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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.

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Die Entwicklung der Fendalita't und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter.

nur ausnahmsweise war diese Kutte (volo ä'^rav") mit eisernen Plättchen be¬
deckt, welche sich dachziegelartig übcreinanderschobcn. Die Reiter dagegen waren
schon damals meist besser gerüstet; sie trugen ein ledernes Strcitgewcmd, welches
auch die Beine talarartig umhüllte und durchweg mit Schuppen, Ringen oder
Ketten benäht war, sodaß jeder Hieb auf Eisen traf. El" solches Kampfgewand
hieß Brünne (lonog.) und war sehr geschätzt, aber auch recht theuer; nur der
Wohlhabende vermochte es sich anzuschaffen, nur der Reiche konnte auch einen
Theil seines Gefolges damit ausrüsten. Bei der Mangelhaftigkeit der Trutz-
wnffen jeuer Zeit gab nun die Brünne großes Uebergewicht im Kampfe; auf
die Dauer vermochten aber nur Reiter so schweres Streitgewand zu tragen, und
daher schließt die Bezeichnung "Gewappnete" (lorioati, -u'mM) auch stets die Be¬
deutung "Reiter" ein und hat zugleich den Nebenbegriff einer Elite gegenüber dem
iMvw'is vulgus nuäatum des gewöhnlichen Fußvolksanfgcbotes. Also auch die
Ausbildung der Schutzbcwaffnuug war ein Grund für die Vorherrschaft der Reiterei
in den Heeren und damit zugleich für das Uebergewicht der Vassallcn nebst ihren
Gefolgen über die Reste des alten Heerbannes.

Um den Preis der Brunnen herabzudrücken, verbot Karl der Große deren
Ausfuhr, und um möglichst viel Brunnen in seinem Heere zu versammeln, ver¬
langte er, daß jeder Besitzer von zwölf Hufen mit der Brünne gerüstet zu Felde
ziehen solle, sowie daß jedes Kloster, welches mehr Brunnen besäße als es für
die eignen Mannen brauche, den übrigbleibenden Bestand den königlichen Beamten
zur Verfügung zu stellen habe. Karl der Kahle erneute diese Bestimmungen
und erweiterte sie noch durch ein Pferdeausfuhrvcrbvt. Deal volle Rüstung
und Roßdienst gingen ja Hand in Hand. Ein gut gerüstetes Rciterheer brauchte
bei weitem nicht so stark zu sein als ein schlcchtbewaffnetes Fußvolkshecr, um
denselben militärischen Erfolg zu ermöglichen. Eine Verringerung der Kopfzahl
des Heeres gestattete aber eben die so sehr erwünschte Verminderung des Trains;
denn hinsichtlich der Fouragiruug rechnete man, vielleicht allzu zuversichtlich,
vorzugsweise auf den Weidegang der Pferde. Bald werden anch die Train-
fahrzenge. statt wie bisher von Ochsen, von Pferden gezogen, und endlich geht
man (noch im 9. Jahrhundert) sogar dazu über, die Wagen durch Packpferde
SU ersetzen, wodurch man weit unabhängiger von der Beschaffenheit der Straßen
wurde. Solche Erleichterungen bestärkten immer aufs neue in der Anschauung,
daß kleine bewegliche Rciterheerc großen schwerfällige" Fußvolksaufgcboten vor¬
zuziehen seien, und da mit dem großen Train auch die Nothwendigkeit einer
starke" militärischen Bedeckung desselben verschwand, so wurden die o-iwlw'ii,
berittenen Ministerialen. welche bisher ster jenen Zweck verwendet worden
""ren, für die Aufgaben der leichten Cavallerie verfügbar. Sie sind acht mors
u"iÄwm mit der lorwa gewappnet, sondern sie sind nur seuw'u. d. h. ehre
H""ptschmm.asse ist der Schild. Eine solche leichte Reiterei neben der in schweren
Kettenhemden fechtenden Ritterschaft steigerte natürlich die Brauchbarkeit der Retter-


