Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsche palästincifcchrtm.

ist, müssen zwei Leibarzte und zwei Wundärzte komme" und verordnen, was
man ihnen zu essen geben soll. Zur Essenszeit muß ein "Sanct Johcmnsser Herr"
vor dem Essen, das man einem Jeglichen bringt, mit seinem Stocke gehen und
es einem jeden Kranken selbst geben, gerade wie man es an dem Hofe eines
großen Fürsten thut. Außerdem haben sie ihren köstlichen Trank von Zucker-
masser und Wein, auch andern Trank, je nachdem die Aerzte verordnen. Nach¬
mittags machen diese noch einen Besuch, und dann giebt man jedem noch einen
grünen Ingwer zu essen oder Latwerge oder sonst etwas, was man in Deutsch¬
land Gnmpost nennt. Dann giebt man ihnen einen Trank mit Zuckarn Rosato,
das giebt dem Mensche" gute Kraft. Und vier Knechte sind bei den Kranken,
die da Wacht thun müssen, wo es noth ist; einem das Bett machen, ihn heben
und umherführen, wie es der Menschen Art und Gewohnheit ist, die viel und
mancherlei Anfechtungen und Unruhe haben. Wenn anch kein anderes gutes
Werk in Rhodus geschähe, als dieses, so verdienten sie dennoch allen Dank.
So hat man auch für einen jeden Kranken sein Silbergeschirr, Schüssel und
Löffel, desgleichen eine silberne Schale, was doch recht hübsch ist. An den
vier hohen Festtagen gießt man den Kranken das Wasser aus silberner Kanne
ans die Hände, während sie an andern Tagen schlicht Messing haben." Der
Silberschatz der Rhodiser im Spital war damals an 16 000 Dukaten werth.

Ebenso hänfig und ausführlich wie von Rhodus wird auch von Cypern
erzählt. Die Städte und ihre Bewohner, die Johanuesbrotbanmwäldcr, die
großen Salzlager, die Erinnerungen an die heilige Katharina und die Zeiten
des cyprischen Königreichs -- alles dies zieht die Pilger an. Höchst erschreckt
werden die guten Deutschen durch die häufigen Erdbeben, die "fast geräuschlich"
sind. Als Dietrich von Schachten auf Cypern war, zerstörte es fast ganz Ni¬
kosia, und unter andern Gebänden auch die Hauptkirche, hinter deren Altar
eine Gruft zu Tage kam, in der ein König im vollen Schmucke und noch ganz
"frisch" lag.

Auf beiden Inseln war das Klima und die Verlockung, den feurigen Wein
ungemischt zu trinke" (während in verschiedenen Instructionen gerathen wird,
ein Maß Wein in vier Maß Wasser zu gießen), den Deutschen höchst gefährlich.
Viele sind heftig erkrankt, und so mancher hat dort sein Grab gefunden. Oft
war Krankheit oder Tod auch auf den andern Diätfehler zurückzuführen, daß
man zu kalt trank und zu viel Früchte aß. Sehr naiv erzählt uns dies ein
Gedicht Hans Schneiders, der die vom Herzog Christoph von Baiern 1493
unternommene Pilgerfahrt beschrieben hat:'


. . . IwI'Wox öl'istot vol 8utÄN
^.M Kwssu lust Kat ÜU nitor,
1)hö ist in tsüsoil fra vMksI Avusnt,
^in xut Kam 1,M dar mit KA'vnd,,
Aviu Kor Ä8 soin suokt so,
Dos ^vlvioliou um wÄ" i,.av1w!M,

Deutsche palästincifcchrtm.

ist, müssen zwei Leibarzte und zwei Wundärzte komme» und verordnen, was
man ihnen zu essen geben soll. Zur Essenszeit muß ein „Sanct Johcmnsser Herr"
vor dem Essen, das man einem Jeglichen bringt, mit seinem Stocke gehen und
es einem jeden Kranken selbst geben, gerade wie man es an dem Hofe eines
großen Fürsten thut. Außerdem haben sie ihren köstlichen Trank von Zucker-
masser und Wein, auch andern Trank, je nachdem die Aerzte verordnen. Nach¬
mittags machen diese noch einen Besuch, und dann giebt man jedem noch einen
grünen Ingwer zu essen oder Latwerge oder sonst etwas, was man in Deutsch¬
land Gnmpost nennt. Dann giebt man ihnen einen Trank mit Zuckarn Rosato,
das giebt dem Mensche» gute Kraft. Und vier Knechte sind bei den Kranken,
die da Wacht thun müssen, wo es noth ist; einem das Bett machen, ihn heben
und umherführen, wie es der Menschen Art und Gewohnheit ist, die viel und
mancherlei Anfechtungen und Unruhe haben. Wenn anch kein anderes gutes
Werk in Rhodus geschähe, als dieses, so verdienten sie dennoch allen Dank.
So hat man auch für einen jeden Kranken sein Silbergeschirr, Schüssel und
Löffel, desgleichen eine silberne Schale, was doch recht hübsch ist. An den
vier hohen Festtagen gießt man den Kranken das Wasser aus silberner Kanne
ans die Hände, während sie an andern Tagen schlicht Messing haben." Der
Silberschatz der Rhodiser im Spital war damals an 16 000 Dukaten werth.

