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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Johann Maria Hildel>raubt.

jungen strebsamen Reisenden mit Geldmitteln ausstattete. Seine Dankbarkeit
bewies Hildebrandt später dadurch, daß er die interessanteste Palme, welche er
auffand, Ravenna nannte,

Hildebrandts erste Reise umfaßt die Zeit vom 2. März 1871 bis zum
4, September 1874, Sein Reisecapital bestand aus 700 bis 800 Thalern, Kaum
dürfte ein zweiter Afrikareisender -- sagt sein Freund C, Rausch -- jemals so
arm einer unbekannten Zukunft entgegen gegangen sein, Hildebrandt reiste indessen
freudig und hoffnungsvoll ub; er hatte sich einschränken, ja darben gelernt. Der
Hunger nach Wissenschaft und der Durst uach Naturwahrheit hatten über die
Bedürfnisse des Leibes gesiegt. Oft blieb ihm Wochen und Monate lang nichts
andres übrig, als von trocknen Brote und Zwiebeln zu leben. Aber das
Mißbehagen dieser äußern Lage war für ihn erst recht ein Sporn zu größerem
Sammeleifer, um durch den Erfolg die Unterstützung und die Stipendien der
wissenschaftlichen Gesellschaften für sich zu gewinnen oder auch Aufträge in Pflanzen
für verschiedene botanische Gärten?c. zu erhalten und die erhaltenen zu vermehren.
Aus der Mühsal der Reise erntete er so die Goldkörner des Wissens und des
Erfolges; denn als nun, im Verlauf der Reise, eine Sammlung nach der andern
in Berlin ankam und eine immer schöner und reichhaltiger ausfiel als die andre,
erwachte auch das Interesse der afrikanischen und der anthropologischen Gesell¬
schaft. Sie unterstützten Hildebrandt nicht nur auf seiner ersten Reise, sondern
wandten ihm auch das Stipendium der Karl Ritter-Stiftung zu.

Um die arabische Sprache ganz gründlich zu erlernen, machte er zunächst
den Pilgerzug nach Mekka und Medina mit. Zurückgekehrt nach Aden, bereitete
er sich zu seiner eigentlichen Mission vor. Zunächst schwebte ihm die Insel
Sansibar als Ziel vor, doch fand er es gerathen, sich vorläufig in den Zwischen¬
ländern für die glühend heiße ostafrikanische Küste vorzubereiten. Er unternahm
kleinere Streifzüge uach Aegypten und in das persische Ländergebiet. Ueberall
studirte er eifrig morgenländische Völker, Sprachen und Sitten; er sammelte
Pflanzen und Thiere, machte Messungen über die Stellung des Mondes und
verschiedener Sternbilder zur Erde, nahm photographische Bilder von interessanten
Bauten oder Ansichten auf und füllte sein Tagebuch mit bemerkenswerthen Auf¬
zeichnungen. Erst nach langem, sehnsüchtigem Harren, als endlich die versprochenen
Geldmittel aus der Heimat eintrafen, konnte er das rothe Meer überschreiten,
nachdem er noch vorher seine Sammlungen nach der Heimat gesandt hatte. Bald
nachher setzte er den Fuß in den nubischen Küstenländern auf afrikanischen Boden.
Er war im Bewußtsein dieser Thatsache so glücklich, daß er sich "hätte nieder¬
werfen mögen auf sein Angesicht, um uuter Thränen dem Lenker seines Geschicks
zu danken." Nachdem er an der Grenze des abessinischen Läudergebietes die
Sprache dieses wilden Volkes erlernt, gelangte er nach Massaua, Dort traf er
Munziuger Bed, der ihn einlud, sich deu äghptischeu Truppen und seiner Expedition
nach Abessinien anzuschließen. Im Anschlusse an Mnnzingers Expedition bereiste


Johann Maria Hildel>raubt.

jungen strebsamen Reisenden mit Geldmitteln ausstattete. Seine Dankbarkeit
bewies Hildebrandt später dadurch, daß er die interessanteste Palme, welche er
auffand, Ravenna nannte,

Hildebrandts erste Reise umfaßt die Zeit vom 2. März 1871 bis zum
4, September 1874, Sein Reisecapital bestand aus 700 bis 800 Thalern, Kaum
dürfte ein zweiter Afrikareisender — sagt sein Freund C, Rausch — jemals so
arm einer unbekannten Zukunft entgegen gegangen sein, Hildebrandt reiste indessen
freudig und hoffnungsvoll ub; er hatte sich einschränken, ja darben gelernt. Der
Hunger nach Wissenschaft und der Durst uach Naturwahrheit hatten über die
Bedürfnisse des Leibes gesiegt. Oft blieb ihm Wochen und Monate lang nichts
andres übrig, als von trocknen Brote und Zwiebeln zu leben. Aber das
Mißbehagen dieser äußern Lage war für ihn erst recht ein Sporn zu größerem
Sammeleifer, um durch den Erfolg die Unterstützung und die Stipendien der
wissenschaftlichen Gesellschaften für sich zu gewinnen oder auch Aufträge in Pflanzen
für verschiedene botanische Gärten?c. zu erhalten und die erhaltenen zu vermehren.
Aus der Mühsal der Reise erntete er so die Goldkörner des Wissens und des
Erfolges; denn als nun, im Verlauf der Reise, eine Sammlung nach der andern
in Berlin ankam und eine immer schöner und reichhaltiger ausfiel als die andre,
erwachte auch das Interesse der afrikanischen und der anthropologischen Gesell¬
schaft. Sie unterstützten Hildebrandt nicht nur auf seiner ersten Reise, sondern
wandten ihm auch das Stipendium der Karl Ritter-Stiftung zu.

Um die arabische Sprache ganz gründlich zu erlernen, machte er zunächst
den Pilgerzug nach Mekka und Medina mit. Zurückgekehrt nach Aden, bereitete
er sich zu seiner eigentlichen Mission vor. Zunächst schwebte ihm die Insel
Sansibar als Ziel vor, doch fand er es gerathen, sich vorläufig in den Zwischen¬
ländern für die glühend heiße ostafrikanische Küste vorzubereiten. Er unternahm
kleinere Streifzüge uach Aegypten und in das persische Ländergebiet. Ueberall
studirte er eifrig morgenländische Völker, Sprachen und Sitten; er sammelte
Pflanzen und Thiere, machte Messungen über die Stellung des Mondes und
verschiedener Sternbilder zur Erde, nahm photographische Bilder von interessanten
Bauten oder Ansichten auf und füllte sein Tagebuch mit bemerkenswerthen Auf¬
zeichnungen. Erst nach langem, sehnsüchtigem Harren, als endlich die versprochenen
Geldmittel aus der Heimat eintrafen, konnte er das rothe Meer überschreiten,
nachdem er noch vorher seine Sammlungen nach der Heimat gesandt hatte. Bald
nachher setzte er den Fuß in den nubischen Küstenländern auf afrikanischen Boden.
Er war im Bewußtsein dieser Thatsache so glücklich, daß er sich „hätte nieder¬
werfen mögen auf sein Angesicht, um uuter Thränen dem Lenker seines Geschicks
zu danken." Nachdem er an der Grenze des abessinischen Läudergebietes die
Sprache dieses wilden Volkes erlernt, gelangte er nach Massaua, Dort traf er
Munziuger Bed, der ihn einlud, sich deu äghptischeu Truppen und seiner Expedition
nach Abessinien anzuschließen. Im Anschlusse an Mnnzingers Expedition bereiste


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/383>, abgerufen am 25.11.2024.