Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Lauchstädt,

svucu ausreichend. Einmal zu baden kostete 4 Groschen, "nemlich 2 Gr. fürs
Wasser holen, und 2 Gr. fürs heiß machen desselben, weil die Feurung allda
theuer ist." Da der Rathskeller-Pächter, der einzige Bäcker und der einzige
Fleischer im Orte sich hartnäckig und von ihrem Standpunkte aus mit gutem
Recht gegen jede Concurrenz sträubten, wurde 1747 wenigstens durch kurfürst¬
lichen Specialbefehl allen denen, die das Bürgerrecht hatten, die Gastirung und
Speisung vou Badegästen in und außer dem Hause während der Bademonate,
"von inöäio Uf-si bis moclio Sextsindris" gestattet, den Bewohnern der bis zu
einer halben Meile von Lanchstädt im Umkreise gelegnen Dorfschaften aufgegeben,
ihr Geflügel, ihre Fische und grünen Waaren nach Lauchstädt zu Markte zu bringen,
dem Fleischer eingeschärft, "das benöthigte Vieh in tüchtigen guten Stücken nach
Proportion der Anzahl derer Bade- und Brunuengäste ein-, zwei- und dreimal in
jeder Woche zu schlachten," dem Rathskeller-Pächter aber auferlegt, die Badegäste
"mit tüchtigen, gesunden und der gebrauchenden Cur convenablen Speisen zu ver¬
sorgen, nicht minder allezeit gutes unverfälschtes Merseburger Bier in Kufen, Vierteln
oder Tonnen, ingleichen die in seinem Pachtbriefe vorgeschriebenen Sorten Wein
einzulegen und daran keinen Mangel vorkommen zu lassen." Trotzdem erneuerten
sich die Klagen über Mangel an anständigen Quartieren und guter Verpflegung
fortwährend, und als 1764 der Amtmann Riedner bei der kurfürstlichen Re¬
gierung eine ausführliche Denkschrift überreichte, worin er darlegte, "was bei dem
Bade annoch zu desideriren und worüber hauptsächlich zeithero Beschwerde geführt
wordeu," erließ Prinz Xaver, der damalige Administrator von Kursachsen, eine
Verordnung, daß die aus ehemaligen Zeitumständen herrührenden xrivilög'in und
,M's. xi-vlubölläi nicht bloß in Bezug auf den Bäcker und Fleischer, sondern auch
uns andre Handwerker, wenn etwa einer derselben ein inmroxoliuiri hergebracht
haben sollte, aufgehoben und die Einbringung der betreffenden Waaren für die
Dauer der Badezeit aus dein Mischen und erbläudischen Theile hiesiger Lande
gestattet sein, anch der Scheint inländischen und fremden Weines und Bieres
in>d die Treibung der bürgerlichen Nahrung jedermann, der das Bürgerrecht er¬
langt habe, freistehen solle. Dem Rathe wurde aufgegeben, Baulustigen ent¬
behrliche Communplätze gegen Erlaß oder Ermäßigung des üblichen Erbzinses
""zuweisen, und dein Erbauer des besten Hauses zur Aufnahme von Badegästen
wurde eine "Bau-Ergötzlichkeit" von 200 Thalern zugesichert, die denn auch
wiederholt ausgezahlt wurde.

Diese Verordnungen blieben nicht ohne Erfolg, und von Jahr zu Jahr
übte das Bad eine größere Anziehilngskraft. Im Jahre 1774 kam der Fürst
von Anhalt-Cöthen mit seiner Gemahlin zur Cur, und im Jahre darauf nahm
- ein entscheidendes Ereignis; in der Geschichte des Bades -- zugleich mit andern


