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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Zur Inscenirung classischer Opern.
von A. heil,

s ist eine bekannte und beklagenswerthe Thatsache, daß gerade
die Aufführungen classischer Theaterstücke, was die äußerlichen
Seiten betrifft, mehr als andre zu wünschen übrig lassen. Um
von geringerm zu schweigen, so werden die Bearbeitungen in der
Regel aus einem einseitigen Standpunkte unternommen, und die
Ausstattung bietet Mittelmäßiges, wenn sie nicht geradezu ärmlich ist. Auf dem
Gebiete des Dramas bemühen sich in neuerer Zeit die Meininger, dnrch möglichst
vollkommene Aufführungen oder wenigstens möglichst harmonische Leistungen die
Classiker in ihrer wahren und vollen Größe dein Publieum vorzuführen, ein
Streben, das, vorausgesetzt, daß es nicht auf unnöthige Entfaltung äußerer
Pracht hinausläuft oder durch kleinliche Genauigkeit in der historischen Treue
u. dergl. einem antiquarischen Interesse huldigt, vollen Beifall verdient. Für
die Oper giebt es kein Beispiel und Vorbild von ähnlichem Erfolg oder avil-


ir den Jahren 17ö7--<Z8, auch 1788 und 1794, nebst einigen Oden und Liedern, einer Hymne
an Flora und einer von Goethe in Kupfer gestochenen Landschaft. Ich glaube Goethen
einen Dienst zu leisten, indem ich Sie bitte, mein verehrtester Freund, ihm davon Nachricht
zu geben und bei ihm anzufragen, ob es ihm gefällt, diese ihm gewis interessanten Urkunden
seiner Jugend für ein seiner Großmuth überlassenes Grntial vom Besitzer einzulösen? Nach¬
dem sein Entschluß ausfällt, erwarte ich durch Ihre Güte, entweder Gold oder doch das
goldeswerthe Manuskript zurück. Wenn ich glauben dürfte, daß es Goethen gleichgültig sein
könnte, sich hier so in dem Augenblick seiner ersten geistigen Entwicklung zu erblicken, so
kaun ich mich doch auf keine Weise überreden, daß er zugeben möchte, daß die in seine da¬
maligen Verhältnisse verwickelten Personen, vielleicht durch fremde, indiskrete Publikation
dieser Briefe, der Welt namentlich bekannt würden. Ich habe Goethe immer nur aus der
Ferne bewundert: darum dumbe ich mich auch bei dieser Gelegenheit lieber an Sie, theuerster
Freund, als an ihn selbst; als beiderseitiger Freund siud Sie der beste Vermittler und werden
gewis das kleine Geschäft gern übernehmen." Wie ein spätrer Brief Robes an Knebel vom
2. Februar 1818 ersehen läßt, hat Goethe bald darauf die betreffenden Schriftstücke zurück¬
gekauft. Charakteristisch ist es, daß Goethe in dieser sehr persönlichen Sache an Rode ein
Kanzleischreiben schickt und Rode durch "sein Kabinet" antworten läßt. "Durch ihre gütige
Vermittlung bin ich denn so glücklich gewesen, zwei Menschen Freude zu mache"; Goethen
mit seinen Handschriften, und meinem alten Gärtner mit den vier Pistolen. Nehmen Sie
für die Freude, die. mir dadurch geworden, meinen herzlichen Dank an... Goethes Kauzlei-
schreiben ist sogleich aus meinem Kabinet beantwortet worden, mit Beifügung des Empfnng-
schcinS vom Empfänger des Geldes." In Verlauf des Briefes schreibt sodann Rode jene
von uns oben citirten Worte, daß er gewünscht hätte. Goethe hätte seinen Briefwechsel mit
Behrisch zur Zeit der Abfassung des zweiten Theiles von Dichtung und Wahrheit besessen:
"Er würde schonender mit ihm verfahren sein."
Zur Inscenirung classischer Opern.
von A. heil,

s ist eine bekannte und beklagenswerthe Thatsache, daß gerade
die Aufführungen classischer Theaterstücke, was die äußerlichen
Seiten betrifft, mehr als andre zu wünschen übrig lassen. Um
von geringerm zu schweigen, so werden die Bearbeitungen in der
Regel aus einem einseitigen Standpunkte unternommen, und die
Ausstattung bietet Mittelmäßiges, wenn sie nicht geradezu ärmlich ist. Auf dem
Gebiete des Dramas bemühen sich in neuerer Zeit die Meininger, dnrch möglichst
vollkommene Aufführungen oder wenigstens möglichst harmonische Leistungen die
Classiker in ihrer wahren und vollen Größe dein Publieum vorzuführen, ein
Streben, das, vorausgesetzt, daß es nicht auf unnöthige Entfaltung äußerer
Pracht hinausläuft oder durch kleinliche Genauigkeit in der historischen Treue
u. dergl. einem antiquarischen Interesse huldigt, vollen Beifall verdient. Für
die Oper giebt es kein Beispiel und Vorbild von ähnlichem Erfolg oder avil-


