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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die moderne Geschütz-Industrie.

bleue gestellt, welche die Bedingungen für artilleristische Constructionen mehrfach
berührten, wie z, B. die wichtige Frage der Herstellung hohler Körper, welche
einem großen innern Drucke widerstehen sollen, in allernächster Beziehung zur
Nohreoustructiou stand.

In der That wurde in den vierziger Jahren fiir die Dampffrcgattc der Ver¬
einigten Staaten von Nordamerika ?rinooton durch die Firma Ward K Co., im
Staate Massachusets, ein Geschützrohr von großem Kaliber aus Schmiedeeisen
hergestellt. Dasselbe war nicht etwa aus einem Blocke gearbeitet, welcher voll
geschmiedet und nachher ausgebohrt war, sondern es bestand aus zusammenge¬
schweißten schmiedeeisernen Längsstüben, welche durch starke Reifen (Ringe) des¬
selben Materials zusammengehalten wurden. Dieses Geschütz zersprang bei einem
Schießen an Bord des genannten Schiffes im Jahre 1844, ein Ereigniß, bei
dem mehrere Personen, unter andern auch der Kriegsminister, ihr Leben einbüßten,
und man sprach sich darauf in Amerika sehr bestimmt gegen die Anwendung
von Schmiedeeisen zu Geschützrohren aus, weil man bei diesem Metalle weder
für ein gleichförmiges Durcharbeiten, noch für ein zuverlässiges Schweißen Garantie
habe. Dennoch wurde als Ersatz sür dieses Geschütz im folgenden Jahre in
Liverpool, von der Nörsg^-Ltökl Mai Iron - (üoinx^ (Firma Horsfall), ein
neues Geschütz in gleicher Art aus Schmiedeeisen hergestellt. Das Geschütz war
7-/z Tonnen schwer, 13 Fuß laug und hatte ein Kaliber von 12 Zoll (30,4 Centi-
meter) für etwa 200 Pfund Gcschoßgewicht (Eisen). Dieses Geschütz muß in
der Qualität wie in der Bearbeitung des Eisens besser gelungen sein, denn
dieselbe Firma ließ im Jahre 1858 ein noch mächtigeres Geschützrohr von
22 Tonnen Gewicht, 16 Fuß Länge und 13 Zoll Kaliber herstellen, welches
zwar bei den ersten Erprobungen einen Riß in der Seele bekam, indeß doch
noch nach einigen Jahren zu Vergleichsversuchen mit gezogenen Geschützen be¬
nutzt wurde.

Mit dieser Herstellungsweise war man zu der ursprünglichsten und ersten
Darstellungsart von Kanonenrohren zurückgekehrt, von welcher wir durch einige
noch erhaltene Exemplare Kenntniß behalten haben. Von den ebeu beschriebenen
Kanonen unterscheiden sich diese alten allerdings dadurch, daß sie Hiuterladungs-
kanonen sind, während jenes Vorderlader waren, denn die Hinterladung war
eine Mythe geworden; dafür zeigen sie aber in der äußern Form eine große
Ähnlichkeit mit den modernen Krupp-Geschützen.

Das eine dieser Geschütze ist die "Tolle Grete von Gent." Hier ist der
vordere Theil des Rohres aus 32 schmiedeeisernen Stäben zusammengesetzt, welche
ähnlich wie die Dauben eines Fasses parallel der Längenachse des Rohres an¬
geordnet und von 41 aneinandergcschweißten Ringen umgeben sind; er zerfällt,
entsprechend den ungleichmäßigen Stärken der Ringe, in 4 Cylinder von ver¬
schiedenem Durchmesser. Das Kanonenstück ist auf das Hintere, schwächere Ende
aufgeschraubt und wird von 20 ebenfalls zusammengeschweißten Ringen -- ohne


Die moderne Geschütz-Industrie.

bleue gestellt, welche die Bedingungen für artilleristische Constructionen mehrfach
berührten, wie z, B. die wichtige Frage der Herstellung hohler Körper, welche
einem großen innern Drucke widerstehen sollen, in allernächster Beziehung zur
Nohreoustructiou stand.

In der That wurde in den vierziger Jahren fiir die Dampffrcgattc der Ver¬
einigten Staaten von Nordamerika ?rinooton durch die Firma Ward K Co., im
Staate Massachusets, ein Geschützrohr von großem Kaliber aus Schmiedeeisen
hergestellt. Dasselbe war nicht etwa aus einem Blocke gearbeitet, welcher voll
geschmiedet und nachher ausgebohrt war, sondern es bestand aus zusammenge¬
schweißten schmiedeeisernen Längsstüben, welche durch starke Reifen (Ringe) des¬
selben Materials zusammengehalten wurden. Dieses Geschütz zersprang bei einem
Schießen an Bord des genannten Schiffes im Jahre 1844, ein Ereigniß, bei
dem mehrere Personen, unter andern auch der Kriegsminister, ihr Leben einbüßten,
und man sprach sich darauf in Amerika sehr bestimmt gegen die Anwendung
von Schmiedeeisen zu Geschützrohren aus, weil man bei diesem Metalle weder
für ein gleichförmiges Durcharbeiten, noch für ein zuverlässiges Schweißen Garantie
habe. Dennoch wurde als Ersatz sür dieses Geschütz im folgenden Jahre in
Liverpool, von der Nörsg^-Ltökl Mai Iron - (üoinx^ (Firma Horsfall), ein
neues Geschütz in gleicher Art aus Schmiedeeisen hergestellt. Das Geschütz war
7-/z Tonnen schwer, 13 Fuß laug und hatte ein Kaliber von 12 Zoll (30,4 Centi-
meter) für etwa 200 Pfund Gcschoßgewicht (Eisen). Dieses Geschütz muß in
der Qualität wie in der Bearbeitung des Eisens besser gelungen sein, denn
dieselbe Firma ließ im Jahre 1858 ein noch mächtigeres Geschützrohr von
22 Tonnen Gewicht, 16 Fuß Länge und 13 Zoll Kaliber herstellen, welches
zwar bei den ersten Erprobungen einen Riß in der Seele bekam, indeß doch
noch nach einigen Jahren zu Vergleichsversuchen mit gezogenen Geschützen be¬
nutzt wurde.

