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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Entwicklung der Fondulität und das deutsche Kriegswesen in, frühen Mittelalter.

einzelnen Neichsstaudes diente, und dieser numerus scheint um die Wende des
12, und 13, Jahrhunderts noch derselbe gewesen zu sein wie zur Zeit der Ottonen.
Jm Jahre 1166 stellt der Erzbischof von Cöln, im Jahre 1200 der Abt von
Se, Gallen, jener 100, dieser 20 Ritter zum Rcichshcere, gerade wie im Jahre
981 unter Otto II.

Das alte unbedingte Recht des Königs, nach Belieben eine Heerfahrt
anzufangen, dauerte bis auf die wirrenreiche Zeit Heinrichs IV. Damals erst
kam der Brauch auf, daß die Fürsten die vom Könige vorgeschlagene Heerfahrt
beschlossen oder verwarfen. Falls sie zustimmten, so verpflichteten sie sich durch
einen Eid, am bestimmten Tage am verabredeten Orte zu erscheinen/) Ueber
die Stärke ihrer Kontingente enthielt der Eid nichts. Offenbar war die ge¬
bräuchliche Zahl sehr gering gegriffen und wurde daher von den Vassallen
in den meisten Fällen nicht nur inne gehalten, sondern überschritten. Hing doch
von der Größe und Tüchtigkeit des Gefolges, mit welchem die Herren auftraten,
ihre persönliche Geltung und Bedeutung ab. Wollte aber der König einmal
sicher sein, daß ein Fürst ihm mit bestimmter Stärke zuziehe, so schloß er sür
deu Einzelfall einen besondre" Vertrag ab, wobei dann unzweifelhaft stets über
den oonsustus llunrizi'us hinausgegangen wurde.

Bei Zügen in Ländern deutscher Zunge lag nachweislich zwischen der feier¬
lichen Ankündigung der Heerfahrt und der Heeresvcrsammlung schon im
10. Jahrhundert gewöhnlich ein vierzigtägigcr Zeitraum, und einen solchen er¬
klären auch die spätern Landrechtsbücher für nothwendig, während sie verlangen,
daß die solomnis incliotio der Romfahrt oder der "Fahrt über Berg" Jahr und
Tag (eines Wnuin, <ze ale-in) vor dem Aufbruche geschehe. Gesetzlich waren jedoch
diese Fristen, wenigstens bis in die Zeiten Heinrichs V. und Heinrichs VI., nicht.

Das Aufgebot des Königs erging unter Heinrich II. noch ganz wie in
alten Tagen grafschaftsweise. Noch immer ward die Heerfahrt bei Königsbann
geboten, und anch die Bannbuße wurde gesetzlich noch dem Könige gezahlt. Die
Verleihung der letztern als Einnahme an die Großen nahm indessen mehr und
mehr überhand, und damit zugleich auch wohl das Recht des Aufgebotes selbst
innerhalb der Territorialgebiete, die doch nur theilweise mit den alten Graf¬
schaften zusammenfielen.

Da die Fürsten meist nnr einen Theil ihrer Vassallen und Ministerialen
dem Heere zuführten, so fand eine Auswahl statt, und schon im 11. Jahr¬
hundert zeigt sich, daß die Zurückbleibenden eine Heerstener zahlten. Den Va¬
sallen allerdings verpflichtete das Lehenrecht ursprünglich offenbar nur zur Kriegs-



*) Die Eidesleistung, welche in besondrer feierlicher onris. stattfand, läßt sich bis un¬
gefähr zum Jahre 1240 nachweisen. Sie verpflichtete nicht nur die Fürsten, sondern auch den
König und von den Fürsten auch diejenigen, welche nicht auf dem Hoftage anwesend, nicht
persönlich vereinigt worden waren. Denn sie konnten der Curie doch nur durch eigene Schuld
oder mit des Königs Erlaubniß fern geblieben sein.
Die Entwicklung der Fondulität und das deutsche Kriegswesen in, frühen Mittelalter.

einzelnen Neichsstaudes diente, und dieser numerus scheint um die Wende des
12, und 13, Jahrhunderts noch derselbe gewesen zu sein wie zur Zeit der Ottonen.
Jm Jahre 1166 stellt der Erzbischof von Cöln, im Jahre 1200 der Abt von
Se, Gallen, jener 100, dieser 20 Ritter zum Rcichshcere, gerade wie im Jahre
981 unter Otto II.

