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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Zweck erfülle!? werde. Es bedarf aber eines sehr starken Glaubens, um das
zu hoffen. Gewiß giebt es zahlreiche Leute in Irland, die mit diesen: Gesetze
zufrieden sind und einen Versuch damit gemacht sehen wollen, aber sie schweige",
während die Gegner desselben sich so laut und rührig wie nur möglich ver¬
nehmen lassen. Parnell und die Land-League sind nicht mir unzufrieden mit
der Maßregel, sondern zeigen sich jetzt sogar feindseliger gegen die Minister
als früher und beWerfen sie mit aller erdenklichen Schimpferei und Bedrohung.
Parnell erklärte vor kurzem in einer Volksversammlung, wie ein lebendiger
Esel mehr zu fürchten sei als ein todter Löwe, so sei die jetzige Regierung den
Freiheiten Irlands gefährlicher als ihre Vorgängerin, und seine Partei sei ent¬
schlossen, jene im Unterhause so lange zu bekämpfen und zu Hetzen, bis sie zu
der Erkenntniß käme, daß es kostspieliger und mühevoller sei, Irland zu be¬
halten als es seiner Wege gehen zu lasse". Bei einer andern Volksversamm-
lilng behauptete das irische Parlamentsmitglied Nedmoud, Irland schulde Glad-
stone keinerlei Dank. Wieder bei einer andern wollte Nhlett, der Candidat der
League, die Gutsbesitzer "dem Bcrhnugeru preisgegeben" wissen, und bezeich¬
nete den Minister Hnrcvurt als den "ehrlosesten Hallunken und den gewissen¬
losesten Lügner und Verläumder im Cabinet." Sogar Weiber lassen sich in
diesem Stile vernehmen, und Fräulein Anna Parnell forderte die irischen Wühler
Glasgows auf, "diesen elenden, heuchlerischen, blutdürstigen Taugenichts William
Gladstone, der, um seiner Eitelkeit zu fröhnen, irische Bauerufraueu hin¬
geschlachtet," der Macht zu beraube". Mittlerweile geht der Feldzug gegen das
Pachtzahlen in Irland immer fort, und das Schreckensregiment, das Menschen
und Thiere tödtet, verstümmelt oder mißhandelt, macht da, wo kein Militär
steht, keine Pause, ja es hat im Niederbrennen stehender Ernten eine neue
Form des Vorgehens gegen die Landbesitzer erfunden.

In dieser Weise hat Irland die "Friedensbotschaft" Gladstones auf¬
genommen. Allerdings ist es die Minorität, welche diese Antwort giebt. Aber
warniu erhebt die Majorität uicht ihre Stimme im entgegengesetzten Sinne,
übertäubt das Toben der Gegenpartei und sichert so dem Lande die Wohl¬
thaten, ans welche die Thronrede so emphatisch hinweist? Wir wissen es nicht,
weissagen aber aus diesem Schweigen üble Folgen: die Jntransigcnten werden
das Feld behalten, die Landnete wird ihren Zweck uicht erfülle", sie wird Ver¬
lorne Liebesmühe sei". Es steht traurig auch um diese Leistung des liberale"
Ministeriums.




Zweck erfülle!? werde. Es bedarf aber eines sehr starken Glaubens, um das
zu hoffen. Gewiß giebt es zahlreiche Leute in Irland, die mit diesen: Gesetze
zufrieden sind und einen Versuch damit gemacht sehen wollen, aber sie schweige»,
während die Gegner desselben sich so laut und rührig wie nur möglich ver¬
nehmen lassen. Parnell und die Land-League sind nicht mir unzufrieden mit
der Maßregel, sondern zeigen sich jetzt sogar feindseliger gegen die Minister
als früher und beWerfen sie mit aller erdenklichen Schimpferei und Bedrohung.
Parnell erklärte vor kurzem in einer Volksversammlung, wie ein lebendiger
Esel mehr zu fürchten sei als ein todter Löwe, so sei die jetzige Regierung den
Freiheiten Irlands gefährlicher als ihre Vorgängerin, und seine Partei sei ent¬
schlossen, jene im Unterhause so lange zu bekämpfen und zu Hetzen, bis sie zu
der Erkenntniß käme, daß es kostspieliger und mühevoller sei, Irland zu be¬
halten als es seiner Wege gehen zu lasse». Bei einer andern Volksversamm-
lilng behauptete das irische Parlamentsmitglied Nedmoud, Irland schulde Glad-
stone keinerlei Dank. Wieder bei einer andern wollte Nhlett, der Candidat der
League, die Gutsbesitzer „dem Bcrhnugeru preisgegeben" wissen, und bezeich¬
nete den Minister Hnrcvurt als den „ehrlosesten Hallunken und den gewissen¬
losesten Lügner und Verläumder im Cabinet." Sogar Weiber lassen sich in
diesem Stile vernehmen, und Fräulein Anna Parnell forderte die irischen Wühler
Glasgows auf, „diesen elenden, heuchlerischen, blutdürstigen Taugenichts William
Gladstone, der, um seiner Eitelkeit zu fröhnen, irische Bauerufraueu hin¬
geschlachtet," der Macht zu beraube». Mittlerweile geht der Feldzug gegen das
Pachtzahlen in Irland immer fort, und das Schreckensregiment, das Menschen
und Thiere tödtet, verstümmelt oder mißhandelt, macht da, wo kein Militär
steht, keine Pause, ja es hat im Niederbrennen stehender Ernten eine neue
Form des Vorgehens gegen die Landbesitzer erfunden.

In dieser Weise hat Irland die „Friedensbotschaft" Gladstones auf¬
genommen. Allerdings ist es die Minorität, welche diese Antwort giebt. Aber
warniu erhebt die Majorität uicht ihre Stimme im entgegengesetzten Sinne,
übertäubt das Toben der Gegenpartei und sichert so dem Lande die Wohl¬
thaten, ans welche die Thronrede so emphatisch hinweist? Wir wissen es nicht,
weissagen aber aus diesem Schweigen üble Folgen: die Jntransigcnten werden
das Feld behalten, die Landnete wird ihren Zweck uicht erfülle», sie wird Ver¬
lorne Liebesmühe sei». Es steht traurig auch um diese Leistung des liberale»
Ministeriums.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/496>, abgerufen am 01.09.2024.