Mit dieser Herstellungsweise war man zu der ursprünglichsten und ersten
Darstellungsart von Kanonenrohren zurückgekehrt, von welcher wir durch einige
noch erhaltene Exemplare Kenntniß behalten haben. Von den ebeu beschriebenen
Kanonen unterscheiden sich diese alten allerdings dadurch, daß sie Hiuterladungs-
kanonen sind, während jenes Vorderlader waren, denn die Hinterladung war
eine Mythe geworden; dafür zeigen sie aber in der äußern Form eine große
Ähnlichkeit mit den modernen Krupp-Geschützen.

Das eine dieser Geschütze ist die „Tolle Grete von Gent." Hier ist der
vordere Theil des Rohres aus 32 schmiedeeisernen Stäben zusammengesetzt, welche
ähnlich wie die Dauben eines Fasses parallel der Längenachse des Rohres an¬
geordnet und von 41 aneinandergcschweißten Ringen umgeben sind; er zerfällt,
entsprechend den ungleichmäßigen Stärken der Ringe, in 4 Cylinder von ver¬
schiedenem Durchmesser. Das Kanonenstück ist auf das Hintere, schwächere Ende
aufgeschraubt und wird von 20 ebenfalls zusammengeschweißten Ringen — ohne


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[0423] Die moderne Geschütz-Industrie. bleue gestellt, welche die Bedingungen für artilleristische Constructionen mehrfach berührten, wie z, B. die wichtige Frage der Herstellung hohler Körper, welche einem großen innern Drucke widerstehen sollen, in allernächster Beziehung zur Nohreoustructiou stand. In der That wurde in den vierziger Jahren fiir die Dampffrcgattc der Ver¬ einigten Staaten von Nordamerika ?rinooton durch die Firma Ward K Co., im Staate Massachusets, ein Geschützrohr von großem Kaliber aus Schmiedeeisen hergestellt. Dasselbe war nicht etwa aus einem Blocke gearbeitet, welcher voll geschmiedet und nachher ausgebohrt war, sondern es bestand aus zusammenge¬ schweißten schmiedeeisernen Längsstüben, welche durch starke Reifen (Ringe) des¬ selben Materials zusammengehalten wurden. Dieses Geschütz zersprang bei einem Schießen an Bord des genannten Schiffes im Jahre 1844, ein Ereigniß, bei dem mehrere Personen, unter andern auch der Kriegsminister, ihr Leben einbüßten, und man sprach sich darauf in Amerika sehr bestimmt gegen die Anwendung von Schmiedeeisen zu Geschützrohren aus, weil man bei diesem Metalle weder für ein gleichförmiges Durcharbeiten, noch für ein zuverlässiges Schweißen Garantie habe. Dennoch wurde als Ersatz sür dieses Geschütz im folgenden Jahre in Liverpool, von der Nörsg^-Ltökl Mai Iron - (üoinx^ (Firma Horsfall), ein neues Geschütz in gleicher Art aus Schmiedeeisen hergestellt. Das Geschütz war 7-/z Tonnen schwer, 13 Fuß laug und hatte ein Kaliber von 12 Zoll (30,4 Centi- meter) für etwa 200 Pfund Gcschoßgewicht (Eisen). Dieses Geschütz muß in der Qualität wie in der Bearbeitung des Eisens besser gelungen sein, denn dieselbe Firma ließ im Jahre 1858 ein noch mächtigeres Geschützrohr von 22 Tonnen Gewicht, 16 Fuß Länge und 13 Zoll Kaliber herstellen, welches zwar bei den ersten Erprobungen einen Riß in der Seele bekam, indeß doch noch nach einigen Jahren zu Vergleichsversuchen mit gezogenen Geschützen be¬ nutzt wurde. Mit dieser Herstellungsweise war man zu der ursprünglichsten und ersten Darstellungsart von Kanonenrohren zurückgekehrt, von welcher wir durch einige noch erhaltene Exemplare Kenntniß behalten haben. Von den ebeu beschriebenen Kanonen unterscheiden sich diese alten allerdings dadurch, daß sie Hiuterladungs- kanonen sind, während jenes Vorderlader waren, denn die Hinterladung war eine Mythe geworden; dafür zeigen sie aber in der äußern Form eine große Ähnlichkeit mit den modernen Krupp-Geschützen. Das eine dieser Geschütze ist die „Tolle Grete von Gent." Hier ist der vordere Theil des Rohres aus 32 schmiedeeisernen Stäben zusammengesetzt, welche ähnlich wie die Dauben eines Fasses parallel der Längenachse des Rohres an¬ geordnet und von 41 aneinandergcschweißten Ringen umgeben sind; er zerfällt, entsprechend den ungleichmäßigen Stärken der Ringe, in 4 Cylinder von ver¬ schiedenem Durchmesser. Das Kanonenstück ist auf das Hintere, schwächere Ende aufgeschraubt und wird von 20 ebenfalls zusammengeschweißten Ringen — ohne

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/423>, abgerufen am 26.11.2024.