Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Drittes Quartal.Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter. druck "Vassallen" verschwindet die Bezeichnung "Antrustionen"; auch die Gefolgs¬ Diese Entwicklung war weniger ein Werk der Meruwiuger als vielmehr seit es im 8. Jahrhundert üblich wurde, daS Abhängigkcitsverhnltniß Freier von Freien als Vassallität zu bezeichnen. Von VÄSSorUIU. **) Das Wort tsuänm, kooelum wird verschieden abgeleitet. Nach Auffassung der Ger-
manisten stammt es von ton, totru, Am ^- Vieh; gotisch i-rilw -- Vermögen; allsricsisch M" ---- Vieh und Vermögen; langobardisch im -- Gut; altfranzösisch usu, nov -- Lrhns" gut, LsSsr ---- zu Lehen geben. Der Grundbegriff des Wortes wäre also Vermöge!!, das in ältester nomadischer Zeit ja wesentlich ans Vieh bestand. Erst in der Folge vollendeter Seßhaftigkeit wurde das Wort auf den Begriff "Grundeigenthum" und endlich ans de" von "Lehnsgnt" übertragen. Das mittcllntcinischc tsuänw, tonctum ist, dieser Ansicht nach, etwa im S. Jahrhundert durch Einschiebung eines euphonischen >t entstanden. -- Von andrer Seite wird der keltische Ursprung des Wortes behauptet. Im irische" Gaelisch ist "och jetzt es-Ma, im Schottischen tonübm --- Nutzen, Nutznießung, k"M>in -- Lehnsdienst, toilUnniiisslurän Dienst leisten. Das gack. ab. wird nach den breiten Vocalen wie so ansgesproche", und so mochte das Wort in Mundarten, welche das Ä nicht aspirirten, ksuäum, in solchen, welche das ni nspirirten, im!Mum klingen und danach bald tsuänm bald konvunr geschrieben werden. In Urkunden kommt das Wort ionäum anstatt bonsliomm merkiviirdigerioeise erst zu Anfang des 11. Jahrhunderts vor. Es scheint zuerst in Lothringen von Frankreich her ausgenommen zu sein. Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter. druck „Vassallen" verschwindet die Bezeichnung „Antrustionen"; auch die Gefolgs¬ Diese Entwicklung war weniger ein Werk der Meruwiuger als vielmehr seit es im 8. Jahrhundert üblich wurde, daS Abhängigkcitsverhnltniß Freier von Freien als Vassallität zu bezeichnen. Von VÄSSorUIU. **) Das Wort tsuänm, kooelum wird verschieden abgeleitet. Nach Auffassung der Ger-
manisten stammt es von ton, totru, Am ^- Vieh; gotisch i-rilw — Vermögen; allsricsisch M» ---- Vieh und Vermögen; langobardisch im — Gut; altfranzösisch usu, nov — Lrhns» gut, LsSsr ---- zu Lehen geben. Der Grundbegriff des Wortes wäre also Vermöge!!, das in ältester nomadischer Zeit ja wesentlich ans Vieh bestand. Erst in der Folge vollendeter Seßhaftigkeit wurde das Wort auf den Begriff „Grundeigenthum" und endlich ans de» von „Lehnsgnt" übertragen. Das mittcllntcinischc tsuänw, tonctum ist, dieser Ansicht nach, etwa im S. Jahrhundert durch Einschiebung eines euphonischen >t entstanden. — Von andrer Seite wird der keltische Ursprung des Wortes behauptet. Im irische» Gaelisch ist »och jetzt es-Ma, im Schottischen tonübm --- Nutzen, Nutznießung, k«M>in -- Lehnsdienst, toilUnniiisslurän Dienst leisten. Das gack. ab. wird nach den breiten Vocalen wie so ansgesproche», und so mochte das Wort in Mundarten, welche das Ä nicht aspirirten, ksuäum, in solchen, welche das ni nspirirten, im!Mum klingen und danach bald tsuänm bald konvunr geschrieben werden. In Urkunden kommt das Wort ionäum anstatt bonsliomm merkiviirdigerioeise erst zu Anfang des 11. Jahrhunderts vor. Es scheint zuerst in Lothringen von Frankreich her ausgenommen zu sein. