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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal.

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Der Porträtmaler unsrer Llassiker.

und die vortrefflichen Kunstsammlungen derselben zu bewundern und zu benutzen
begonnen, als ihm auch der Aufenthalt schon wieder verleidet wurde. Die
Jnnuugsmeister beschwerten sich -- eine Erscheinung, die sich im 17. und noch
bis tief ins 18. Jahrhundert herein überall zwischen den freien Künstlern und
den handwerksmäßigen Zunftmnlern wiederholte --, daß der junge Fremde ihnen
Eintrag thue, und verlangten, er solle entweder seiner Beschäftigung entsagen
oder die Stadt räumen. Antoni wühlte das letztere.

Er lenkte nun seine Schritte nach Ansbach zu dem Hofmaler Schneider,
an den ihn Haid empfohlen hatte. Vielleicht hätte er aber auch dort -- er¬
zählt Heidegger launig -- "wenig Aufenthalt gefunden, wenn nicht die Frau
Hofmalerin ihn um seiner glücklichen Gesichtsbildung und, da er ein ehrlicher
Schweizer war, begünstigt Hütte. Sobald er Arbeit verlangte, fragte dieses
Frauenzimmer, ob er auch fleißig wäre? Es war die natürlichste Antwort ja
zu sagen, und sogleich fand er bei ihr Arbeit. Man führte ihn auf das Maler¬
zimmer, gab Staffelei, Farb und Pinsel her, um das Porträt Sr. Majestät
von Preußen zu eopiren, und die Frau Hofmalerin zog sich zurück. Eine starke
Probe! Dennoch gelang es ihm: binnen zwei Tagen war das Probestück fertig.
Da nun dergleichen Porträts damals den meisten Kauf fanden, so waren sie
Beschäftigung für einige Monate für unsern Künstler. Er bekam auch solche
Fertigkeit darin, daß er zuletzt jeden halben Tag eins fertig machte. Anfänglich
noch setzte die Frau Hofmalcrin des Schweizers Fleiß auf die Probe, sie horchte
an der Thüre, ob sie malen höre, dann lief sie zu ihrem Herrn und sagte:
Der Schweizer ist so fleißig, daß die Staffelei wackelt. Das war nun für Graff
eine Schule zur Geschwindigkeit, dabei gewann er Geld für sich und Herrn
Schneider und zudem noch die Freundschaft der Frau Hofmalerin und ihrer
Tochter, welche eben nicht unartig waren." In der That mußte Graff in Ansbach
fast ein Jahr lang immer und immer wieder das Bild Friedrichs des Großen
malen, das damals, nach dem Ausbruch des siebenjährigen Krieges, von jeder¬
mann begehrt wurde. Als Borlage benutzte er dabei ein Porträt, das die Schwester
des Königs, die verwitwete Markgräfin, in Berlin hatte anfertigen lassen. Sicherlich
hat er sich bei dieser Arbeit, so langweilig sie war, doch jene erstaunliche Hand¬
fertigkeit erworben, die ihm von nun an durch sein ganzes Leben begleitete.
Aber auch an höhern künstlerischen Anregungen fehlte es ihm in Ansbach nicht. Im
markgräflichen Schlosse sah er zum erstenmale Bilder von Rigaud und von Kupetzky.
Kupetzky betonte in seinen Porträts nur Kopf und Hände und vernachlässigte
die Draperie; Rigauds Stärke dagegen lag gerade in der schönen Behandlung
der letztern. Graff hat beide Vorzüge seitdem in seinen Bildern zu vereinigen
gesucht. Leider gerieth sein Lehrherr, soviel er auch Geld verdiente, durch schlechte
Wirthschaft in Schulden und wurde endlich auf Veranlassung des Markgrafen
eingesteckt. Ein Glück, daß zwei Tage vor der Verhaftung Schneiders, im
Februar 1759, ein Brief von Haid anlangte mit der Nachricht, Graff könne,


