Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Zur Charakteristik des Maiichestcrthmns. Cobden folgte ohne Zweifel bei seiner Agitation den Umtrieben des Patrio- Leider giebt es keine wahre Geschichte der Amel-Cornlaw-League und der Die Freihändler höhern Grades wußten von diesem sehr unangenehmen Buche, Zur Charakteristik des Maiichestcrthmns. Cobden folgte ohne Zweifel bei seiner Agitation den Umtrieben des Patrio- Leider giebt es keine wahre Geschichte der Amel-Cornlaw-League und der Die Freihändler höhern Grades wußten von diesem sehr unangenehmen Buche, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0318" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150468"/> <fw type="header" place="top"> Zur Charakteristik des Maiichestcrthmns.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1011"> Cobden folgte ohne Zweifel bei seiner Agitation den Umtrieben des Patrio-<lb/> tismus, worin unsere deutschen Freihändler ihn sich zum Muster nehmen sollten.<lb/> Wenn er aber (S. 40 der Lposouvs) sagt: „Wäre ich nicht überzeugt, daß die<lb/> Frage ein großes sittliches Prineip enthält und den Keim zu der gewaltigsten<lb/> sittlichen Weltrevolution, die jemals noch für das Menschengeschlecht durchgeführt<lb/> worden ist, so würde ich mich an dieser Agitation nicht so betheiligen wie ich<lb/> es thue," so stellt der Verfasser unsrer Broschüre dieser Versicherung mit vollem<lb/> Rechte die Behauptung gegenüber, daß die von Manchester aus in andre Länder<lb/> betriebene Freihandelsagitation die großartigste und verwegenste Täuschung ist,<lb/> welche die Welt je auf wirthschaftlichem und politischem Gebiete erlebt hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1012"> Leider giebt es keine wahre Geschichte der Amel-Cornlaw-League und der<lb/> Wirksamkeit CobdenS überhaupt. Was sich dafür ausgiebt, ist, von Manchcster-<lb/> männern oder im Auftrage von solchen geschrieben, Parteimachwerk. „Eine<lb/> wirkliche Geschichte des Freihündlerthums und der Lecigue wird wahrscheinlich<lb/> weder jetzt noch später geschrieben werden," sagt Alexander Somerville, ein Mit¬<lb/> arbeiter Cobdens, welcher ans einem ehrenvollen Grunde mit ihm zerfiel und<lb/> 18S4 die vernichtende kleine Schrift lüooäöiüo?0lie^ tus inwrniü vnsen^ ok<lb/> UnAlMä gegen ihn und seine Genossen veröffentlichte. „Der Schriftsteller, der<lb/> am besten mit den Geheimnissen der League und der Art, wie sie mit den Geldern<lb/> umsprang, bekannt ist, sagte mir, daß er einmal eine Geschichte beabsichtigt, bei<lb/> näherer Betrachtung aber gefunden habe, daß die Wahrheit ihn: alle, mit denen<lb/> er gewirkt, zu Feinden machen und das Land anekeln würde, und daß er sich<lb/> nicht so tief erniedrigen könne, die Unwahrheit oder nur die halbe Wahrheit zu<lb/> schreiben. Ich sagte ihm, daß ich ein solches Werk im Auge hätte, doch sollte<lb/> es die ganze Geschichte des commerciellen Fortschritts, der Nationalökonomie und<lb/> der Handelspolitik einschließen. Er erwiederte, ein solches Werk könnte nützlich<lb/> sein und vom Lande wohl aufgenommen werden, aber je weniger ich darin von<lb/> der League spräche, desto besser; deun ich konnte unmöglich eine Geschichte der¬<lb/> selben schreiben, da ich niemals etwas von deren innerem Treiben erfahren hätte.<lb/> Kennte ich dieses so wie er, und veröffentlichte ich es, so würde es sowohl der<lb/> politischen Stellung der Führer der Frcihandelsbewegung als auch der Sache<lb/> selbst schaden. Nein, setzte er hinzu, die Zeit ist noch nicht gekommen, eine Ge¬<lb/> schichte der Amel-Cornlaw-League zu veröffentlichen, und wenn wir alle todt find,<lb/> wird niemand etwas daran liegen, zu wissen, was für (hier folgt ein Gedanken¬<lb/> strich, den wir wohl mit einer der oben mitgetheilten Proben aus Cobdens<lb/> Schimpfwvrterbuch, etwa mit »politische Gauner« ausfülle» dürfen) einige von<lb/> uns gewesen sind."</p><lb/> <p xml:id="ID_1013" next="#ID_1014"> Die Freihändler höhern Grades wußten von diesem sehr unangenehmen Buche,<lb/> behaupteten aber, Somerville habe alles, was er darin gegen ihren Propheten<lb/> gesagt, später zurückgenommen. Wann, wo und wie, erfahren wir nicht, anch<lb/> ist es nicht gut zu verstehen, wie er die dort mitgetheilten Cobdenschen Billets,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0318]
Zur Charakteristik des Maiichestcrthmns.
