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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lösung der walleusteinfrage,

machungen wohl verwendet, um einen Makel auf Wallenstein zu werfein Denn
wenn der Herzog wirklich, wie es hieß, als Lohn für feine Hilfe eine "Kaiser¬
liche Asseenration uf ein österreichisches Erbland in oMms dornen wegen einer
extravrdinari Neeompens" verlangte, so hieß dies, dem Kaiser in seiner Be-
drängniß unwürdige Bedinglmgen abzwingen. Indessen handelt es sich hier,
wie schon Ranke dargelegt hat, um eine offenbare Fälschung, eine Fälschung,
die nach Schedel nur den Zweck hatte, Friedland herabzusetzen, Schedel glaubt
daher, daß auch hier Slawata der Urheber war, daß er bloße Gerüchte über
die Kapitulation durch eigne Zuthaten ins Ungeheuerliche vergrößerte und dann
die Nachricht vor allem nach München gelangen ließ, wo sie am meisten be¬
unruhigen mußte.

Auch die "Wvlkensteinsche Relation," die über Wallensteins Schalten und
Walten in Böhmen klagt, dann eine Vorstellung an den Kaiser: ".lucliom, wie
der Herzog von Fricdlnnd könnte bewogen werden, sein Generalat zu resigniren,"
ferner eine im Bamberger Archiv befindliche Denkschrift, welche dem Kaiser all
die vermeintlichen Unterlassungen und Fehler des Feldherrn seit dem Frühling
des Jahres 1633 darlegt, und endlich ein Gutachten mit der Überschrift: ^n
t!xxväig,t 6. ALiieiMsÄwuin. clueoirr ^rioälMclms g,o (Molo rsvoog,r"z ot rsMro
I'ol'äimiuäum III, bollo xraolioerö schreibt Schedel demselben Feinde Wallen-
steins zu. In den letzteren drei Schriften, von denen namentlich die dritte die
heftigsten Anklagen erhebt, finden wir außer den schon früher erwähnten Be¬
schuldigungen, daß der Herzog strebe, die Waffen beständig in den Händen zu
behalten, daß er die Reichsfürsten drücke, den Kaiserhof terrorisire, auf des Kaisers
Tod speculire, alles selbständig erledige und seinen Monarchen von den Friedens-
bedingungen zu spät oder unvollständig unterrichte, zum erstenmale auch deu
Herzog als Feldherrn angegriffen. Man wirft ihm die nicht gehörige Ausnutzung
der Siege, die Bcrsäumung der Gelegenheit zu siegen, die Preisgebung der Länder
und Stifte an die Soldaten zum Raube und dergleichen vor. Wallenstein soll
veranlaßt werden, den Oberbefehl freiwillig niederzulegen. Die Schrift ^n öxps-
clmt so. aber spricht schon davon, der Kaiser solle ihn "sanft" entheben und den
König Ferdinand zum Generalissimus erklären.

Schedel prüft auf Grund der Wallensteinschen Briefe und andrer Urkunden
jene Vorwürfe gegen Wallensteins Kriegsführung lind findet sie mit Recht un¬
begründet. Auch hier hält er demnach Slawata für den Verleumder,

Es folgt das Votum vafuLäimr sservti eoQÄIiiU'ü iinxoriitoris. In diesem
Votum bekennt sich Slawata ausnahmsweise einmal selbst als Verfasser, indem
er sich ans seine Verwandtschaft mit Wallenstein und auf seine Bekanntschaft mit
ihm von der Zeit her beruft, wo dieser noch als Knabe bei seinem Oheim auf
Koschnmberg die Schule besuchte und insgemein "der Dolle von Wallsicin" ge¬
nannt wurde. Auch bittet er nicht wie früher "von seiner lvenigeu Person keine
Meldung zu thun/' und seine Sprache ist entschiedener. Er dringt nicht allein


Die Lösung der walleusteinfrage,

machungen wohl verwendet, um einen Makel auf Wallenstein zu werfein Denn
wenn der Herzog wirklich, wie es hieß, als Lohn für feine Hilfe eine „Kaiser¬
liche Asseenration uf ein österreichisches Erbland in oMms dornen wegen einer
extravrdinari Neeompens" verlangte, so hieß dies, dem Kaiser in seiner Be-
drängniß unwürdige Bedinglmgen abzwingen. Indessen handelt es sich hier,
wie schon Ranke dargelegt hat, um eine offenbare Fälschung, eine Fälschung,
die nach Schedel nur den Zweck hatte, Friedland herabzusetzen, Schedel glaubt
daher, daß auch hier Slawata der Urheber war, daß er bloße Gerüchte über
die Kapitulation durch eigne Zuthaten ins Ungeheuerliche vergrößerte und dann
die Nachricht vor allem nach München gelangen ließ, wo sie am meisten be¬
unruhigen mußte.