ir den Jahren 17ö7—<Z8, auch 1788 und 1794, nebst einigen Oden und Liedern, einer Hymne
an Flora und einer von Goethe in Kupfer gestochenen Landschaft. Ich glaube Goethen
einen Dienst zu leisten, indem ich Sie bitte, mein verehrtester Freund, ihm davon Nachricht
zu geben und bei ihm anzufragen, ob es ihm gefällt, diese ihm gewis interessanten Urkunden
seiner Jugend für ein seiner Großmuth überlassenes Grntial vom Besitzer einzulösen? Nach¬
dem sein Entschluß ausfällt, erwarte ich durch Ihre Güte, entweder Gold oder doch das
goldeswerthe Manuskript zurück. Wenn ich glauben dürfte, daß es Goethen gleichgültig sein
könnte, sich hier so in dem Augenblick seiner ersten geistigen Entwicklung zu erblicken, so
kaun ich mich doch auf keine Weise überreden, daß er zugeben möchte, daß die in seine da¬
maligen Verhältnisse verwickelten Personen, vielleicht durch fremde, indiskrete Publikation
dieser Briefe, der Welt namentlich bekannt würden. Ich habe Goethe immer nur aus der
Ferne bewundert: darum dumbe ich mich auch bei dieser Gelegenheit lieber an Sie, theuerster
Freund, als an ihn selbst; als beiderseitiger Freund siud Sie der beste Vermittler und werden
gewis das kleine Geschäft gern übernehmen." Wie ein spätrer Brief Robes an Knebel vom
2. Februar 1818 ersehen läßt, hat Goethe bald darauf die betreffenden Schriftstücke zurück¬
gekauft. Charakteristisch ist es, daß Goethe in dieser sehr persönlichen Sache an Rode ein
Kanzleischreiben schickt und Rode durch „sein Kabinet" antworten läßt. „Durch ihre gütige
Vermittlung bin ich denn so glücklich gewesen, zwei Menschen Freude zu mache»; Goethen
mit seinen Handschriften, und meinem alten Gärtner mit den vier Pistolen. Nehmen Sie
für die Freude, die. mir dadurch geworden, meinen herzlichen Dank an... Goethes Kauzlei-
schreiben ist sogleich aus meinem Kabinet beantwortet worden, mit Beifügung des Empfnng-
schcinS vom Empfänger des Geldes." In Verlauf des Briefes schreibt sodann Rode jene
von uns oben citirten Worte, daß er gewünscht hätte. Goethe hätte seinen Briefwechsel mit
Behrisch zur Zeit der Abfassung des zweiten Theiles von Dichtung und Wahrheit besessen:
„Er würde schonender mit ihm verfahren sein."
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[0065] Zur Inscenirung classischer Opern. von A. heil, s ist eine bekannte und beklagenswerthe Thatsache, daß gerade die Aufführungen classischer Theaterstücke, was die äußerlichen Seiten betrifft, mehr als andre zu wünschen übrig lassen. Um von geringerm zu schweigen, so werden die Bearbeitungen in der Regel aus einem einseitigen Standpunkte unternommen, und die Ausstattung bietet Mittelmäßiges, wenn sie nicht geradezu ärmlich ist. Auf dem Gebiete des Dramas bemühen sich in neuerer Zeit die Meininger, dnrch möglichst vollkommene Aufführungen oder wenigstens möglichst harmonische Leistungen die Classiker in ihrer wahren und vollen Größe dein Publieum vorzuführen, ein Streben, das, vorausgesetzt, daß es nicht auf unnöthige Entfaltung äußerer Pracht hinausläuft oder durch kleinliche Genauigkeit in der historischen Treue u. dergl. einem antiquarischen Interesse huldigt, vollen Beifall verdient. Für die Oper giebt es kein Beispiel und Vorbild von ähnlichem Erfolg oder avil- ir den Jahren 17ö7—<Z8, auch 1788 und 1794, nebst einigen Oden und Liedern, einer Hymne an Flora und einer von Goethe in Kupfer gestochenen Landschaft. Ich glaube Goethen einen Dienst zu leisten, indem ich Sie bitte, mein verehrtester Freund, ihm davon Nachricht zu geben und bei ihm anzufragen, ob es ihm gefällt, diese ihm gewis interessanten Urkunden seiner Jugend für ein seiner Großmuth überlassenes Grntial vom Besitzer einzulösen? Nach¬ dem sein Entschluß ausfällt, erwarte ich durch Ihre Güte, entweder Gold oder doch das goldeswerthe Manuskript zurück. Wenn ich glauben dürfte, daß es Goethen gleichgültig sein könnte, sich hier so in dem Augenblick seiner ersten geistigen Entwicklung zu erblicken, so kaun ich mich doch auf keine Weise überreden, daß er zugeben möchte, daß die in seine da¬ maligen Verhältnisse verwickelten Personen, vielleicht durch fremde, indiskrete Publikation dieser Briefe, der Welt namentlich bekannt würden. Ich habe Goethe immer nur aus der Ferne bewundert: darum dumbe ich mich auch bei dieser Gelegenheit lieber an Sie, theuerster Freund, als an ihn selbst; als beiderseitiger Freund siud Sie der beste Vermittler und werden gewis das kleine Geschäft gern übernehmen." Wie ein spätrer Brief Robes an Knebel vom 2. Februar 1818 ersehen läßt, hat Goethe bald darauf die betreffenden Schriftstücke zurück¬ gekauft. Charakteristisch ist es, daß Goethe in dieser sehr persönlichen Sache an Rode ein Kanzleischreiben schickt und Rode durch „sein Kabinet" antworten läßt. „Durch ihre gütige Vermittlung bin ich denn so glücklich gewesen, zwei Menschen Freude zu mache»; Goethen mit seinen Handschriften, und meinem alten Gärtner mit den vier Pistolen. Nehmen Sie für die Freude, die. mir dadurch geworden, meinen herzlichen Dank an... Goethes Kauzlei- schreiben ist sogleich aus meinem Kabinet beantwortet worden, mit Beifügung des Empfnng- schcinS vom Empfänger des Geldes." In Verlauf des Briefes schreibt sodann Rode jene von uns oben citirten Worte, daß er gewünscht hätte. Goethe hätte seinen Briefwechsel mit Behrisch zur Zeit der Abfassung des zweiten Theiles von Dichtung und Wahrheit besessen: „Er würde schonender mit ihm verfahren sein."

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/65>, abgerufen am 26.08.2024.