Grenzbvten III. 1881.
Die Entwicklung der Fendalita't und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter.

nur ausnahmsweise war diese Kutte (volo ä'^rav«) mit eisernen Plättchen be¬
deckt, welche sich dachziegelartig übcreinanderschobcn. Die Reiter dagegen waren
schon damals meist besser gerüstet; sie trugen ein ledernes Strcitgewcmd, welches
auch die Beine talarartig umhüllte und durchweg mit Schuppen, Ringen oder
Ketten benäht war, sodaß jeder Hieb auf Eisen traf. El» solches Kampfgewand
hieß Brünne (lonog.) und war sehr geschätzt, aber auch recht theuer; nur der
Wohlhabende vermochte es sich anzuschaffen, nur der Reiche konnte auch einen
Theil seines Gefolges damit ausrüsten. Bei der Mangelhaftigkeit der Trutz-
wnffen jeuer Zeit gab nun die Brünne großes Uebergewicht im Kampfe; auf
die Dauer vermochten aber nur Reiter so schweres Streitgewand zu tragen, und
daher schließt die Bezeichnung „Gewappnete" (lorioati, -u'mM) auch stets die Be¬
deutung „Reiter" ein und hat zugleich den Nebenbegriff einer Elite gegenüber dem
iMvw'is vulgus nuäatum des gewöhnlichen Fußvolksanfgcbotes. Also auch die
Ausbildung der Schutzbcwaffnuug war ein Grund für die Vorherrschaft der Reiterei
in den Heeren und damit zugleich für das Uebergewicht der Vassallcn nebst ihren
Gefolgen über die Reste des alten Heerbannes.

Um den Preis der Brunnen herabzudrücken, verbot Karl der Große deren
Ausfuhr, und um möglichst viel Brunnen in seinem Heere zu versammeln, ver¬
langte er, daß jeder Besitzer von zwölf Hufen mit der Brünne gerüstet zu Felde
ziehen solle, sowie daß jedes Kloster, welches mehr Brunnen besäße als es für
die eignen Mannen brauche, den übrigbleibenden Bestand den königlichen Beamten
zur Verfügung zu stellen habe. Karl der Kahle erneute diese Bestimmungen
und erweiterte sie noch durch ein Pferdeausfuhrvcrbvt. Deal volle Rüstung
und Roßdienst gingen ja Hand in Hand. Ein gut gerüstetes Rciterheer brauchte
bei weitem nicht so stark zu sein als ein schlcchtbewaffnetes Fußvolkshecr, um
denselben militärischen Erfolg zu ermöglichen. Eine Verringerung der Kopfzahl
des Heeres gestattete aber eben die so sehr erwünschte Verminderung des Trains;
denn hinsichtlich der Fouragiruug rechnete man, vielleicht allzu zuversichtlich,
vorzugsweise auf den Weidegang der Pferde. Bald werden anch die Train-
fahrzenge. statt wie bisher von Ochsen, von Pferden gezogen, und endlich geht
man (noch im 9. Jahrhundert) sogar dazu über, die Wagen durch Packpferde
SU ersetzen, wodurch man weit unabhängiger von der Beschaffenheit der Straßen
wurde. Solche Erleichterungen bestärkten immer aufs neue in der Anschauung,
daß kleine bewegliche Rciterheerc großen schwerfällige» Fußvolksaufgcboten vor¬
zuziehen seien, und da mit dem großen Train auch die Nothwendigkeit einer
starke» militärischen Bedeckung desselben verschwand, so wurden die o-iwlw'ii,
berittenen Ministerialen. welche bisher ster jenen Zweck verwendet worden
""ren, für die Aufgaben der leichten Cavallerie verfügbar. Sie sind acht mors
u»iÄwm mit der lorwa gewappnet, sondern sie sind nur seuw'u. d. h. ehre
H""ptschmm.asse ist der Schild. Eine solche leichte Reiterei neben der in schweren
Kettenhemden fechtenden Ritterschaft steigerte natürlich die Brauchbarkeit der Retter-