Das alte unbedingte Recht des Königs, nach Belieben eine Heerfahrt
anzufangen, dauerte bis auf die wirrenreiche Zeit Heinrichs IV. Damals erst
kam der Brauch auf, daß die Fürsten die vom Könige vorgeschlagene Heerfahrt
beschlossen oder verwarfen. Falls sie zustimmten, so verpflichteten sie sich durch
einen Eid, am bestimmten Tage am verabredeten Orte zu erscheinen/) Ueber
die Stärke ihrer Kontingente enthielt der Eid nichts. Offenbar war die ge¬
bräuchliche Zahl sehr gering gegriffen und wurde daher von den Vassallen
in den meisten Fällen nicht nur inne gehalten, sondern überschritten. Hing doch
von der Größe und Tüchtigkeit des Gefolges, mit welchem die Herren auftraten,
ihre persönliche Geltung und Bedeutung ab. Wollte aber der König einmal
sicher sein, daß ein Fürst ihm mit bestimmter Stärke zuziehe, so schloß er sür
deu Einzelfall einen besondre» Vertrag ab, wobei dann unzweifelhaft stets über
den oonsustus llunrizi'us hinausgegangen wurde.

Bei Zügen in Ländern deutscher Zunge lag nachweislich zwischen der feier¬
lichen Ankündigung der Heerfahrt und der Heeresvcrsammlung schon im
10. Jahrhundert gewöhnlich ein vierzigtägigcr Zeitraum, und einen solchen er¬
klären auch die spätern Landrechtsbücher für nothwendig, während sie verlangen,
daß die solomnis incliotio der Romfahrt oder der „Fahrt über Berg" Jahr und
Tag (eines Wnuin, <ze ale-in) vor dem Aufbruche geschehe. Gesetzlich waren jedoch
diese Fristen, wenigstens bis in die Zeiten Heinrichs V. und Heinrichs VI., nicht.

Das Aufgebot des Königs erging unter Heinrich II. noch ganz wie in
alten Tagen grafschaftsweise. Noch immer ward die Heerfahrt bei Königsbann
geboten, und anch die Bannbuße wurde gesetzlich noch dem Könige gezahlt. Die
Verleihung der letztern als Einnahme an die Großen nahm indessen mehr und
mehr überhand, und damit zugleich auch wohl das Recht des Aufgebotes selbst
innerhalb der Territorialgebiete, die doch nur theilweise mit den alten Graf¬
schaften zusammenfielen.

Da die Fürsten meist nnr einen Theil ihrer Vassallen und Ministerialen
dem Heere zuführten, so fand eine Auswahl statt, und schon im 11. Jahr¬
hundert zeigt sich, daß die Zurückbleibenden eine Heerstener zahlten. Den Va¬
sallen allerdings verpflichtete das Lehenrecht ursprünglich offenbar nur zur Kriegs-



*) Die Eidesleistung, welche in besondrer feierlicher onris. stattfand, läßt sich bis un¬
gefähr zum Jahre 1240 nachweisen. Sie verpflichtete nicht nur die Fürsten, sondern auch den
König und von den Fürsten auch diejenigen, welche nicht auf dem Hoftage anwesend, nicht
persönlich vereinigt worden waren. Denn sie konnten der Curie doch nur durch eigene Schuld
oder mit des Königs Erlaubniß fern geblieben sein.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/246>, abgerufen am 25.11.2024.