Ebenso hänfig und ausführlich wie von Rhodus wird auch von Cypern
erzählt. Die Städte und ihre Bewohner, die Johanuesbrotbanmwäldcr, die
großen Salzlager, die Erinnerungen an die heilige Katharina und die Zeiten
des cyprischen Königreichs — alles dies zieht die Pilger an. Höchst erschreckt
werden die guten Deutschen durch die häufigen Erdbeben, die „fast geräuschlich"
sind. Als Dietrich von Schachten auf Cypern war, zerstörte es fast ganz Ni¬
kosia, und unter andern Gebänden auch die Hauptkirche, hinter deren Altar
eine Gruft zu Tage kam, in der ein König im vollen Schmucke und noch ganz
„frisch" lag.

Auf beiden Inseln war das Klima und die Verlockung, den feurigen Wein
ungemischt zu trinke» (während in verschiedenen Instructionen gerathen wird,
ein Maß Wein in vier Maß Wasser zu gießen), den Deutschen höchst gefährlich.
Viele sind heftig erkrankt, und so mancher hat dort sein Grab gefunden. Oft
war Krankheit oder Tod auch auf den andern Diätfehler zurückzuführen, daß
man zu kalt trank und zu viel Früchte aß. Sehr naiv erzählt uns dies ein
Gedicht Hans Schneiders, der die vom Herzog Christoph von Baiern 1493
unternommene Pilgerfahrt beschrieben hat:'