Grenzbvten III. 1881.
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[0161] Die Entwicklung der Fendalita't und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter. nur ausnahmsweise war diese Kutte (volo ä'^rav«) mit eisernen Plättchen be¬ deckt, welche sich dachziegelartig übcreinanderschobcn. Die Reiter dagegen waren schon damals meist besser gerüstet; sie trugen ein ledernes Strcitgewcmd, welches auch die Beine talarartig umhüllte und durchweg mit Schuppen, Ringen oder Ketten benäht war, sodaß jeder Hieb auf Eisen traf. El» solches Kampfgewand hieß Brünne (lonog.) und war sehr geschätzt, aber auch recht theuer; nur der Wohlhabende vermochte es sich anzuschaffen, nur der Reiche konnte auch einen Theil seines Gefolges damit ausrüsten. Bei der Mangelhaftigkeit der Trutz- wnffen jeuer Zeit gab nun die Brünne großes Uebergewicht im Kampfe; auf die Dauer vermochten aber nur Reiter so schweres Streitgewand zu tragen, und daher schließt die Bezeichnung „Gewappnete" (lorioati, -u'mM) auch stets die Be¬ deutung „Reiter" ein und hat zugleich den Nebenbegriff einer Elite gegenüber dem iMvw'is vulgus nuäatum des gewöhnlichen Fußvolksanfgcbotes. Also auch die Ausbildung der Schutzbcwaffnuug war ein Grund für die Vorherrschaft der Reiterei in den Heeren und damit zugleich für das Uebergewicht der Vassallcn nebst ihren Gefolgen über die Reste des alten Heerbannes. Um den Preis der Brunnen herabzudrücken, verbot Karl der Große deren Ausfuhr, und um möglichst viel Brunnen in seinem Heere zu versammeln, ver¬ langte er, daß jeder Besitzer von zwölf Hufen mit der Brünne gerüstet zu Felde ziehen solle, sowie daß jedes Kloster, welches mehr Brunnen besäße als es für die eignen Mannen brauche, den übrigbleibenden Bestand den königlichen Beamten zur Verfügung zu stellen habe. Karl der Kahle erneute diese Bestimmungen und erweiterte sie noch durch ein Pferdeausfuhrvcrbvt. Deal volle Rüstung und Roßdienst gingen ja Hand in Hand. Ein gut gerüstetes Rciterheer brauchte bei weitem nicht so stark zu sein als ein schlcchtbewaffnetes Fußvolkshecr, um denselben militärischen Erfolg zu ermöglichen. Eine Verringerung der Kopfzahl des Heeres gestattete aber eben die so sehr erwünschte Verminderung des Trains; denn hinsichtlich der Fouragiruug rechnete man, vielleicht allzu zuversichtlich, vorzugsweise auf den Weidegang der Pferde. Bald werden anch die Train- fahrzenge. statt wie bisher von Ochsen, von Pferden gezogen, und endlich geht man (noch im 9. Jahrhundert) sogar dazu über, die Wagen durch Packpferde SU ersetzen, wodurch man weit unabhängiger von der Beschaffenheit der Straßen wurde. Solche Erleichterungen bestärkten immer aufs neue in der Anschauung, daß kleine bewegliche Rciterheerc großen schwerfällige» Fußvolksaufgcboten vor¬ zuziehen seien, und da mit dem großen Train auch die Nothwendigkeit einer starke» militärischen Bedeckung desselben verschwand, so wurden die o-iwlw'ii, berittenen Ministerialen. welche bisher ster jenen Zweck verwendet worden ""ren, für die Aufgaben der leichten Cavallerie verfügbar. Sie sind acht mors u»iÄwm mit der lorwa gewappnet, sondern sie sind nur seuw'u. d. h. ehre H""ptschmm.asse ist der Schild. Eine solche leichte Reiterei neben der in schweren Kettenhemden fechtenden Ritterschaft steigerte natürlich die Brauchbarkeit der Retter- Grenzbvten III. 1881.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157968/161>, abgerufen am 26.11.2024.