Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Jas Attentat in Washington. Aemter, diesem vielleicht schlimmsten Uebel, an dem die nordamerikanische Union Als unmittelbar nach der Inauguration Garfields der Bnndessenat in Jas Attentat in Washington. Aemter, diesem vielleicht schlimmsten Uebel, an dem die nordamerikanische Union Als unmittelbar nach der Inauguration Garfields der Bnndessenat in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0098" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150248"/> <fw type="header" place="top"> Jas Attentat in Washington.</fw><lb/> <p xml:id="ID_266" prev="#ID_265"> Aemter, diesem vielleicht schlimmsten Uebel, an dem die nordamerikanische Union<lb/> seit mehr als fünfzig Jahren leidet, theils im Bundcsscnate zu Washington City,<lb/> theils später in der Legislatur zu Albnuy, der Hauptstadt des Staates New-<lb/> York, auf politischem Gebiete abspielten, den Aemterjäger Gnitean zu seiner ruch¬<lb/> losen That veranlaßten. Der physisch und moralisch tiefgesnnkne Stellenjäger<lb/> wollte aus persönlicher Rache in Garficld denjenigen treffen, der ihm die Er¬<lb/> nennung zu einem öffentlichen Amte verweigerte, zugleich aber wollte er auch<lb/> dieser That einen gewissen Nimbus verleihen, indem er dnrch die Ermordung<lb/> Garfields den Mann aus dem Wege räumte, der seit Beginn seiner Präsident¬<lb/> schaft als ein cutschicduer Geguer der sogenannten „StalwartS," d. h. jener<lb/> politischen Parteifraction aufgetreten war, welche eine selbstsüchtige Jntcressen-<lb/> und Bentepolitik zu ihrem leitende» Princip erhoben hat. Zu dieser Fraction<lb/> gehöre» vorzugsweise die Anhänger des Ex-Präsidenten Grant und deren Haupt¬<lb/> führer, der frühere Bundessenator Rvseoe Conkling aus New-York.</p><lb/> <p xml:id="ID_267" next="#ID_268"> Als unmittelbar nach der Inauguration Garfields der Bnndessenat in<lb/> Washington City zu einer Exeeutiv-Sitzung zusammentrat, um die vom Präsi¬<lb/> denten gemachten Amtsernennnngen in Berathung zu ziehen, da war es, allen<lb/> andern voran, der Senator Conkling, welcher Opposition machte und die Be¬<lb/> stätigung verschiedener, von Gcirfield für Staatsämter vvrgeschlagnen Candidaten<lb/> bekämpfte. Zumeist war er gegen die Bestätigung des Herrn Robertson, eines<lb/> Gegners von Grant, den der Präsident zum Zollhnnseollcetvr in der Stadt<lb/> New-York ernannt hatte. Conkling gab sich zunächst alle mögliche Mühe, den<lb/> Präsidenten zur Zurückziehung der betreffenden Ernennung zu dränge». Dies<lb/> war umsonst. Dann versuchte er vermittelst einer im republikanischen Cauers,<lb/> d. h. in einer gebeuren Parteiversammlung der republikanischen Senatoren, durch¬<lb/> gesetzten Geschäftsordnung die Erwägung von Robertsons Nomination zu hinter¬<lb/> treiben. Auch das gelang nicht. Ebenso vergeblich waren Conklings Bemühungen,<lb/> eine Mehrheit der Senatoren für die Verwerfung der in Rede stehenden Ernennung<lb/> zu organisiren. Als er endlich fand, daß alle seine Kunstgriffe und Intriguen<lb/> nichts helfen wollten und daß der Senat gewiß die Nomination Robertsons in Er¬<lb/> wägung ziehen und bestätigen würde, da reichte er seine Resignation als Bnndes-<lb/> senator ein, begründete dieselbe in einem pomphaften Briefe um den Gouverneur von<lb/> New-York, und sein ihm gehorsamer College Platt folgte seinem Beispiele. Die<lb/> beiden Senatoren von New-York, Conkling und Platt, resignirten also nicht nach<lb/> einem unglücklichen Kampfe für ein das Wohl der Nation berührendes Gesetz,<lb/> nicht wegen eines die internationalen Beziehungen der Union bestimmenden Ver¬<lb/> trages, sondern nur wegen eines Amtes, eines Stücks der Beute. Noch niemals<lb/> zuvor hat dies ein amerikanischer Bundesscnator gethan. Für das Amt des<lb/> Zollhauseollectors in New-York riskirte Conkling, der Hauptführer der Grant¬<lb/> partei, seine politische Existenz. Es war gewiß ein unwürdiges Schauspiel, das<lb/> von einem Senator dem amerikanischen Volke geboten wurde, aber es entflammte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0098]
Jas Attentat in Washington.