. . . IwI'Wox öl'istot vol 8utÄN
^.M Kwssu lust Kat ÜU nitor,
1)hö ist in tsüsoil fra vMksI Avusnt,
^in xut Kam 1,M dar mit KA'vnd,,
Aviu Kor Ä8 soin suokt so,
Dos ^vlvioliou um wÄ» i,.av1w!M,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0285" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/151007"/>
          <fw type="header" place="top"> Deutsche palästincifcchrtm.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_955" prev="#ID_954"> ist, müssen zwei Leibarzte und zwei Wundärzte komme» und verordnen, was<lb/>
man ihnen zu essen geben soll. Zur Essenszeit muß ein &#x201E;Sanct Johcmnsser Herr"<lb/>
vor dem Essen, das man einem Jeglichen bringt, mit seinem Stocke gehen und<lb/>
es einem jeden Kranken selbst geben, gerade wie man es an dem Hofe eines<lb/>
großen Fürsten thut. Außerdem haben sie ihren köstlichen Trank von Zucker-<lb/>
masser und Wein, auch andern Trank, je nachdem die Aerzte verordnen. Nach¬<lb/>
mittags machen diese noch einen Besuch, und dann giebt man jedem noch einen<lb/>
grünen Ingwer zu essen oder Latwerge oder sonst etwas, was man in Deutsch¬<lb/>
land Gnmpost nennt. Dann giebt man ihnen einen Trank mit Zuckarn Rosato,<lb/>
das giebt dem Mensche» gute Kraft. Und vier Knechte sind bei den Kranken,<lb/>
die da Wacht thun müssen, wo es noth ist; einem das Bett machen, ihn heben<lb/>
und umherführen, wie es der Menschen Art und Gewohnheit ist, die viel und<lb/>
mancherlei Anfechtungen und Unruhe haben. Wenn anch kein anderes gutes<lb/>
Werk in Rhodus geschähe, als dieses, so verdienten sie dennoch allen Dank.<lb/>
So hat man auch für einen jeden Kranken sein Silbergeschirr, Schüssel und<lb/>
Löffel, desgleichen eine silberne Schale, was doch recht hübsch ist. An den<lb/>
vier hohen Festtagen gießt man den Kranken das Wasser aus silberner Kanne<lb/>
ans die Hände, während sie an andern Tagen schlicht Messing haben." Der<lb/>
Silberschatz der Rhodiser im Spital war damals an 16 000 Dukaten werth.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_956"> Ebenso hänfig und ausführlich wie von Rhodus wird auch von Cypern<lb/>
erzählt. Die Städte und ihre Bewohner, die Johanuesbrotbanmwäldcr, die<lb/>
großen Salzlager, die Erinnerungen an die heilige Katharina und die Zeiten<lb/>
des cyprischen Königreichs &#x2014; alles dies zieht die Pilger an. Höchst erschreckt<lb/>
werden die guten Deutschen durch die häufigen Erdbeben, die &#x201E;fast geräuschlich"<lb/>
sind. Als Dietrich von Schachten auf Cypern war, zerstörte es fast ganz Ni¬<lb/>
kosia, und unter andern Gebänden auch die Hauptkirche, hinter deren Altar<lb/>
eine Gruft zu Tage kam, in der ein König im vollen Schmucke und noch ganz<lb/>
&#x201E;frisch" lag.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_957"> Auf beiden Inseln war das Klima und die Verlockung, den feurigen Wein<lb/>
ungemischt zu trinke» (während in verschiedenen Instructionen gerathen wird,<lb/>
ein Maß Wein in vier Maß Wasser zu gießen), den Deutschen höchst gefährlich.<lb/>
Viele sind heftig erkrankt, und so mancher hat dort sein Grab gefunden. Oft<lb/>
war Krankheit oder Tod auch auf den andern Diätfehler zurückzuführen, daß<lb/>
man zu kalt trank und zu viel Früchte aß. Sehr naiv erzählt uns dies ein<lb/>
Gedicht Hans Schneiders, der die vom Herzog Christoph von Baiern 1493<lb/>
unternommene Pilgerfahrt beschrieben hat:'</p><lb/>
          <quote> . . . IwI'Wox öl'istot vol 8utÄN<lb/>
^.M Kwssu lust Kat ÜU nitor,<lb/>
1)hö ist in tsüsoil fra vMksI Avusnt,<lb/>
^in xut Kam 1,M dar mit KA'vnd,,<lb/>
Aviu Kor Ä8 soin suokt so,<lb/>
Dos ^vlvioliou um wÄ» i,.av1w!M,</quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0285] Deutsche palästincifcchrtm. ist, müssen zwei Leibarzte und zwei Wundärzte komme» und verordnen, was man ihnen zu essen geben soll. Zur Essenszeit muß ein „Sanct Johcmnsser Herr" vor dem Essen, das man einem Jeglichen bringt, mit seinem Stocke gehen und es einem jeden Kranken selbst geben, gerade wie man es an dem Hofe eines großen Fürsten thut. Außerdem haben sie ihren köstlichen Trank von Zucker- masser und Wein, auch andern Trank, je nachdem die Aerzte verordnen. Nach¬ mittags machen diese noch einen Besuch, und dann giebt man jedem noch einen grünen Ingwer zu essen oder Latwerge oder sonst etwas, was man in Deutsch¬ land Gnmpost nennt. Dann giebt man ihnen einen Trank mit Zuckarn Rosato, das giebt dem Mensche» gute Kraft. Und vier Knechte sind bei den Kranken, die da Wacht thun müssen, wo es noth ist; einem das Bett machen, ihn heben und umherführen, wie es der Menschen Art und Gewohnheit ist, die viel und mancherlei Anfechtungen und Unruhe haben. Wenn anch kein anderes gutes Werk in Rhodus geschähe, als dieses, so verdienten sie dennoch allen Dank. So hat man auch für einen jeden Kranken sein Silbergeschirr, Schüssel und Löffel, desgleichen eine silberne Schale, was doch recht hübsch ist. An den vier hohen Festtagen gießt man den Kranken das Wasser aus silberner Kanne ans die Hände, während sie an andern Tagen schlicht Messing haben." Der Silberschatz der Rhodiser im Spital war damals an 16 000 Dukaten werth. Ebenso hänfig und ausführlich wie von Rhodus wird auch von Cypern erzählt. Die Städte und ihre Bewohner, die Johanuesbrotbanmwäldcr, die großen Salzlager, die Erinnerungen an die heilige Katharina und die Zeiten des cyprischen Königreichs — alles dies zieht die Pilger an. Höchst erschreckt werden die guten Deutschen durch die häufigen Erdbeben, die „fast geräuschlich" sind. Als Dietrich von Schachten auf Cypern war, zerstörte es fast ganz Ni¬ kosia, und unter andern Gebänden auch die Hauptkirche, hinter deren Altar eine Gruft zu Tage kam, in der ein König im vollen Schmucke und noch ganz „frisch" lag. Auf beiden Inseln war das Klima und die Verlockung, den feurigen Wein ungemischt zu trinke» (während in verschiedenen Instructionen gerathen wird, ein Maß Wein in vier Maß Wasser zu gießen), den Deutschen höchst gefährlich. Viele sind heftig erkrankt, und so mancher hat dort sein Grab gefunden. Oft war Krankheit oder Tod auch auf den andern Diätfehler zurückzuführen, daß man zu kalt trank und zu viel Früchte aß. Sehr naiv erzählt uns dies ein Gedicht Hans Schneiders, der die vom Herzog Christoph von Baiern 1493 unternommene Pilgerfahrt beschrieben hat:' . . . IwI'Wox öl'istot vol 8utÄN ^.M Kwssu lust Kat ÜU nitor, 1)hö ist in tsüsoil fra vMksI Avusnt, ^in xut Kam 1,M dar mit KA'vnd,, Aviu Kor Ä8 soin suokt so, Dos ^vlvioliou um wÄ» i,.av1w!M,

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/285
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/285>, abgerufen am 16.01.2025.