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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Lntwicklung der Fendalitä't uno das de"tsche Rriegswesen im frühen Mittelalter.

seinem persönlichen Interesse nachreitenden schreiben wollte. Dagegen leistete er
einige Zeitromane, die Glück machten, obwohl sie eher alles andre als Kunstwerke
waren.

Hiermit wäre man in Betreff des Verfassers unsrer Schrift und des Haupt¬
gegenstandes derselben soweit aufgeklärt, daß man sie mit Nutzen und ohne Schaden
lesen kann. In einem folgenden Abschnitt werden wir einiges von dem neuen,
das sie bringt, mittheilen.




Die Entwicklung der jeudalität
und das deutsche Kriegswesen im frühen Mttelalter.
von Max Jähns. (Fortsetzung.)

it zwingender Gewalt löste nach Karls des Großen Tode der un¬
widerstehliche Sondertrieb der einzelnen Nationalitäten das abend¬
ländische Kaiserthum ans. Gelang es anch noch einmal dem Arnulf,
von Baiern aus, wenigstens den Gedanken des Imperiums zu
retten, im wirklichen Leben fand er keine Stätte mehr; überall
schießen die Volksmasse" um örtliche Mittelpunkte zu kleineren Stammesgrnppcn
zusammen. Mit dem Kaiserthum zugleich schien auch das Königthum verloren
zu sein; die Zeit der Herzogthümer war aufs neue angebrochen. In Frank¬
reich tobte der Streit zwischen den Resten der karlingischen Familie und den
großen Vassallen; nicht geringer waren die Parteikämpfe in Burgund, und das
vstfränkische Reich zerfiel um das Jahr 900 in fünf erbliche Herzogthümer:
Franken, Schwaben, Lothringen, Baiern und Sachsen, die nur sehr lose durch
den Königsnamen verbunden waren. Wenn man sich fragt, wo auf dem vom
Germanenthume im 10. Jahrhundert innegehabten festländischen Boden eine Macht
emporwachsen konnte, welche imstande war, sich als Kern eines selbständigen
Deutschthums zu behaupten, so liegt die Vermuthung nahe, daß dies nur da
geschehen konnte, wo die Bedeutung altherzoglichcr Macht zusammenfloß mit der
kriegerischen Kraft markgräflicher Würde und beide zugleich von eigenartigem
Volksthume getragen wurden. Diese Bedingungen waren in Sachsen gegeben.

Länger als bei allen andern germanischen Stämmen haben bei dem der
Sachsen Religion, Staatsverfassung, Wehrwesen und Kriegführung sich in den
Merthümlichen Formen der Urzeit erhalten. Ein Theil des Volkes hatte in der


Die Lntwicklung der Fendalitä't uno das de»tsche Rriegswesen im frühen Mittelalter.

seinem persönlichen Interesse nachreitenden schreiben wollte. Dagegen leistete er
einige Zeitromane, die Glück machten, obwohl sie eher alles andre als Kunstwerke
waren.

Hiermit wäre man in Betreff des Verfassers unsrer Schrift und des Haupt¬
gegenstandes derselben soweit aufgeklärt, daß man sie mit Nutzen und ohne Schaden
lesen kann. In einem folgenden Abschnitt werden wir einiges von dem neuen,
das sie bringt, mittheilen.




Die Entwicklung der jeudalität
und das deutsche Kriegswesen im frühen Mttelalter.
von Max Jähns. (Fortsetzung.)