Lauchstädt,

svucu ausreichend. Einmal zu baden kostete 4 Groschen, „nemlich 2 Gr. fürs
Wasser holen, und 2 Gr. fürs heiß machen desselben, weil die Feurung allda
theuer ist." Da der Rathskeller-Pächter, der einzige Bäcker und der einzige
Fleischer im Orte sich hartnäckig und von ihrem Standpunkte aus mit gutem
Recht gegen jede Concurrenz sträubten, wurde 1747 wenigstens durch kurfürst¬
lichen Specialbefehl allen denen, die das Bürgerrecht hatten, die Gastirung und
Speisung vou Badegästen in und außer dem Hause während der Bademonate,
„von inöäio Uf-si bis moclio Sextsindris" gestattet, den Bewohnern der bis zu
einer halben Meile von Lanchstädt im Umkreise gelegnen Dorfschaften aufgegeben,
ihr Geflügel, ihre Fische und grünen Waaren nach Lauchstädt zu Markte zu bringen,
dem Fleischer eingeschärft, „das benöthigte Vieh in tüchtigen guten Stücken nach
Proportion der Anzahl derer Bade- und Brunuengäste ein-, zwei- und dreimal in
jeder Woche zu schlachten," dem Rathskeller-Pächter aber auferlegt, die Badegäste
„mit tüchtigen, gesunden und der gebrauchenden Cur convenablen Speisen zu ver¬
sorgen, nicht minder allezeit gutes unverfälschtes Merseburger Bier in Kufen, Vierteln
oder Tonnen, ingleichen die in seinem Pachtbriefe vorgeschriebenen Sorten Wein
einzulegen und daran keinen Mangel vorkommen zu lassen." Trotzdem erneuerten
sich die Klagen über Mangel an anständigen Quartieren und guter Verpflegung
fortwährend, und als 1764 der Amtmann Riedner bei der kurfürstlichen Re¬
gierung eine ausführliche Denkschrift überreichte, worin er darlegte, „was bei dem
Bade annoch zu desideriren und worüber hauptsächlich zeithero Beschwerde geführt
wordeu," erließ Prinz Xaver, der damalige Administrator von Kursachsen, eine
Verordnung, daß die aus ehemaligen Zeitumständen herrührenden xrivilög'in und
,M's. xi-vlubölläi nicht bloß in Bezug auf den Bäcker und Fleischer, sondern auch
uns andre Handwerker, wenn etwa einer derselben ein inmroxoliuiri hergebracht
haben sollte, aufgehoben und die Einbringung der betreffenden Waaren für die
Dauer der Badezeit aus dein Mischen und erbläudischen Theile hiesiger Lande
gestattet sein, anch der Scheint inländischen und fremden Weines und Bieres
in>d die Treibung der bürgerlichen Nahrung jedermann, der das Bürgerrecht er¬
langt habe, freistehen solle. Dem Rathe wurde aufgegeben, Baulustigen ent¬
behrliche Communplätze gegen Erlaß oder Ermäßigung des üblichen Erbzinses
"»zuweisen, und dein Erbauer des besten Hauses zur Aufnahme von Badegästen
wurde eine „Bau-Ergötzlichkeit" von 200 Thalern zugesichert, die denn auch
wiederholt ausgezahlt wurde.

Diese Verordnungen blieben nicht ohne Erfolg, und von Jahr zu Jahr
übte das Bad eine größere Anziehilngskraft. Im Jahre 1774 kam der Fürst
von Anhalt-Cöthen mit seiner Gemahlin zur Cur, und im Jahre darauf nahm
- ein entscheidendes Ereignis; in der Geschichte des Bades — zugleich mit andern


