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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Sorpa pintos Wanderung durch Afrika.

Pinto die Richtung, welche er verfolgte und berechnete mittelst des Pedometers
(Schrittzählers) und der Uhr die zurückgelegte Entfernung. Diese betrug in der
Regel für den Tag acht bis zehn englische geographische Meilen, ging aber öfters
über dieses Durchschnittsmasz hinaus. Dann wurde das Lager aufgeschlagen,
wobei die ganze Mannschaft eine Stunde laug mit dem Bau der Hütten zu
thun hatte. "Bei letztrer Arbeit mußten einige Bänme fällen, andre Zweige ab¬
hauen, noch andre Gras herbeitragen, während ich selbst, weil ich nichts bessres
zu thun hatte, mich auf dem Boden hinstreckte, und schlief oder zu schlafen ver¬
suchte, bis mir gemeldet wurde, daß meine Hütte fertig sei." Nach eingenvmmncr
Mahlzeit wurde der Nest des Tages bestimmten Beschäftigungen gewidmet, mcteo-
wlogischen Beobachtungen mit Thermometer und Barometer, welchen die Biheuo-
träger von fern stehend mit Verwunderung zusahen, Jagdgängen auf natur¬
historisches und Spciscwild, Erforschung der nächsten Umgegend in den verschiedensten
Beziehungen. Natizen wurden sowohl während des Marsches gemacht als auch
am Schlusse der Tagesarbeit ein zweiter Bericht in ein besondres Tagebuch
niedergeschrieben, so daß alle wichtigern Bemerkungen doppelt existiren. Auch
die Zeit vor Antritt des Marsches, der in der Regel gegen acht Uhr erfolgte,
wurde mit meteorologischen, astronomischen, topographischen, botanischen, zoolo¬
gischen und ethnographischen Beobachtungen ausgefüllt.

Bei der regelmäßigen Aufeinanderfolge der Marschordnung und der For¬
schungsarbeiten blieb es aber nur so lauge, als kein unvorhergesehenes Ereignis;
eintrat. Wie oft aber kommen solche vor in einem Lande, das ohne Weg und
Steg ist und von deu europäische" Landschaften so vielfach abweicht! Da sind
zunächst die Terrainschwierigkeiten: dichter Urwald, spitziges Dorngestrüpp, ge¬
fährliche Sümpfe, dürre Wüsten, tiefe oder kataraktenreiche Ströme, die infolge
eines heftigen Regengusses den Weg versperren und zu einem Umweg nöthigen.
Dann weigern sich die Träger ans Hunger oder Unlust weiterzugehen, oder sie
entfliehen und nehmen wichtige Gepäckstücke mit. Ferner kosten die Verhand¬
lungen mit den einheimischen Häuptlingen (solas) viel Zeit; für ihre Geschenke
"der auch ohne solche erwarten und fordern sie werthvollere Gegengaben und
sind nicht mit dem zufrieden, was ihnen angeboten worden, und chikaniren den
Reisenden, indem sie Dinge verlangen, die er überhaupt uicht besitzt. Oder aber
Mangel an Nahrung zwingt zu einer langwierigen Suche nach jagdbaren Thieren,
und was dergleichen Vorkommnisse mehr sind.

Unter mannichfaltigen Wechselfällen, aber ohne schweren Unfall, vollzog sich
die im wesentlichen nach Osten gerichtete Reise von Vide, durch das Gebiet der
Quimbandes, Luchazes, Ambncllas, Qnichotos und Mucassequcres, Völkerschaften,
von denen man bisher entweder eine sehr dürftige oder gar keine Kenntniß besaß


Sorpa pintos Wanderung durch Afrika.

Pinto die Richtung, welche er verfolgte und berechnete mittelst des Pedometers
(Schrittzählers) und der Uhr die zurückgelegte Entfernung. Diese betrug in der
Regel für den Tag acht bis zehn englische geographische Meilen, ging aber öfters
über dieses Durchschnittsmasz hinaus. Dann wurde das Lager aufgeschlagen,
wobei die ganze Mannschaft eine Stunde laug mit dem Bau der Hütten zu
thun hatte. „Bei letztrer Arbeit mußten einige Bänme fällen, andre Zweige ab¬
hauen, noch andre Gras herbeitragen, während ich selbst, weil ich nichts bessres
zu thun hatte, mich auf dem Boden hinstreckte, und schlief oder zu schlafen ver¬
suchte, bis mir gemeldet wurde, daß meine Hütte fertig sei." Nach eingenvmmncr
Mahlzeit wurde der Nest des Tages bestimmten Beschäftigungen gewidmet, mcteo-
wlogischen Beobachtungen mit Thermometer und Barometer, welchen die Biheuo-
träger von fern stehend mit Verwunderung zusahen, Jagdgängen auf natur¬
historisches und Spciscwild, Erforschung der nächsten Umgegend in den verschiedensten
Beziehungen. Natizen wurden sowohl während des Marsches gemacht als auch
am Schlusse der Tagesarbeit ein zweiter Bericht in ein besondres Tagebuch
niedergeschrieben, so daß alle wichtigern Bemerkungen doppelt existiren. Auch
die Zeit vor Antritt des Marsches, der in der Regel gegen acht Uhr erfolgte,
wurde mit meteorologischen, astronomischen, topographischen, botanischen, zoolo¬
gischen und ethnographischen Beobachtungen ausgefüllt.

