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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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projectirten Verbindung eine freudige und ehrenvolle Befestigung der alten Ver¬
wandtschaftsbande der königlichen Häuser von Hannover und Preußen erblicke,
daß er aber niemals einen zwingenden Einfluß auf die Wahl seiner Tochter
auszuüben entschlossen sei, und daß er daher wünsche, den beiden jungen fürst¬
lichen Personen Zeit zu näherer Bekanntschaft mit einander und zur Prüfung
ihrer Gefühle zu lassen," mußte der Berliner Hof hierin eine bloße Ausflucht
und einen Versuch, aus politischen Motiven Aufschub zu erlangen, erblicken. Der
König erschien mit seinem Zaudern, wie man zu sagen pflegt, als unsicherer
Cautonist, er hatte die Prüfung auf seine Gesinnung nicht bestanden, er verrieth
deutlich Hintergedanken. Dies war um so weniger zu verkennen, als, wie sein
Panegyrist selbst berichtet, "die unmittelbar nach der Rückkehr des Grafen Platen
durch den Prinzen Isenburg öden preußischen Gesandten in Hauuvvcrl aufge¬
nommenen Verhandlungen über den Abschluß des Neutralitätsvertrages wieder
verzögernden Hinhaltungen begegneten, indem Graf Platen dein Prinzen unter
Wiederholung der prineipmäßigeu Bereitwilligkeit in der liebenswürdigsten Weise
erklärte, daß die Sache ja durchaus nicht so große Eile habe und in den formellen
Punkten der reiflichster Erwägung bedürfe."

Daß der König von Hannover dem Abschluß des Nentralitätsvertrags fort¬
während auswich, dankte Preußen und danken jetzt wir mit etwas ironischer
Miene zum Theil der Londoner Politik, welche Preußen und Deutschland niemals
aufrichtig wohl gewollt hat. Die englische Diplomatie entwickelte damals eine
sehr lebhaft gegen Preußen gerichtete Thätigkeit. "Mehrfach," erzählt Medi"g,
"theilte mir der König mit, daß Lord Clarendon in persönlich an Se. Majestät
gerichteten Briefen ihn zum entschiedenen Anschlusse an Oesterreich zu bewegen
suche, und Sir Charles When jder britische Gesandte an Georgs Hvfej wieder¬
holte unausgesetzt die dringendsten Vorstellungen in demselben Sinne. Die
Mahnungen des Lord Clarendon und des Sir Charles Whke gaben dem Grafen
Platen einen Grund mehr, immer weiter den Abschluß eines Vertrags zu ver¬
zögern, der auszer dem deutschen Bunde und Oesterreich auch noch die Hannover
am nächsten stehende europäische Großmacht verletzen mußte."

Besonders interessant, wenn durchgehends wahr, ist das, was Meding, wie
er angiebt, nach Mittheilungen des Ministers Dronyn de l'Huss über die Stellung
berichtet, die Frankreich zu dem Streite zwischen Preußen und Oesterreich ein¬
nahm. Napoleon wollte den Krieg zwischen diesen beiden Mächten. Der Vertrag
von Gastein verstimmte ihn. Sehr gern sah man es daher in Paris, als neue
Differenzen zwischen Berlin und Wien auftauchten, und mit Eifer that man sein
Möglichstes, um den Conflict der Meinungen bis zur Entscheidung durch die
Waffen zu treiben. Hierbei fand aber wieder das Doppelspiel statt, von dein
Napoleon nicht lassen konnte. Er machte durch seinen Minister des Auswärtigen
officielle Politik und war daneben persönlich in der entgegengesetzten Richtung
thätig, bereit, im gegebnen Augenblicke den Minister bei Seite zu schieben und


Hcmnvvors Gute u>it L^orr Meding.

projectirten Verbindung eine freudige und ehrenvolle Befestigung der alten Ver¬
wandtschaftsbande der königlichen Häuser von Hannover und Preußen erblicke,
daß er aber niemals einen zwingenden Einfluß auf die Wahl seiner Tochter
auszuüben entschlossen sei, und daß er daher wünsche, den beiden jungen fürst¬
lichen Personen Zeit zu näherer Bekanntschaft mit einander und zur Prüfung
ihrer Gefühle zu lassen," mußte der Berliner Hof hierin eine bloße Ausflucht
und einen Versuch, aus politischen Motiven Aufschub zu erlangen, erblicken. Der
König erschien mit seinem Zaudern, wie man zu sagen pflegt, als unsicherer
Cautonist, er hatte die Prüfung auf seine Gesinnung nicht bestanden, er verrieth
deutlich Hintergedanken. Dies war um so weniger zu verkennen, als, wie sein
Panegyrist selbst berichtet, „die unmittelbar nach der Rückkehr des Grafen Platen
durch den Prinzen Isenburg öden preußischen Gesandten in Hauuvvcrl aufge¬
nommenen Verhandlungen über den Abschluß des Neutralitätsvertrages wieder
verzögernden Hinhaltungen begegneten, indem Graf Platen dein Prinzen unter
Wiederholung der prineipmäßigeu Bereitwilligkeit in der liebenswürdigsten Weise
erklärte, daß die Sache ja durchaus nicht so große Eile habe und in den formellen
Punkten der reiflichster Erwägung bedürfe."

Daß der König von Hannover dem Abschluß des Nentralitätsvertrags fort¬
während auswich, dankte Preußen und danken jetzt wir mit etwas ironischer
Miene zum Theil der Londoner Politik, welche Preußen und Deutschland niemals
aufrichtig wohl gewollt hat. Die englische Diplomatie entwickelte damals eine
sehr lebhaft gegen Preußen gerichtete Thätigkeit. „Mehrfach," erzählt Medi»g,
„theilte mir der König mit, daß Lord Clarendon in persönlich an Se. Majestät
gerichteten Briefen ihn zum entschiedenen Anschlusse an Oesterreich zu bewegen
suche, und Sir Charles When jder britische Gesandte an Georgs Hvfej wieder¬
holte unausgesetzt die dringendsten Vorstellungen in demselben Sinne. Die
Mahnungen des Lord Clarendon und des Sir Charles Whke gaben dem Grafen
Platen einen Grund mehr, immer weiter den Abschluß eines Vertrags zu ver¬
zögern, der auszer dem deutschen Bunde und Oesterreich auch noch die Hannover
am nächsten stehende europäische Großmacht verletzen mußte."

Besonders interessant, wenn durchgehends wahr, ist das, was Meding, wie
er angiebt, nach Mittheilungen des Ministers Dronyn de l'Huss über die Stellung
berichtet, die Frankreich zu dem Streite zwischen Preußen und Oesterreich ein¬
nahm. Napoleon wollte den Krieg zwischen diesen beiden Mächten. Der Vertrag
von Gastein verstimmte ihn. Sehr gern sah man es daher in Paris, als neue
Differenzen zwischen Berlin und Wien auftauchten, und mit Eifer that man sein
Möglichstes, um den Conflict der Meinungen bis zur Entscheidung durch die
Waffen zu treiben. Hierbei fand aber wieder das Doppelspiel statt, von dein
Napoleon nicht lassen konnte. Er machte durch seinen Minister des Auswärtigen
officielle Politik und war daneben persönlich in der entgegengesetzten Richtung
thätig, bereit, im gegebnen Augenblicke den Minister bei Seite zu schieben und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/230>, abgerufen am 26.11.2024.