Aemter, diesem vielleicht schlimmsten Uebel, an dem die nordamerikanische Union
seit mehr als fünfzig Jahren leidet, theils im Bundcsscnate zu Washington City,
theils später in der Legislatur zu Albnuy, der Hauptstadt des Staates New-
York, auf politischem Gebiete abspielten, den Aemterjäger Gnitean zu seiner ruch¬
losen That veranlaßten. Der physisch und moralisch tiefgesnnkne Stellenjäger
wollte aus persönlicher Rache in Garficld denjenigen treffen, der ihm die Er¬
nennung zu einem öffentlichen Amte verweigerte, zugleich aber wollte er auch
dieser That einen gewissen Nimbus verleihen, indem er dnrch die Ermordung
Garfields den Mann aus dem Wege räumte, der seit Beginn seiner Präsident¬
schaft als ein cutschicduer Geguer der sogenannten „StalwartS," d. h. jener
politischen Parteifraction aufgetreten war, welche eine selbstsüchtige Jntcressen-
und Bentepolitik zu ihrem leitende» Princip erhoben hat. Zu dieser Fraction
gehöre» vorzugsweise die Anhänger des Ex-Präsidenten Grant und deren Haupt¬
führer, der frühere Bundessenator Rvseoe Conkling aus New-York.
Als unmittelbar nach der Inauguration Garfields der Bnndessenat in
Washington City zu einer Exeeutiv-Sitzung zusammentrat, um die vom Präsi¬
denten gemachten Amtsernennnngen in Berathung zu ziehen, da war es, allen
andern voran, der Senator Conkling, welcher Opposition machte und die Be¬
stätigung verschiedener, von Gcirfield für Staatsämter vvrgeschlagnen Candidaten
bekämpfte. Zumeist war er gegen die Bestätigung des Herrn Robertson, eines
Gegners von Grant, den der Präsident zum Zollhnnseollcetvr in der Stadt
New-York ernannt hatte. Conkling gab sich zunächst alle mögliche Mühe, den
Präsidenten zur Zurückziehung der betreffenden Ernennung zu dränge». Dies
war umsonst. Dann versuchte er vermittelst einer im republikanischen Cauers,
d. h. in einer gebeuren Parteiversammlung der republikanischen Senatoren, durch¬
gesetzten Geschäftsordnung die Erwägung von Robertsons Nomination zu hinter¬
treiben. Auch das gelang nicht. Ebenso vergeblich waren Conklings Bemühungen,
eine Mehrheit der Senatoren für die Verwerfung der in Rede stehenden Ernennung
zu organisiren. Als er endlich fand, daß alle seine Kunstgriffe und Intriguen
nichts helfen wollten und daß der Senat gewiß die Nomination Robertsons in Er¬
wägung ziehen und bestätigen würde, da reichte er seine Resignation als Bnndes-
senator ein, begründete dieselbe in einem pomphaften Briefe um den Gouverneur von
New-York, und sein ihm gehorsamer College Platt folgte seinem Beispiele. Die
beiden Senatoren von New-York, Conkling und Platt, resignirten also nicht nach
einem unglücklichen Kampfe für ein das Wohl der Nation berührendes Gesetz,
nicht wegen eines die internationalen Beziehungen der Union bestimmenden Ver¬
trages, sondern nur wegen eines Amtes, eines Stücks der Beute. Noch niemals
zuvor hat dies ein amerikanischer Bundesscnator gethan. Für das Amt des
Zollhauseollectors in New-York riskirte Conkling, der Hauptführer der Grant¬
partei, seine politische Existenz. Es war gewiß ein unwürdiges Schauspiel, das
von einem Senator dem amerikanischen Volke geboten wurde, aber es entflammte
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