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0114" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150264"/> <fw type="header" place="top"> Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter.</fw><lb/> <p xml:id="ID_314" prev="#ID_313"> druck „Vassallen" verschwindet die Bezeichnung „Antrustionen"; auch die Gefolgs¬<lb/> leute des Königs werden bald als v»8si äcmiimoi oder on8«i röMlvs bezeichnet. Und<lb/> nun verband sich die Vassallität mit dein Bencfieiate. Nicht in dem Sinne, daß<lb/> die Vassallität nicht auch vorgekommen wäre, ohne daß der Vassall ein Benefieium<lb/> erhalten hätte, oder daß jeder Beneficiat auch unbedingt Vassall gewesen wäre;<lb/> noch war das nicht geboten. In der Regel aber war es doch auch jetzt schon<lb/> der Fall. Begannen doch auch die Könige das Krongut nicht mehr zu freiem<lb/> Eigen sondern nur noch als Benefieium zu verleihen. Die Empfänger von<lb/> Königsgut begabten dann aus dem empfangenen Lehen wieder ihre Vassallen,<lb/> die nun als VMÄS8vrs8^), als Aftervassallcn, bezeichnet wurden, und so bildete<lb/> sich durch Verbindung der Vassallität mit dem Bencfieiate und dem Milium<lb/> die wichtigste Grundlage der mittelalterlichen Kriegsvcrfnssung, das LehnsWesen,<lb/> die Feudalitüt.^)</p><lb/> <p xml:id="ID_315" next="#ID_316"> Diese Entwicklung war weniger ein Werk der Meruwiuger als vielmehr<lb/> das der karlingischen Hausmeier und Könige. Allerdings scheinen schon in früher<lb/> Zeit Krvngntsverleihungen vom Erbgute unterschieden und in gewissen Fällen<lb/> (z. B. bei Confiscationen) anders wie dies behandelt worden zu fein; vermuth¬<lb/> lich galten sie als unter Umständen widerruflich und waren mit bestimmten Ver¬<lb/> pflichtungen gegen den Verleihenden verbunden. Dieser Verhältnisse bedienten<lb/> sich nun die karlingischen Hausmcier als Verwalter des Krongutes, um sich eine<lb/> große und ausgebreitete Anhängerschaft zu bilden. Bald genug war das Kron-<lb/> gut erschöpft, und nun schritten die rrig.jors8 äorar>8 zur Säenlnrisation (<Iivi8w)<lb/> des Kirchengutes und begannen, dies an ihre Parteigenossen zu vertheilen. Zu¬<lb/> erst geschah das Wohl unter Karl Martell, der nicht nur Anhänger zu werben,</p><lb/> <note xml:id="FID_28" place="foot"> seit es im 8. 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Jahrhundert durch Einschiebung eines euphonischen >t entstanden. — Von andrer Seite<lb/> wird der keltische Ursprung des Wortes behauptet. Im irische» Gaelisch ist »och jetzt es-Ma, im<lb/> Schottischen tonübm --- Nutzen, Nutznießung, k«M>in -- Lehnsdienst, toilUnniiisslurän Dienst<lb/> leisten. Das gack. ab. wird nach den breiten Vocalen wie so ansgesproche», und so mochte<lb/> das Wort in Mundarten, welche das Ä nicht aspirirten, ksuäum, in solchen, welche das ni<lb/> nspirirten, im!Mum klingen und danach bald tsuänm bald konvunr geschrieben werden. In<lb/> Urkunden kommt das Wort ionäum anstatt bonsliomm merkiviirdigerioeise erst zu Anfang<lb/> des 11. Jahrhunderts vor. Es scheint zuerst in Lothringen von Frankreich her ausgenommen<lb/> zu sein.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0114]
Die Entwicklung der Feudalität und das deutsche Kriegswesen im frühen Mittelalter.