Auch die „Wvlkensteinsche Relation," die über Wallensteins Schalten und
Walten in Böhmen klagt, dann eine Vorstellung an den Kaiser: „.lucliom, wie
der Herzog von Fricdlnnd könnte bewogen werden, sein Generalat zu resigniren,"
ferner eine im Bamberger Archiv befindliche Denkschrift, welche dem Kaiser all
die vermeintlichen Unterlassungen und Fehler des Feldherrn seit dem Frühling
des Jahres 1633 darlegt, und endlich ein Gutachten mit der Überschrift: ^n
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I'ol'äimiuäum III, bollo xraolioerö schreibt Schedel demselben Feinde Wallen-
steins zu. In den letzteren drei Schriften, von denen namentlich die dritte die
heftigsten Anklagen erhebt, finden wir außer den schon früher erwähnten Be¬
schuldigungen, daß der Herzog strebe, die Waffen beständig in den Händen zu
behalten, daß er die Reichsfürsten drücke, den Kaiserhof terrorisire, auf des Kaisers
Tod speculire, alles selbständig erledige und seinen Monarchen von den Friedens-
bedingungen zu spät oder unvollständig unterrichte, zum erstenmale auch deu
Herzog als Feldherrn angegriffen. Man wirft ihm die nicht gehörige Ausnutzung
der Siege, die Bcrsäumung der Gelegenheit zu siegen, die Preisgebung der Länder
und Stifte an die Soldaten zum Raube und dergleichen vor. Wallenstein soll
veranlaßt werden, den Oberbefehl freiwillig niederzulegen. Die Schrift ^n öxps-
clmt so. aber spricht schon davon, der Kaiser solle ihn „sanft" entheben und den
König Ferdinand zum Generalissimus erklären.

Schedel prüft auf Grund der Wallensteinschen Briefe und andrer Urkunden
jene Vorwürfe gegen Wallensteins Kriegsführung lind findet sie mit Recht un¬
begründet. Auch hier hält er demnach Slawata für den Verleumder,

Es folgt das Votum vafuLäimr sservti eoQÄIiiU'ü iinxoriitoris. In diesem
Votum bekennt sich Slawata ausnahmsweise einmal selbst als Verfasser, indem
er sich ans seine Verwandtschaft mit Wallenstein und auf seine Bekanntschaft mit
ihm von der Zeit her beruft, wo dieser noch als Knabe bei seinem Oheim auf
Koschnmberg die Schule besuchte und insgemein „der Dolle von Wallsicin" ge¬
nannt wurde. Auch bittet er nicht wie früher „von seiner lvenigeu Person keine
Meldung zu thun/' und seine Sprache ist entschiedener. Er dringt nicht allein


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[0371] Die Lösung der walleusteinfrage, machungen wohl verwendet, um einen Makel auf Wallenstein zu werfein Denn wenn der Herzog wirklich, wie es hieß, als Lohn für feine Hilfe eine „Kaiser¬ liche Asseenration uf ein österreichisches Erbland in oMms dornen wegen einer extravrdinari Neeompens" verlangte, so hieß dies, dem Kaiser in seiner Be- drängniß unwürdige Bedinglmgen abzwingen. Indessen handelt es sich hier, wie schon Ranke dargelegt hat, um eine offenbare Fälschung, eine Fälschung, die nach Schedel nur den Zweck hatte, Friedland herabzusetzen, Schedel glaubt daher, daß auch hier Slawata der Urheber war, daß er bloße Gerüchte über die Kapitulation durch eigne Zuthaten ins Ungeheuerliche vergrößerte und dann die Nachricht vor allem nach München gelangen ließ, wo sie am meisten be¬ unruhigen mußte. Auch die „Wvlkensteinsche Relation," die über Wallensteins Schalten und Walten in Böhmen klagt, dann eine Vorstellung an den Kaiser: „.lucliom, wie der Herzog von Fricdlnnd könnte bewogen werden, sein Generalat zu resigniren," ferner eine im Bamberger Archiv befindliche Denkschrift, welche dem Kaiser all die vermeintlichen Unterlassungen und Fehler des Feldherrn seit dem Frühling des Jahres 1633 darlegt, und endlich ein Gutachten mit der Überschrift: ^n t!xxväig,t 6. ALiieiMsÄwuin. clueoirr ^rioälMclms g,o (Molo rsvoog,r«z ot rsMro I'ol'äimiuäum III, bollo xraolioerö schreibt Schedel demselben Feinde Wallen- steins zu. In den letzteren drei Schriften, von denen namentlich die dritte die heftigsten Anklagen erhebt, finden wir außer den schon früher erwähnten Be¬ schuldigungen, daß der Herzog strebe, die Waffen beständig in den Händen zu behalten, daß er die Reichsfürsten drücke, den Kaiserhof terrorisire, auf des Kaisers Tod speculire, alles selbständig erledige und seinen Monarchen von den Friedens- bedingungen zu spät oder unvollständig unterrichte, zum erstenmale auch deu Herzog als Feldherrn angegriffen. Man wirft ihm die nicht gehörige Ausnutzung der Siege, die Bcrsäumung der Gelegenheit zu siegen, die Preisgebung der Länder und Stifte an die Soldaten zum Raube und dergleichen vor. Wallenstein soll veranlaßt werden, den Oberbefehl freiwillig niederzulegen. Die Schrift ^n öxps- clmt so. aber spricht schon davon, der Kaiser solle ihn „sanft" entheben und den König Ferdinand zum Generalissimus erklären. Schedel prüft auf Grund der Wallensteinschen Briefe und andrer Urkunden jene Vorwürfe gegen Wallensteins Kriegsführung lind findet sie mit Recht un¬ begründet. Auch hier hält er demnach Slawata für den Verleumder, Es folgt das Votum vafuLäimr sservti eoQÄIiiU'ü iinxoriitoris. In diesem Votum bekennt sich Slawata ausnahmsweise einmal selbst als Verfasser, indem er sich ans seine Verwandtschaft mit Wallenstein und auf seine Bekanntschaft mit ihm von der Zeit her beruft, wo dieser noch als Knabe bei seinem Oheim auf Koschnmberg die Schule besuchte und insgemein „der Dolle von Wallsicin" ge¬ nannt wurde. Auch bittet er nicht wie früher „von seiner lvenigeu Person keine Meldung zu thun/' und seine Sprache ist entschiedener. Er dringt nicht allein

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/371>, abgerufen am 01.09.2024.