Bei der regelmäßigen Aufeinanderfolge der Marschordnung und der For¬
schungsarbeiten blieb es aber nur so lauge, als kein unvorhergesehenes Ereignis;
eintrat. Wie oft aber kommen solche vor in einem Lande, das ohne Weg und
Steg ist und von deu europäische» Landschaften so vielfach abweicht! Da sind
zunächst die Terrainschwierigkeiten: dichter Urwald, spitziges Dorngestrüpp, ge¬
fährliche Sümpfe, dürre Wüsten, tiefe oder kataraktenreiche Ströme, die infolge
eines heftigen Regengusses den Weg versperren und zu einem Umweg nöthigen.
Dann weigern sich die Träger ans Hunger oder Unlust weiterzugehen, oder sie
entfliehen und nehmen wichtige Gepäckstücke mit. Ferner kosten die Verhand¬
lungen mit den einheimischen Häuptlingen (solas) viel Zeit; für ihre Geschenke
»der auch ohne solche erwarten und fordern sie werthvollere Gegengaben und
sind nicht mit dem zufrieden, was ihnen angeboten worden, und chikaniren den
Reisenden, indem sie Dinge verlangen, die er überhaupt uicht besitzt. Oder aber
Mangel an Nahrung zwingt zu einer langwierigen Suche nach jagdbaren Thieren,
und was dergleichen Vorkommnisse mehr sind.

Unter mannichfaltigen Wechselfällen, aber ohne schweren Unfall, vollzog sich
die im wesentlichen nach Osten gerichtete Reise von Vide, durch das Gebiet der
Quimbandes, Luchazes, Ambncllas, Qnichotos und Mucassequcres, Völkerschaften,
von denen man bisher entweder eine sehr dürftige oder gar keine Kenntniß besaß


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[0511] Sorpa pintos Wanderung durch Afrika. Pinto die Richtung, welche er verfolgte und berechnete mittelst des Pedometers (Schrittzählers) und der Uhr die zurückgelegte Entfernung. Diese betrug in der Regel für den Tag acht bis zehn englische geographische Meilen, ging aber öfters über dieses Durchschnittsmasz hinaus. Dann wurde das Lager aufgeschlagen, wobei die ganze Mannschaft eine Stunde laug mit dem Bau der Hütten zu thun hatte. „Bei letztrer Arbeit mußten einige Bänme fällen, andre Zweige ab¬ hauen, noch andre Gras herbeitragen, während ich selbst, weil ich nichts bessres zu thun hatte, mich auf dem Boden hinstreckte, und schlief oder zu schlafen ver¬ suchte, bis mir gemeldet wurde, daß meine Hütte fertig sei." Nach eingenvmmncr Mahlzeit wurde der Nest des Tages bestimmten Beschäftigungen gewidmet, mcteo- wlogischen Beobachtungen mit Thermometer und Barometer, welchen die Biheuo- träger von fern stehend mit Verwunderung zusahen, Jagdgängen auf natur¬ historisches und Spciscwild, Erforschung der nächsten Umgegend in den verschiedensten Beziehungen. Natizen wurden sowohl während des Marsches gemacht als auch am Schlusse der Tagesarbeit ein zweiter Bericht in ein besondres Tagebuch niedergeschrieben, so daß alle wichtigern Bemerkungen doppelt existiren. Auch die Zeit vor Antritt des Marsches, der in der Regel gegen acht Uhr erfolgte, wurde mit meteorologischen, astronomischen, topographischen, botanischen, zoolo¬ gischen und ethnographischen Beobachtungen ausgefüllt. Bei der regelmäßigen Aufeinanderfolge der Marschordnung und der For¬ schungsarbeiten blieb es aber nur so lauge, als kein unvorhergesehenes Ereignis; eintrat. Wie oft aber kommen solche vor in einem Lande, das ohne Weg und Steg ist und von deu europäische» Landschaften so vielfach abweicht! Da sind zunächst die Terrainschwierigkeiten: dichter Urwald, spitziges Dorngestrüpp, ge¬ fährliche Sümpfe, dürre Wüsten, tiefe oder kataraktenreiche Ströme, die infolge eines heftigen Regengusses den Weg versperren und zu einem Umweg nöthigen. Dann weigern sich die Träger ans Hunger oder Unlust weiterzugehen, oder sie entfliehen und nehmen wichtige Gepäckstücke mit. Ferner kosten die Verhand¬ lungen mit den einheimischen Häuptlingen (solas) viel Zeit; für ihre Geschenke »der auch ohne solche erwarten und fordern sie werthvollere Gegengaben und sind nicht mit dem zufrieden, was ihnen angeboten worden, und chikaniren den Reisenden, indem sie Dinge verlangen, die er überhaupt uicht besitzt. Oder aber Mangel an Nahrung zwingt zu einer langwierigen Suche nach jagdbaren Thieren, und was dergleichen Vorkommnisse mehr sind. Unter mannichfaltigen Wechselfällen, aber ohne schweren Unfall, vollzog sich die im wesentlichen nach Osten gerichtete Reise von Vide, durch das Gebiet der Quimbandes, Luchazes, Ambncllas, Qnichotos und Mucassequcres, Völkerschaften, von denen man bisher entweder eine sehr dürftige oder gar keine Kenntniß besaß

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/511>, abgerufen am 23.07.2024.