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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Hannovers Ende und Herr Meding,

schiedenen Manövern der Mittelstaaten, Preußen im Bunde ein Bein zu stellen
und -- man erinnere sich der Küsteubefestigungsfrage -- seine Pläne zu Gunsten
Deutschlands zu vereiteln, bekannt auch die streng großdeutsche Richtung der
liberalen Minister, die dem Grafen Borries auf kurze Zeit im Amte folgten,
und deren feindselige Stellung zu Preußen in Sachen des Zollvereins und des
Handelsvertrages mit Frankreich, bekannt endlich die Betheiligung des Königs
an dem 1863 auf dem Frankfurter Fürstentage unternommenen Versuche, Preußen
in eine seiner Machtfülle unangemessene Stellung zu versetzen. Als dann mit
der Entscheidung der Schleswig-holsteinischen Frage der Conflict zwischen Preußens
und Oesterreichs Ansprüchen vom Gebiete der Noten, Denkschriften und Zeitungs¬
artikel auf das der Thaten hinübertrat, stand der König von Hannover der
herannahenden Prüfuugsstundc mit seinem ganzen Welfenwahnsinn und seiner
bornirten Hartnäckigkeit, die ihn jedes wirkliche Opfer an seiner Souveränetät
als Saerilegium betrachten ließen, mit einer ersten Kammer, die ihn in seiner
verblendeten Eigensucht bestärkte, und einem Ministerium gegenüber, welches von
ihm lediglich in der Absicht gewählt sein konnte, sich mit Männern zu um¬
geben, die sich als blinde Werkzeuge des Willens ihres blinden Monarchen
gebrauchen lassen würden. Umsonst, daß ihm vor Ausbruch des Krieges Gelegen¬
heit geboten wurde, sich die Krone mit einem Opfer zu Gunsten des Gesammt-
vaterlandes zu retten. Umsonst, daß diese Gelegenheit noch kurz vor der Capitulation
von Langensalza an ihn herantrat. Er hatte seinen welfisch-stuartischen Dünkel
mit ins Exil genommen, und er blieb von ihm besessen, bis er ins Grab stieg,
worauf sein Sohn mit dem übrigen stark geschmälerten Erbe auch diesen Dünkel,
und zwar ungeschmälert, übernahm.

Man hat den Untergang Hannovers eine Tragödie genannt. Wir finden,
daß das Drama auch komische Scenen und Personen hatte. Gewisse Leute sahen
darin zuweilen wie -- nun, sagen wir, wie lustige Rathe aus, z. B. der letzte
Minister des Auswärtigen, Graf Platen, die incarnirte Unfähigkeit, und Herr
Oskar Meding, zu dem wir uns jetzt wenden wollen.

Meding, ein geborener Königsberger und Sohn eines Präsidenten der Pro¬
vinz Ostpreußen, war bis 1859 als Rcgierungsassessor in der preußischen Ver¬
waltung, vorzüglich für Preßsnchen angestellt, ging aber dann, indem er sich und
seine Talente dort nicht genug gewürdigt und belohnt glaubte, in den hannoverischen
Staatsdienst über, wo er unter Graf Borries die Leitung der officiösen Presse
übernahm, wozu sich unter den hannöverschen Beamten keine Persönlichkeit fand,
die dem Minister genehm gewesen wäre. Er wurde formell der Landdrvstei
Hannover beigeordnet, ohne jedoch wirklich bei dieser Behörde Dienste zu leisten.
Seine eigentliche Aufgabe war vielmehr die Redaction der "Neuen Hannoverischen
Zeitung" und die Versorgung auswärtiger Blätter mit Artikeln, die von Borries
inspirirt waren. Ohne Ueberfluß an dem, was man Gesinnung nennt, ohne
irgend welche Spur von Vaterlandsliebe, fand er es leicht, den Preußen aus-


Hannovers Ende und Herr Meding,

schiedenen Manövern der Mittelstaaten, Preußen im Bunde ein Bein zu stellen
und — man erinnere sich der Küsteubefestigungsfrage — seine Pläne zu Gunsten
Deutschlands zu vereiteln, bekannt auch die streng großdeutsche Richtung der
liberalen Minister, die dem Grafen Borries auf kurze Zeit im Amte folgten,
und deren feindselige Stellung zu Preußen in Sachen des Zollvereins und des
Handelsvertrages mit Frankreich, bekannt endlich die Betheiligung des Königs
an dem 1863 auf dem Frankfurter Fürstentage unternommenen Versuche, Preußen
in eine seiner Machtfülle unangemessene Stellung zu versetzen. Als dann mit
der Entscheidung der Schleswig-holsteinischen Frage der Conflict zwischen Preußens
und Oesterreichs Ansprüchen vom Gebiete der Noten, Denkschriften und Zeitungs¬
artikel auf das der Thaten hinübertrat, stand der König von Hannover der
herannahenden Prüfuugsstundc mit seinem ganzen Welfenwahnsinn und seiner
bornirten Hartnäckigkeit, die ihn jedes wirkliche Opfer an seiner Souveränetät
als Saerilegium betrachten ließen, mit einer ersten Kammer, die ihn in seiner
verblendeten Eigensucht bestärkte, und einem Ministerium gegenüber, welches von
ihm lediglich in der Absicht gewählt sein konnte, sich mit Männern zu um¬
geben, die sich als blinde Werkzeuge des Willens ihres blinden Monarchen
gebrauchen lassen würden. Umsonst, daß ihm vor Ausbruch des Krieges Gelegen¬
heit geboten wurde, sich die Krone mit einem Opfer zu Gunsten des Gesammt-
vaterlandes zu retten. Umsonst, daß diese Gelegenheit noch kurz vor der Capitulation
von Langensalza an ihn herantrat. Er hatte seinen welfisch-stuartischen Dünkel
mit ins Exil genommen, und er blieb von ihm besessen, bis er ins Grab stieg,
worauf sein Sohn mit dem übrigen stark geschmälerten Erbe auch diesen Dünkel,
und zwar ungeschmälert, übernahm.

Man hat den Untergang Hannovers eine Tragödie genannt. Wir finden,
daß das Drama auch komische Scenen und Personen hatte. Gewisse Leute sahen
darin zuweilen wie — nun, sagen wir, wie lustige Rathe aus, z. B. der letzte
Minister des Auswärtigen, Graf Platen, die incarnirte Unfähigkeit, und Herr
Oskar Meding, zu dem wir uns jetzt wenden wollen.

Meding, ein geborener Königsberger und Sohn eines Präsidenten der Pro¬
vinz Ostpreußen, war bis 1859 als Rcgierungsassessor in der preußischen Ver¬
waltung, vorzüglich für Preßsnchen angestellt, ging aber dann, indem er sich und
seine Talente dort nicht genug gewürdigt und belohnt glaubte, in den hannoverischen
Staatsdienst über, wo er unter Graf Borries die Leitung der officiösen Presse
übernahm, wozu sich unter den hannöverschen Beamten keine Persönlichkeit fand,
die dem Minister genehm gewesen wäre. Er wurde formell der Landdrvstei
Hannover beigeordnet, ohne jedoch wirklich bei dieser Behörde Dienste zu leisten.
Seine eigentliche Aufgabe war vielmehr die Redaction der „Neuen Hannoverischen
Zeitung" und die Versorgung auswärtiger Blätter mit Artikeln, die von Borries
inspirirt waren. Ohne Ueberfluß an dem, was man Gesinnung nennt, ohne
irgend welche Spur von Vaterlandsliebe, fand er es leicht, den Preußen aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/192>, abgerufen am 26.11.2024.