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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Ein Jugendfreund Goethes.

lassen oder bei zwanzigjährigen Müßiggang monatlich fünf Thaler zurücklegen
können. Ich vermuthe also immer, daß sein Testament noch etwas Gift und
Galle enthält, die er zeitlebens gegen mich hatte und da ich sie seit 11 ^ Jahren
immer vermied, noch zu guter Letzt reichlich in 7 Bogen ergossen haben wird,
um mir den Rest zu geben. Noch vor zwei Monaten schrieb er mir einen so
bitterbösen Brief, in welchem er mich als einen Mann ohne Religion, ohne Moral,
ohne Gefühl, kurz als einen Krüppel an Seel und Leib schilderte. Da ich nun
darauf nicht antwortete, so läßt sich vermuthen, daß er wenigstens in seinem
löstgMWw Irv1ogrg.xlio noch einen Todtenkreuz geflochten haben wird. Irre
ich mich aber, und das können Ew. Wohlgeb. wissen, so erscheine ich gern im
^uäivio. Die Kvpialien muß ich doch einmal bezahlen . . . Beris (sie!), den
24. Oktob. 809." Die Furcht des Bruders war unbegründet. Das Testament,
wie das angehängte Kodieill sind, nach K. Elze, dem wir diese Mittheilungen
entnehmen, durch nichts bemerkenswerth als durch minutiöse und pedantische
Ausführlichkeit, so daß sogar eine Anweisung über die richtige Behandlung des
Zinugeschirrs darin aufgenommen ist. Ein paar goldne und andre Dosen, ein
paar Ringe, ein gut gefülltes Medaillenkästchen, eine Goldwaage, ein paar gute
Flöten (zu 21 und 12^ Thlr. Einkaufspreis) "ein Paar alte, aber noch gute
Pistolen, gut am Bett zu gebrauchen, denn sie imponiren durch ihre Größe"
und ein Fcstelsches Pianoforte von Eichenholz find die interessantesten Stücke
der unbedeutenden Hinterlassenschaft. Der mit genauester Angabe der Einbände
verzeichnete Büchervorrath ist geringfügig und enthält auf dem Gebiete der deutscheu
Poesie nur Schillers Theater (SBde., 1805) und Bürgers Gedichte (2 Bde., 1789).
Goethes Briefe und einige andre Manuscripte fielen dem Diener, Leopold Pasch
zu, nach dessen Tode (einige Jahre vor 1817) sie an einen Schwager desselben
übergingen. Den 21. November machte A. v. Rode seinem Freunde v. Knebel
Mittheilung davon und bemerkte: "Buchhändler bemühen sich darum und, wie
ich höre, setzt der Besitzer einen Preis von 3 bis 4 Lvuisd'ors daraus." Schlie߬
lich zahlte Goethe vier Louisd'or und erhielt dafür seine Briefe nebst Beilagen
(einige Oden und Lieder, eine Hymne an Flora und eine von G. in Kupfer
(Schluß folgt.) gestochne Landschaft) zurück.^)



Daß Goethe bei aller Anerkennung, die seinen Verdiensten in Dessau zu Theil wurde,
nicht eben viel persönliche Shmvathie daselbst genoß, ist bekannt. Auch A. von Rode hatte
nicht gern persönlich mit ihm zu thun. Dennoch nahm er Goethes Interessen in diesem Falle
wahr und wandte sich deshalb an Knebel. Den 24. December 1817 schreibt er, ohne Zweifel
in der Absicht, daß sein Brief Goethe vorgelegt werde, wieder an Knebel: "Dem Gärtner,
der meinen kleinen Garten besorgt, sind schon vor einigen Jahren, als er seinen Schwager
beerbte, der beim verstorbenen Hofrath Behrisch Bedienter war, beikommende Papiere zuge¬
fallen, die er gern zu Gelde machen möchte. Es ist die Korrespondenz Goethes mit Behrisch
Ein Jugendfreund Goethes.