druck „Vassallen" verschwindet die Bezeichnung „Antrustionen"; auch die Gefolgs¬
leute des Königs werden bald als v»8si äcmiimoi oder on8«i röMlvs bezeichnet. Und
nun verband sich die Vassallität mit dein Bencfieiate. Nicht in dem Sinne, daß
die Vassallität nicht auch vorgekommen wäre, ohne daß der Vassall ein Benefieium
erhalten hätte, oder daß jeder Beneficiat auch unbedingt Vassall gewesen wäre;
noch war das nicht geboten. In der Regel aber war es doch auch jetzt schon
der Fall. Begannen doch auch die Könige das Krongut nicht mehr zu freiem
Eigen sondern nur noch als Benefieium zu verleihen. Die Empfänger von
Königsgut begabten dann aus dem empfangenen Lehen wieder ihre Vassallen,
die nun als VMÄS8vrs8^), als Aftervassallcn, bezeichnet wurden, und so bildete
sich durch Verbindung der Vassallität mit dem Bencfieiate und dem Milium
die wichtigste Grundlage der mittelalterlichen Kriegsvcrfnssung, das LehnsWesen,
die Feudalitüt.^)
Diese Entwicklung war weniger ein Werk der Meruwiuger als vielmehr
das der karlingischen Hausmeier und Könige. Allerdings scheinen schon in früher
Zeit Krvngntsverleihungen vom Erbgute unterschieden und in gewissen Fällen
(z. B. bei Confiscationen) anders wie dies behandelt worden zu fein; vermuth¬
lich galten sie als unter Umständen widerruflich und waren mit bestimmten Ver¬
pflichtungen gegen den Verleihenden verbunden. Dieser Verhältnisse bedienten
sich nun die karlingischen Hausmcier als Verwalter des Krongutes, um sich eine
große und ausgebreitete Anhängerschaft zu bilden. Bald genug war das Kron-
gut erschöpft, und nun schritten die rrig.jors8 äorar>8 zur Säenlnrisation (<Iivi8w)
des Kirchengutes und begannen, dies an ihre Parteigenossen zu vertheilen. Zu¬
erst geschah das Wohl unter Karl Martell, der nicht nur Anhänger zu werben,
seit es im 8. Jahrhundert üblich wurde, daS Abhängigkcitsverhnltniß Freier von Freien
als Vassallität zu bezeichnen.
Von VÄSSorUIU.
**) Das Wort tsuänm, kooelum wird verschieden abgeleitet. Nach Auffassung der Ger-
manisten stammt es von ton, totru, Am ^- Vieh; gotisch i-rilw — Vermögen; allsricsisch
M» ---- Vieh und Vermögen; langobardisch im — Gut; altfranzösisch usu, nov — Lrhns»
gut, LsSsr ---- zu Lehen geben. Der Grundbegriff des Wortes wäre also Vermöge!!, das
in ältester nomadischer Zeit ja wesentlich ans Vieh bestand. Erst in der Folge vollendeter
Seßhaftigkeit wurde das Wort auf den Begriff „Grundeigenthum" und endlich ans de» von
„Lehnsgnt" übertragen. Das mittcllntcinischc tsuänw, tonctum ist, dieser Ansicht nach, etwa
im S. Jahrhundert durch Einschiebung eines euphonischen >t entstanden. — Von andrer Seite
wird der keltische Ursprung des Wortes behauptet. Im irische» Gaelisch ist »och jetzt es-Ma, im
Schottischen tonübm --- Nutzen, Nutznießung, k«M>in -- Lehnsdienst, toilUnniiisslurän Dienst
leisten. Das gack. ab. wird nach den breiten Vocalen wie so ansgesproche», und so mochte
das Wort in Mundarten, welche das Ä nicht aspirirten, ksuäum, in solchen, welche das ni
nspirirten, im!Mum klingen und danach bald tsuänm bald konvunr geschrieben werden. In
Urkunden kommt das Wort ionäum anstatt bonsliomm merkiviirdigerioeise erst zu Anfang
des 11. Jahrhunderts vor. Es scheint zuerst in Lothringen von Frankreich her ausgenommen
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