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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lcmchstädt.

öfter in Lcmchstädt auf, um von der Ausführung der von ihm getroffenen An¬
ordnungen sich zu überzeugen, seit er im Februar 1735 den Brnnnengarten von
den Erben des Amtsrichters Ebeling, in deren Händen er sich noch immer be¬
fand, für 1300 Thaler angekauft hatte. Die Klage Heuckels übrigens, daß "die
Samariter abgestorben" seien, traf für Lauchstcidt uicht zu, denn bereits 1725
war am Brunnenhanse ein "Armenstock" aufgestellt worden, in welchen die Bade¬
gäste zur Errichtung einer Armen-Badecasse zu steuern angehalten wurden, die
bald reiche Früchte trug.

Als uach dem Tode Herzogs Heinrich. 1738, das Gebiet des Hochstifts
Merseburg, wenn auch zunächst mit besondrer Verwaltung, an Kursachsen ge¬
fallen war, nahm der Besuch des Bades erst recht zu, und immer zahlreicher
stellten sich jetzt auch solche Gäste ein, die nicht sowohl Genesung, als Zerstreuung
und geselliges Vergnügen hier suchten. In den Badelisten aus den vierziger
und fünfziger Jahren begegnen die Namen der berühmtesten Adelsfamilien Sachsens,
höhere Staatsbeamte und Militärs in sächsischen und preußischen Diensten, Ge¬
lehrte und Kaufleute, besonders aus Leipzig, Halle und Magdeburg. Im
"Schlosse" wohnten nach einander mit ihrem Gefolge die Herzöge von Sachscn-
Barby und von Sachsen-Saalfeld, die verwitwete Fürstin von Ostfriesland, die
Prinzessin Charlotte Sophie von Brandenburg, die Herzogin von Sachsen-Eisenach,
der Prinz Johnnu Adolf von Gotha, der Fürst von Schwarzburg-Sondershausen,
der Fürst Jablonowsly, die Herzogin von Kurland, der Fürst von Anhalt-Dessau,
und, wenn der Raum es gestattete, auch sonstige Stnndespersonen mit ihren
Familien. In der Badeliste von 1758 stehen nnter Ur. 16 sieben preußische
Oberoffiziere, unter Ur. 17 vierundachtzig preußische Unteroffiziere und Gemeine,
unter Ur. 55 wiederum vierzig Mann, sämmtlich Blessirte aus dem siebenjährigen
Kriege, die in Lauchstcidt Genesung suchten.

Bei solchem Zufluß hatte mau es längst aufgegeben, "notable Euren", wie
nun sie anfangs zur Reclame brauchte, gerichtlich zu protoevllireu, zumal da
des Herzog Moritz Durchl. Frau Gemahlin schon vor Jahren gesagt hatte:
<Zs food av3 vIiMlotimenes ass nMovins, und möchte man also nichts mehr
davon aufschreiben. Wohl aber mußte man mit der Zeit auf Maßregeln denken,
um für die wachsende Zahl der Fremden ausreichende Wohnungen und Lebens¬
mittel zu beschaffen. Die Einwohner des Städtchens wurden zu Bauunter-
nehmungen ermuntert, und von den vorhandenen Wohnungen wurde wiederholt,
um Ueberthcnerungen der Fremden vorzubeugen, eine amtliche Taxe aufgenommen.
Die Preise jeuer Zeit sind nicht uninteressant. 1746 wurden die Wohnungen,
je nach ihrer Güte, mit 2 Thalern, 1 Thaler 12 Groschen, 1 Thaler, endlich
mit 13 oder 16 Groschen wöchentlich bezahlt; die letztern waren für einzelne Per-


Lcmchstädt.

öfter in Lcmchstädt auf, um von der Ausführung der von ihm getroffenen An¬
ordnungen sich zu überzeugen, seit er im Februar 1735 den Brnnnengarten von
den Erben des Amtsrichters Ebeling, in deren Händen er sich noch immer be¬
fand, für 1300 Thaler angekauft hatte. Die Klage Heuckels übrigens, daß „die
Samariter abgestorben" seien, traf für Lauchstcidt uicht zu, denn bereits 1725
war am Brunnenhanse ein „Armenstock" aufgestellt worden, in welchen die Bade¬
gäste zur Errichtung einer Armen-Badecasse zu steuern angehalten wurden, die
bald reiche Früchte trug.