lassen oder bei zwanzigjährigen Müßiggang monatlich fünf Thaler zurücklegen
können. Ich vermuthe also immer, daß sein Testament noch etwas Gift und
Galle enthält, die er zeitlebens gegen mich hatte und da ich sie seit 11 ^ Jahren
immer vermied, noch zu guter Letzt reichlich in 7 Bogen ergossen haben wird,
um mir den Rest zu geben. Noch vor zwei Monaten schrieb er mir einen so
bitterbösen Brief, in welchem er mich als einen Mann ohne Religion, ohne Moral,
ohne Gefühl, kurz als einen Krüppel an Seel und Leib schilderte. Da ich nun
darauf nicht antwortete, so läßt sich vermuthen, daß er wenigstens in seinem
löstgMWw Irv1ogrg.xlio noch einen Todtenkreuz geflochten haben wird. Irre
ich mich aber, und das können Ew. Wohlgeb. wissen, so erscheine ich gern im
^uäivio. Die Kvpialien muß ich doch einmal bezahlen . . . Beris (sie!), den
24. Oktob. 809." Die Furcht des Bruders war unbegründet. Das Testament,
wie das angehängte Kodieill sind, nach K. Elze, dem wir diese Mittheilungen
entnehmen, durch nichts bemerkenswerth als durch minutiöse und pedantische
Ausführlichkeit, so daß sogar eine Anweisung über die richtige Behandlung des
Zinugeschirrs darin aufgenommen ist. Ein paar goldne und andre Dosen, ein
paar Ringe, ein gut gefülltes Medaillenkästchen, eine Goldwaage, ein paar gute
Flöten (zu 21 und 12^ Thlr. Einkaufspreis) „ein Paar alte, aber noch gute
Pistolen, gut am Bett zu gebrauchen, denn sie imponiren durch ihre Größe"
und ein Fcstelsches Pianoforte von Eichenholz find die interessantesten Stücke
der unbedeutenden Hinterlassenschaft. Der mit genauester Angabe der Einbände
verzeichnete Büchervorrath ist geringfügig und enthält auf dem Gebiete der deutscheu
Poesie nur Schillers Theater (SBde., 1805) und Bürgers Gedichte (2 Bde., 1789).
Goethes Briefe und einige andre Manuscripte fielen dem Diener, Leopold Pasch
zu, nach dessen Tode (einige Jahre vor 1817) sie an einen Schwager desselben
übergingen. Den 21. November machte A. v. Rode seinem Freunde v. Knebel
Mittheilung davon und bemerkte: „Buchhändler bemühen sich darum und, wie
ich höre, setzt der Besitzer einen Preis von 3 bis 4 Lvuisd'ors daraus." Schlie߬
lich zahlte Goethe vier Louisd'or und erhielt dafür seine Briefe nebst Beilagen
(einige Oden und Lieder, eine Hymne an Flora und eine von G. in Kupfer
(Schluß folgt.) gestochne Landschaft) zurück.^)



Daß Goethe bei aller Anerkennung, die seinen Verdiensten in Dessau zu Theil wurde,
nicht eben viel persönliche Shmvathie daselbst genoß, ist bekannt. Auch A. von Rode hatte
nicht gern persönlich mit ihm zu thun. Dennoch nahm er Goethes Interessen in diesem Falle
wahr und wandte sich deshalb an Knebel. Den 24. December 1817 schreibt er, ohne Zweifel
in der Absicht, daß sein Brief Goethe vorgelegt werde, wieder an Knebel: „Dem Gärtner,
der meinen kleinen Garten besorgt, sind schon vor einigen Jahren, als er seinen Schwager
beerbte, der beim verstorbenen Hofrath Behrisch Bedienter war, beikommende Papiere zuge¬
fallen, die er gern zu Gelde machen möchte. Es ist die Korrespondenz Goethes mit Behrisch