Cobden folgte ohne Zweifel bei seiner Agitation den Umtrieben des Patrio-
tismus, worin unsere deutschen Freihändler ihn sich zum Muster nehmen sollten.
Wenn er aber (S. 40 der Lposouvs) sagt: „Wäre ich nicht überzeugt, daß die
Frage ein großes sittliches Prineip enthält und den Keim zu der gewaltigsten
sittlichen Weltrevolution, die jemals noch für das Menschengeschlecht durchgeführt
worden ist, so würde ich mich an dieser Agitation nicht so betheiligen wie ich
es thue," so stellt der Verfasser unsrer Broschüre dieser Versicherung mit vollem
Rechte die Behauptung gegenüber, daß die von Manchester aus in andre Länder
betriebene Freihandelsagitation die großartigste und verwegenste Täuschung ist,
welche die Welt je auf wirthschaftlichem und politischem Gebiete erlebt hat.
Leider giebt es keine wahre Geschichte der Amel-Cornlaw-League und der
Wirksamkeit CobdenS überhaupt. Was sich dafür ausgiebt, ist, von Manchcster-
männern oder im Auftrage von solchen geschrieben, Parteimachwerk. „Eine
wirkliche Geschichte des Freihündlerthums und der Lecigue wird wahrscheinlich
weder jetzt noch später geschrieben werden," sagt Alexander Somerville, ein Mit¬
arbeiter Cobdens, welcher ans einem ehrenvollen Grunde mit ihm zerfiel und
18S4 die vernichtende kleine Schrift lüooäöiüo?0lie^ tus inwrniü vnsen^ ok
UnAlMä gegen ihn und seine Genossen veröffentlichte. „Der Schriftsteller, der
am besten mit den Geheimnissen der League und der Art, wie sie mit den Geldern
umsprang, bekannt ist, sagte mir, daß er einmal eine Geschichte beabsichtigt, bei
näherer Betrachtung aber gefunden habe, daß die Wahrheit ihn: alle, mit denen
er gewirkt, zu Feinden machen und das Land anekeln würde, und daß er sich
nicht so tief erniedrigen könne, die Unwahrheit oder nur die halbe Wahrheit zu
schreiben. Ich sagte ihm, daß ich ein solches Werk im Auge hätte, doch sollte
es die ganze Geschichte des commerciellen Fortschritts, der Nationalökonomie und
der Handelspolitik einschließen. Er erwiederte, ein solches Werk könnte nützlich
sein und vom Lande wohl aufgenommen werden, aber je weniger ich darin von
der League spräche, desto besser; deun ich konnte unmöglich eine Geschichte der¬
selben schreiben, da ich niemals etwas von deren innerem Treiben erfahren hätte.
Kennte ich dieses so wie er, und veröffentlichte ich es, so würde es sowohl der
politischen Stellung der Führer der Frcihandelsbewegung als auch der Sache
selbst schaden. Nein, setzte er hinzu, die Zeit ist noch nicht gekommen, eine Ge¬
schichte der Amel-Cornlaw-League zu veröffentlichen, und wenn wir alle todt find,
wird niemand etwas daran liegen, zu wissen, was für (hier folgt ein Gedanken¬
strich, den wir wohl mit einer der oben mitgetheilten Proben aus Cobdens
Schimpfwvrterbuch, etwa mit »politische Gauner« ausfülle» dürfen) einige von
uns gewesen sind."
Die Freihändler höhern Grades wußten von diesem sehr unangenehmen Buche,
behaupteten aber, Somerville habe alles, was er darin gegen ihren Propheten
gesagt, später zurückgenommen. Wann, wo und wie, erfahren wir nicht, anch
ist es nicht gut zu verstehen, wie er die dort mitgetheilten Cobdenschen Billets,
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