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0503" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/150075"/>
          <fw type="header" place="top"> Lauchstädt,</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1680" prev="#ID_1679"> svucu ausreichend. Einmal zu baden kostete 4 Groschen, &#x201E;nemlich 2 Gr. fürs<lb/>
Wasser holen, und 2 Gr. fürs heiß machen desselben, weil die Feurung allda<lb/>
theuer ist." Da der Rathskeller-Pächter, der einzige Bäcker und der einzige<lb/>
Fleischer im Orte sich hartnäckig und von ihrem Standpunkte aus mit gutem<lb/>
Recht gegen jede Concurrenz sträubten, wurde 1747 wenigstens durch kurfürst¬<lb/>
lichen Specialbefehl allen denen, die das Bürgerrecht hatten, die Gastirung und<lb/>
Speisung vou Badegästen in und außer dem Hause während der Bademonate,<lb/>
&#x201E;von inöäio Uf-si bis moclio Sextsindris" gestattet, den Bewohnern der bis zu<lb/>
einer halben Meile von Lanchstädt im Umkreise gelegnen Dorfschaften aufgegeben,<lb/>
ihr Geflügel, ihre Fische und grünen Waaren nach Lauchstädt zu Markte zu bringen,<lb/>
dem Fleischer eingeschärft, &#x201E;das benöthigte Vieh in tüchtigen guten Stücken nach<lb/>
Proportion der Anzahl derer Bade- und Brunuengäste ein-, zwei- und dreimal in<lb/>
jeder Woche zu schlachten," dem Rathskeller-Pächter aber auferlegt, die Badegäste<lb/>
&#x201E;mit tüchtigen, gesunden und der gebrauchenden Cur convenablen Speisen zu ver¬<lb/>
sorgen, nicht minder allezeit gutes unverfälschtes Merseburger Bier in Kufen, Vierteln<lb/>
oder Tonnen, ingleichen die in seinem Pachtbriefe vorgeschriebenen Sorten Wein<lb/>
einzulegen und daran keinen Mangel vorkommen zu lassen." Trotzdem erneuerten<lb/>
sich die Klagen über Mangel an anständigen Quartieren und guter Verpflegung<lb/>
fortwährend, und als 1764 der Amtmann Riedner bei der kurfürstlichen Re¬<lb/>
gierung eine ausführliche Denkschrift überreichte, worin er darlegte, &#x201E;was bei dem<lb/>
Bade annoch zu desideriren und worüber hauptsächlich zeithero Beschwerde geführt<lb/>
wordeu," erließ Prinz Xaver, der damalige Administrator von Kursachsen, eine<lb/>
Verordnung, daß die aus ehemaligen Zeitumständen herrührenden xrivilög'in und<lb/>
,M's. xi-vlubölläi nicht bloß in Bezug auf den Bäcker und Fleischer, sondern auch<lb/>
uns andre Handwerker, wenn etwa einer derselben ein inmroxoliuiri hergebracht<lb/>
haben sollte, aufgehoben und die Einbringung der betreffenden Waaren für die<lb/>
Dauer der Badezeit aus dein Mischen und erbläudischen Theile hiesiger Lande<lb/>
gestattet sein, anch der Scheint inländischen und fremden Weines und Bieres<lb/>
in&gt;d die Treibung der bürgerlichen Nahrung jedermann, der das Bürgerrecht er¬<lb/>
langt habe, freistehen solle. Dem Rathe wurde aufgegeben, Baulustigen ent¬<lb/>
behrliche Communplätze gegen Erlaß oder Ermäßigung des üblichen Erbzinses<lb/>
"»zuweisen, und dein Erbauer des besten Hauses zur Aufnahme von Badegästen<lb/>
wurde eine &#x201E;Bau-Ergötzlichkeit" von 200 Thalern zugesichert, die denn auch<lb/>
wiederholt ausgezahlt wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1681" next="#ID_1682"> Diese Verordnungen blieben nicht ohne Erfolg, und von Jahr zu Jahr<lb/>
übte das Bad eine größere Anziehilngskraft. Im Jahre 1774 kam der Fürst<lb/>
von Anhalt-Cöthen mit seiner Gemahlin zur Cur, und im Jahre darauf nahm<lb/>
- ein entscheidendes Ereignis; in der Geschichte des Bades &#x2014; zugleich mit andern</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0503] Lauchstädt, svucu ausreichend. Einmal zu baden kostete 4 Groschen, „nemlich 2 Gr. fürs Wasser holen, und 2 Gr. fürs heiß machen desselben, weil die Feurung allda theuer ist." Da der Rathskeller-Pächter, der einzige Bäcker und der einzige Fleischer im Orte sich hartnäckig und von ihrem Standpunkte aus mit gutem Recht gegen jede Concurrenz sträubten, wurde 1747 wenigstens durch kurfürst¬ lichen Specialbefehl allen denen, die das Bürgerrecht hatten, die Gastirung und Speisung vou Badegästen in und außer dem Hause während der Bademonate, „von inöäio Uf-si bis moclio Sextsindris" gestattet, den Bewohnern der bis zu einer halben Meile von Lanchstädt im Umkreise gelegnen Dorfschaften aufgegeben, ihr Geflügel, ihre Fische und grünen Waaren nach Lauchstädt zu Markte zu bringen, dem Fleischer eingeschärft, „das benöthigte Vieh in tüchtigen guten Stücken nach Proportion der Anzahl derer Bade- und Brunuengäste ein-, zwei- und dreimal in jeder Woche zu schlachten," dem Rathskeller-Pächter aber auferlegt, die Badegäste „mit tüchtigen, gesunden und der gebrauchenden Cur convenablen Speisen zu ver¬ sorgen, nicht minder allezeit gutes unverfälschtes Merseburger Bier in Kufen, Vierteln oder Tonnen, ingleichen die in seinem Pachtbriefe vorgeschriebenen Sorten Wein einzulegen und daran keinen Mangel vorkommen zu lassen." Trotzdem erneuerten sich die Klagen über Mangel an anständigen Quartieren und guter Verpflegung fortwährend, und als 1764 der Amtmann Riedner bei der kurfürstlichen Re¬ gierung eine ausführliche Denkschrift überreichte, worin er darlegte, „was bei dem Bade annoch zu desideriren und worüber hauptsächlich zeithero Beschwerde geführt wordeu," erließ Prinz Xaver, der damalige Administrator von Kursachsen, eine Verordnung, daß die aus ehemaligen Zeitumständen herrührenden xrivilög'in und ,M's. xi-vlubölläi nicht bloß in Bezug auf den Bäcker und Fleischer, sondern auch uns andre Handwerker, wenn etwa einer derselben ein inmroxoliuiri hergebracht haben sollte, aufgehoben und die Einbringung der betreffenden Waaren für die Dauer der Badezeit aus dein Mischen und erbläudischen Theile hiesiger Lande gestattet sein, anch der Scheint inländischen und fremden Weines und Bieres in>d die Treibung der bürgerlichen Nahrung jedermann, der das Bürgerrecht er¬ langt habe, freistehen solle. Dem Rathe wurde aufgegeben, Baulustigen ent¬ behrliche Communplätze gegen Erlaß oder Ermäßigung des üblichen Erbzinses "»zuweisen, und dein Erbauer des besten Hauses zur Aufnahme von Badegästen wurde eine „Bau-Ergötzlichkeit" von 200 Thalern zugesichert, die denn auch wiederholt ausgezahlt wurde. Diese Verordnungen blieben nicht ohne Erfolg, und von Jahr zu Jahr übte das Bad eine größere Anziehilngskraft. Im Jahre 1774 kam der Fürst von Anhalt-Cöthen mit seiner Gemahlin zur Cur, und im Jahre darauf nahm - ein entscheidendes Ereignis; in der Geschichte des Bades — zugleich mit andern

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/503
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/503>, abgerufen am 24.07.2024.