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[0064] Ein Jugendfreund Goethes. lassen oder bei zwanzigjährigen Müßiggang monatlich fünf Thaler zurücklegen können. Ich vermuthe also immer, daß sein Testament noch etwas Gift und Galle enthält, die er zeitlebens gegen mich hatte und da ich sie seit 11 ^ Jahren immer vermied, noch zu guter Letzt reichlich in 7 Bogen ergossen haben wird, um mir den Rest zu geben. Noch vor zwei Monaten schrieb er mir einen so bitterbösen Brief, in welchem er mich als einen Mann ohne Religion, ohne Moral, ohne Gefühl, kurz als einen Krüppel an Seel und Leib schilderte. Da ich nun darauf nicht antwortete, so läßt sich vermuthen, daß er wenigstens in seinem löstgMWw Irv1ogrg.xlio noch einen Todtenkreuz geflochten haben wird. Irre ich mich aber, und das können Ew. Wohlgeb. wissen, so erscheine ich gern im ^uäivio. Die Kvpialien muß ich doch einmal bezahlen . . . Beris (sie!), den 24. Oktob. 809." Die Furcht des Bruders war unbegründet. Das Testament, wie das angehängte Kodieill sind, nach K. Elze, dem wir diese Mittheilungen entnehmen, durch nichts bemerkenswerth als durch minutiöse und pedantische Ausführlichkeit, so daß sogar eine Anweisung über die richtige Behandlung des Zinugeschirrs darin aufgenommen ist. Ein paar goldne und andre Dosen, ein paar Ringe, ein gut gefülltes Medaillenkästchen, eine Goldwaage, ein paar gute Flöten (zu 21 und 12^ Thlr. Einkaufspreis) „ein Paar alte, aber noch gute Pistolen, gut am Bett zu gebrauchen, denn sie imponiren durch ihre Größe" und ein Fcstelsches Pianoforte von Eichenholz find die interessantesten Stücke der unbedeutenden Hinterlassenschaft. Der mit genauester Angabe der Einbände verzeichnete Büchervorrath ist geringfügig und enthält auf dem Gebiete der deutscheu Poesie nur Schillers Theater (SBde., 1805) und Bürgers Gedichte (2 Bde., 1789). Goethes Briefe und einige andre Manuscripte fielen dem Diener, Leopold Pasch zu, nach dessen Tode (einige Jahre vor 1817) sie an einen Schwager desselben übergingen. Den 21. November machte A. v. Rode seinem Freunde v. Knebel Mittheilung davon und bemerkte: „Buchhändler bemühen sich darum und, wie ich höre, setzt der Besitzer einen Preis von 3 bis 4 Lvuisd'ors daraus." Schlie߬ lich zahlte Goethe vier Louisd'or und erhielt dafür seine Briefe nebst Beilagen (einige Oden und Lieder, eine Hymne an Flora und eine von G. in Kupfer (Schluß folgt.) gestochne Landschaft) zurück.^) Daß Goethe bei aller Anerkennung, die seinen Verdiensten in Dessau zu Theil wurde, nicht eben viel persönliche Shmvathie daselbst genoß, ist bekannt. Auch A. von Rode hatte nicht gern persönlich mit ihm zu thun. Dennoch nahm er Goethes Interessen in diesem Falle wahr und wandte sich deshalb an Knebel. Den 24. December 1817 schreibt er, ohne Zweifel in der Absicht, daß sein Brief Goethe vorgelegt werde, wieder an Knebel: „Dem Gärtner, der meinen kleinen Garten besorgt, sind schon vor einigen Jahren, als er seinen Schwager beerbte, der beim verstorbenen Hofrath Behrisch Bedienter war, beikommende Papiere zuge¬ fallen, die er gern zu Gelde machen möchte. Es ist die Korrespondenz Goethes mit Behrisch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/64>, abgerufen am 26.08.2024.