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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Zur Charakteristik des Manchesterthums,

Dienste, welche sie der Beförderung der Zwecke des Clubs geleistet hatten," und
weil das einzige Ziel des letztem,' "die Interessen Englands ohne Rücksicht ans
die Bestrebungen andrer Völker," also auch des deutschen Volkes, waren? Man
sollte so meinen; denn solche Dienste scheinen sich für deutsche Botschafter, Geueral-
evusulu und Parlamentarier am Ende doch nicht recht zu schicken und könnte",
wenn sie bei den Wählern bekannt würden, vielleicht nicht so dankbar empfunden
werden wie bei dem Clubvorstande in England.

Man gestatte uus hier eine Abschweifung zur Charakterisirung einiger von
den weniger bekannten Namen dieser deutschen Mitglieder des Cobden-Clubs.

Ein Diplomat hat zu der Liste derselben gemeint: "El, das wäre ja ein
Ministerium Gladstone fix und fertig!" Und in der That tragen sich, wie man
hört, einige der Herrschaften allen Ernstes mit der Hoffnung auf ein Portefeuille.
Das soll z. B. von Herrn v. Bunsen gelten, der inzwischen, wie man aus einer
Controverse zwischen der "Nordd. Allg. Zeitung" und der seeessionistischcn "Tribüne"
schließen könnte und geschlossen hat, sich als Mitarbeiter am letztgenannten Blatte
nützlich macht, von dem wir aber sonst nicht viel mehr wissen, als daß er vor
zwei Jahren in einer seiner Reden den monumentalen Ausspruch that, der Reichs¬
kanzler sei in der öffentlichen Meinung gerichtet. Herrn v. Keudell unter den
Propheten von Manchester zu finden, kann einige Verwunderung erregen, aber
"um beachte das Jahr seiner Aufnahme; ein Ministerium Delbrück war 1875
nicht unmöglich.

Leo v. Romberg ist weder Parlamentarier noch Journalist oder sonstwie
schriftstellerisch thätig, sondern -- ein englischer Ausdruck giebt wohl am besten
wieder, was wir meinen -- urtm g-vont door. Man sagt, er erfülle für einen
Hnuptführer der deutschen Mauchcstermänner ungefähr die Functionen, welche
unter dein hochseligen Kaiser Nikolaus die sogenannten Conversationsmajors bei
den Regimentern hatten.

Herr Otto Michaelis wurde vor einigen Monaten von der "Deutschen Volks-
Mtnng" in Hamburg, augenscheinlich von wohlunterrichteter Feder, wie folgt
beleuchtet: "Welche Rolle'mag wohl Herr Otto Michaelis jetzt spielen? Man
liest selten etwas über ihn und nur gutes. Katholik, in der Gegend zu Hause,
ans der Waldeck stammte, wurde er durch die Ultramontanen zuerst in den Land¬
tag gebracht. Vorher schon gehörte er zu dein Dreigestirn von Missionäre",
welche dem deutschen Volke die Lehre vom absoluten Schachermachai verkündeten.
Faucher, von dem einmal in englischen Blättern zu lesen war, daß er für seine
Mühe direct vou Manchester entschädigt werde, und Prince-Smith sind todt.
Andre Apostel sind für literarische Leistungen von dem Freihandelsverein einer
'wrddcutschen Stadt (Stettin ist gemeint) honorirt worden, und es war nur
billig, daß Manchester zu der Kasse dieses Vereins beitrug.*) Doch auf Herr"



*) Als die "Grenzlwten" im Januar 1879 hierauf hinwiesen, nerieth ein Herr Hr. Wolff,
Redacteur der "Ostsee-Zeitung," in sittliche Empörung und sprach von Nerlcumdnng. Wir
Zur Charakteristik des Manchesterthums,

Dienste, welche sie der Beförderung der Zwecke des Clubs geleistet hatten," und
weil das einzige Ziel des letztem,' „die Interessen Englands ohne Rücksicht ans
die Bestrebungen andrer Völker," also auch des deutschen Volkes, waren? Man
sollte so meinen; denn solche Dienste scheinen sich für deutsche Botschafter, Geueral-
evusulu und Parlamentarier am Ende doch nicht recht zu schicken und könnte»,
wenn sie bei den Wählern bekannt würden, vielleicht nicht so dankbar empfunden
werden wie bei dem Clubvorstande in England.

Man gestatte uus hier eine Abschweifung zur Charakterisirung einiger von
den weniger bekannten Namen dieser deutschen Mitglieder des Cobden-Clubs.

Ein Diplomat hat zu der Liste derselben gemeint: „El, das wäre ja ein
Ministerium Gladstone fix und fertig!" Und in der That tragen sich, wie man
hört, einige der Herrschaften allen Ernstes mit der Hoffnung auf ein Portefeuille.
Das soll z. B. von Herrn v. Bunsen gelten, der inzwischen, wie man aus einer
Controverse zwischen der „Nordd. Allg. Zeitung" und der seeessionistischcn „Tribüne"
schließen könnte und geschlossen hat, sich als Mitarbeiter am letztgenannten Blatte
nützlich macht, von dem wir aber sonst nicht viel mehr wissen, als daß er vor
zwei Jahren in einer seiner Reden den monumentalen Ausspruch that, der Reichs¬
kanzler sei in der öffentlichen Meinung gerichtet. Herrn v. Keudell unter den
Propheten von Manchester zu finden, kann einige Verwunderung erregen, aber
»um beachte das Jahr seiner Aufnahme; ein Ministerium Delbrück war 1875
nicht unmöglich.

Leo v. Romberg ist weder Parlamentarier noch Journalist oder sonstwie
schriftstellerisch thätig, sondern — ein englischer Ausdruck giebt wohl am besten
wieder, was wir meinen — urtm g-vont door. Man sagt, er erfülle für einen
Hnuptführer der deutschen Mauchcstermänner ungefähr die Functionen, welche
unter dein hochseligen Kaiser Nikolaus die sogenannten Conversationsmajors bei
den Regimentern hatten.

Herr Otto Michaelis wurde vor einigen Monaten von der „Deutschen Volks-
Mtnng" in Hamburg, augenscheinlich von wohlunterrichteter Feder, wie folgt
beleuchtet: „Welche Rolle'mag wohl Herr Otto Michaelis jetzt spielen? Man
liest selten etwas über ihn und nur gutes. Katholik, in der Gegend zu Hause,
ans der Waldeck stammte, wurde er durch die Ultramontanen zuerst in den Land¬
tag gebracht. Vorher schon gehörte er zu dein Dreigestirn von Missionäre»,
welche dem deutschen Volke die Lehre vom absoluten Schachermachai verkündeten.
Faucher, von dem einmal in englischen Blättern zu lesen war, daß er für seine
Mühe direct vou Manchester entschädigt werde, und Prince-Smith sind todt.
Andre Apostel sind für literarische Leistungen von dem Freihandelsverein einer
'wrddcutschen Stadt (Stettin ist gemeint) honorirt worden, und es war nur
billig, daß Manchester zu der Kasse dieses Vereins beitrug.*) Doch auf Herr»



*) Als die „Grenzlwten" im Januar 1879 hierauf hinwiesen, nerieth ein Herr Hr. Wolff,
Redacteur der „Ostsee-Zeitung," in sittliche Empörung und sprach von Nerlcumdnng. Wir
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/279>, abgerufen am 01.09.2024.