß sie in ihrer Schmucklosigkeit kaum würdig sind, in göttliche Hände zu komme», so glaubte ich es doch auf Antrieb unsres Asealonius und im Vertrauen auf Eure Güte thun zu sollen, da ja, wie Euch bekannt, nur ein Schelm mehr giebt als er hat. Möge denn meine Gabe bei Elo. Herrlichkeit als ein Zeugniß meiner höchsten Verehrung Aufnahme finden." Ariost, der von seinem Protector Jppolito d'Este, dem Bruder Jsabellas, im Jahre 1507 zu ihr gesandt wurde, um sie aus Anlaß ihrer Entbindung zu beglückwünschen, gewann während seines zweitägigen Aufenthaltes in Mantua die volle Sympathie der geistreichen Frau. Sie war bezaubert von der fesselnden Conversation des jungen Poeten, mit dem sie sich besonders über sein vor kurzem begonnenes Epos unterhielt, und gab ihrer Befriedigung offenen Ausdruck in einem Schreiben an ihren Vrndcr, der bekanntlich seinerseits so wenig Sinn für Poesie besaß, daß er für den Dichter nach Lectüre seines Werkes nur die wenig erhebende Frage gehabt haben soll: „Wo habt Ihr nur alle die Narr- heiten her, Meister Lodovico?" Ariost widmete seiner Gönnerin im 13. Gesänge seines Gedichts eine Huldigung, indem er sie als hochsinnige Freundin erhabener Werke und edler Studien feiert, von der es unentschieden sei, ob ihre Schönheit und Anmuth oder ihre Weisheit und Tugend deu Vorzug verdiene, und die durch ihren Glanz das Land erleuchte, welches von der Seherin Manto den Namen erhalten. Auch Vembo, Bernardo Tasso u. a. erfreuten sich ihrer Gunst und über¬ sandten ihr oft Producte ihrer Feder. Ueber den idealen Neigungen, denen Jsabella sich hingab, versäumte sie jedoch nicht im geringsten die Pflichten, die ihr als Landesherrin oblagen; dnrch mehr als ein Beispiel ist erwiesen, daß sie, wo sie konnte, mit großer Welt¬ klugheit und politischem Verständniß in die oft so schwierigen Verhältnisse ein- griff. die an einen kleinen Staat wie den ihrigen in jener wechselvollen und unsicher» Zeit herantraten. Seit 1519 Witwe, theilte sie den Rest ihres Lebens in die Erziehung ihrer Kinder, die sie mit mütterlichster Sorgfalt überwachte, und in ihre Beschäftigung «n'iizbvle» IV. 1881. V2

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/411>, abgerufen am 16.01.2025.