Der Porträtmaler unsrer Llassiker.

und die vortrefflichen Kunstsammlungen derselben zu bewundern und zu benutzen
begonnen, als ihm auch der Aufenthalt schon wieder verleidet wurde. Die
Jnnuugsmeister beschwerten sich — eine Erscheinung, die sich im 17. und noch
bis tief ins 18. Jahrhundert herein überall zwischen den freien Künstlern und
den handwerksmäßigen Zunftmnlern wiederholte —, daß der junge Fremde ihnen
Eintrag thue, und verlangten, er solle entweder seiner Beschäftigung entsagen
oder die Stadt räumen. Antoni wühlte das letztere.

Er lenkte nun seine Schritte nach Ansbach zu dem Hofmaler Schneider,
an den ihn Haid empfohlen hatte. Vielleicht hätte er aber auch dort — er¬
zählt Heidegger launig — „wenig Aufenthalt gefunden, wenn nicht die Frau
Hofmalerin ihn um seiner glücklichen Gesichtsbildung und, da er ein ehrlicher
Schweizer war, begünstigt Hütte. Sobald er Arbeit verlangte, fragte dieses
Frauenzimmer, ob er auch fleißig wäre? Es war die natürlichste Antwort ja
zu sagen, und sogleich fand er bei ihr Arbeit. Man führte ihn auf das Maler¬
zimmer, gab Staffelei, Farb und Pinsel her, um das Porträt Sr. Majestät
von Preußen zu eopiren, und die Frau Hofmalerin zog sich zurück. Eine starke
Probe! Dennoch gelang es ihm: binnen zwei Tagen war das Probestück fertig.
Da nun dergleichen Porträts damals den meisten Kauf fanden, so waren sie
Beschäftigung für einige Monate für unsern Künstler. Er bekam auch solche
Fertigkeit darin, daß er zuletzt jeden halben Tag eins fertig machte. Anfänglich
noch setzte die Frau Hofmalcrin des Schweizers Fleiß auf die Probe, sie horchte
an der Thüre, ob sie malen höre, dann lief sie zu ihrem Herrn und sagte:
Der Schweizer ist so fleißig, daß die Staffelei wackelt. Das war nun für Graff
eine Schule zur Geschwindigkeit, dabei gewann er Geld für sich und Herrn
Schneider und zudem noch die Freundschaft der Frau Hofmalerin und ihrer
Tochter, welche eben nicht unartig waren." In der That mußte Graff in Ansbach
fast ein Jahr lang immer und immer wieder das Bild Friedrichs des Großen
malen, das damals, nach dem Ausbruch des siebenjährigen Krieges, von jeder¬
mann begehrt wurde. Als Borlage benutzte er dabei ein Porträt, das die Schwester
des Königs, die verwitwete Markgräfin, in Berlin hatte anfertigen lassen. Sicherlich
hat er sich bei dieser Arbeit, so langweilig sie war, doch jene erstaunliche Hand¬
fertigkeit erworben, die ihm von nun an durch sein ganzes Leben begleitete.
Aber auch an höhern künstlerischen Anregungen fehlte es ihm in Ansbach nicht. Im
markgräflichen Schlosse sah er zum erstenmale Bilder von Rigaud und von Kupetzky.
Kupetzky betonte in seinen Porträts nur Kopf und Hände und vernachlässigte
die Draperie; Rigauds Stärke dagegen lag gerade in der schönen Behandlung
der letztern. Graff hat beide Vorzüge seitdem in seinen Bildern zu vereinigen
gesucht. Leider gerieth sein Lehrherr, soviel er auch Geld verdiente, durch schlechte
Wirthschaft in Schulden und wurde endlich auf Veranlassung des Markgrafen
eingesteckt. Ein Glück, daß zwei Tage vor der Verhaftung Schneiders, im
Februar 1759, ein Brief von Haid anlangte mit der Nachricht, Graff könne,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157970/158>, abgerufen am 15.01.2025.