it zwingender Gewalt löste nach Karls des Großen Tode der un¬
widerstehliche Sondertrieb der einzelnen Nationalitäten das abend¬
ländische Kaiserthum ans. Gelang es anch noch einmal dem Arnulf,
von Baiern aus, wenigstens den Gedanken des Imperiums zu
retten, im wirklichen Leben fand er keine Stätte mehr; überall
schießen die Volksmasse» um örtliche Mittelpunkte zu kleineren Stammesgrnppcn
zusammen. Mit dem Kaiserthum zugleich schien auch das Königthum verloren
zu sein; die Zeit der Herzogthümer war aufs neue angebrochen. In Frank¬
reich tobte der Streit zwischen den Resten der karlingischen Familie und den
großen Vassallen; nicht geringer waren die Parteikämpfe in Burgund, und das
vstfränkische Reich zerfiel um das Jahr 900 in fünf erbliche Herzogthümer:
Franken, Schwaben, Lothringen, Baiern und Sachsen, die nur sehr lose durch
den Königsnamen verbunden waren. Wenn man sich fragt, wo auf dem vom
Germanenthume im 10. Jahrhundert innegehabten festländischen Boden eine Macht
emporwachsen konnte, welche imstande war, sich als Kern eines selbständigen
Deutschthums zu behaupten, so liegt die Vermuthung nahe, daß dies nur da
geschehen konnte, wo die Bedeutung altherzoglichcr Macht zusammenfloß mit der
kriegerischen Kraft markgräflicher Würde und beide zugleich von eigenartigem
Volksthume getragen wurden. Diese Bedingungen waren in Sachsen gegeben.

Länger als bei allen andern germanischen Stämmen haben bei dem der
Sachsen Religion, Staatsverfassung, Wehrwesen und Kriegführung sich in den
Merthümlichen Formen der Urzeit erhalten. Ein Theil des Volkes hatte in der


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[0197] Die Lntwicklung der Fendalitä't uno das de»tsche Rriegswesen im frühen Mittelalter. seinem persönlichen Interesse nachreitenden schreiben wollte. Dagegen leistete er einige Zeitromane, die Glück machten, obwohl sie eher alles andre als Kunstwerke waren. Hiermit wäre man in Betreff des Verfassers unsrer Schrift und des Haupt¬ gegenstandes derselben soweit aufgeklärt, daß man sie mit Nutzen und ohne Schaden lesen kann. In einem folgenden Abschnitt werden wir einiges von dem neuen, das sie bringt, mittheilen. Die Entwicklung der jeudalität und das deutsche Kriegswesen im frühen Mttelalter. von Max Jähns. (Fortsetzung.) it zwingender Gewalt löste nach Karls des Großen Tode der un¬ widerstehliche Sondertrieb der einzelnen Nationalitäten das abend¬ ländische Kaiserthum ans. Gelang es anch noch einmal dem Arnulf, von Baiern aus, wenigstens den Gedanken des Imperiums zu retten, im wirklichen Leben fand er keine Stätte mehr; überall schießen die Volksmasse» um örtliche Mittelpunkte zu kleineren Stammesgrnppcn zusammen. Mit dem Kaiserthum zugleich schien auch das Königthum verloren zu sein; die Zeit der Herzogthümer war aufs neue angebrochen. In Frank¬ reich tobte der Streit zwischen den Resten der karlingischen Familie und den großen Vassallen; nicht geringer waren die Parteikämpfe in Burgund, und das vstfränkische Reich zerfiel um das Jahr 900 in fünf erbliche Herzogthümer: Franken, Schwaben, Lothringen, Baiern und Sachsen, die nur sehr lose durch den Königsnamen verbunden waren. Wenn man sich fragt, wo auf dem vom Germanenthume im 10. Jahrhundert innegehabten festländischen Boden eine Macht emporwachsen konnte, welche imstande war, sich als Kern eines selbständigen Deutschthums zu behaupten, so liegt die Vermuthung nahe, daß dies nur da geschehen konnte, wo die Bedeutung altherzoglichcr Macht zusammenfloß mit der kriegerischen Kraft markgräflicher Würde und beide zugleich von eigenartigem Volksthume getragen wurden. Diese Bedingungen waren in Sachsen gegeben. Länger als bei allen andern germanischen Stämmen haben bei dem der Sachsen Religion, Staatsverfassung, Wehrwesen und Kriegführung sich in den Merthümlichen Formen der Urzeit erhalten. Ein Theil des Volkes hatte in der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/197>, abgerufen am 25.11.2024.