Als uach dem Tode Herzogs Heinrich. 1738, das Gebiet des Hochstifts
Merseburg, wenn auch zunächst mit besondrer Verwaltung, an Kursachsen ge¬
fallen war, nahm der Besuch des Bades erst recht zu, und immer zahlreicher
stellten sich jetzt auch solche Gäste ein, die nicht sowohl Genesung, als Zerstreuung
und geselliges Vergnügen hier suchten. In den Badelisten aus den vierziger
und fünfziger Jahren begegnen die Namen der berühmtesten Adelsfamilien Sachsens,
höhere Staatsbeamte und Militärs in sächsischen und preußischen Diensten, Ge¬
lehrte und Kaufleute, besonders aus Leipzig, Halle und Magdeburg. Im
„Schlosse" wohnten nach einander mit ihrem Gefolge die Herzöge von Sachscn-
Barby und von Sachsen-Saalfeld, die verwitwete Fürstin von Ostfriesland, die
Prinzessin Charlotte Sophie von Brandenburg, die Herzogin von Sachsen-Eisenach,
der Prinz Johnnu Adolf von Gotha, der Fürst von Schwarzburg-Sondershausen,
der Fürst Jablonowsly, die Herzogin von Kurland, der Fürst von Anhalt-Dessau,
und, wenn der Raum es gestattete, auch sonstige Stnndespersonen mit ihren
Familien. In der Badeliste von 1758 stehen nnter Ur. 16 sieben preußische
Oberoffiziere, unter Ur. 17 vierundachtzig preußische Unteroffiziere und Gemeine,
unter Ur. 55 wiederum vierzig Mann, sämmtlich Blessirte aus dem siebenjährigen
Kriege, die in Lauchstcidt Genesung suchten.

Bei solchem Zufluß hatte mau es längst aufgegeben, „notable Euren", wie
nun sie anfangs zur Reclame brauchte, gerichtlich zu protoevllireu, zumal da
des Herzog Moritz Durchl. Frau Gemahlin schon vor Jahren gesagt hatte:
<Zs food av3 vIiMlotimenes ass nMovins, und möchte man also nichts mehr
davon aufschreiben. Wohl aber mußte man mit der Zeit auf Maßregeln denken,
um für die wachsende Zahl der Fremden ausreichende Wohnungen und Lebens¬
mittel zu beschaffen. Die Einwohner des Städtchens wurden zu Bauunter-
nehmungen ermuntert, und von den vorhandenen Wohnungen wurde wiederholt,
um Ueberthcnerungen der Fremden vorzubeugen, eine amtliche Taxe aufgenommen.
Die Preise jeuer Zeit sind nicht uninteressant. 1746 wurden die Wohnungen,
je nach ihrer Güte, mit 2 Thalern, 1 Thaler 12 Groschen, 1 Thaler, endlich
mit 13 oder 16 Groschen wöchentlich bezahlt; die letztern waren für einzelne Per-


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[0502] Lcmchstädt. öfter in Lcmchstädt auf, um von der Ausführung der von ihm getroffenen An¬ ordnungen sich zu überzeugen, seit er im Februar 1735 den Brnnnengarten von den Erben des Amtsrichters Ebeling, in deren Händen er sich noch immer be¬ fand, für 1300 Thaler angekauft hatte. Die Klage Heuckels übrigens, daß „die Samariter abgestorben" seien, traf für Lauchstcidt uicht zu, denn bereits 1725 war am Brunnenhanse ein „Armenstock" aufgestellt worden, in welchen die Bade¬ gäste zur Errichtung einer Armen-Badecasse zu steuern angehalten wurden, die bald reiche Früchte trug. Als uach dem Tode Herzogs Heinrich. 1738, das Gebiet des Hochstifts Merseburg, wenn auch zunächst mit besondrer Verwaltung, an Kursachsen ge¬ fallen war, nahm der Besuch des Bades erst recht zu, und immer zahlreicher stellten sich jetzt auch solche Gäste ein, die nicht sowohl Genesung, als Zerstreuung und geselliges Vergnügen hier suchten. In den Badelisten aus den vierziger und fünfziger Jahren begegnen die Namen der berühmtesten Adelsfamilien Sachsens, höhere Staatsbeamte und Militärs in sächsischen und preußischen Diensten, Ge¬ lehrte und Kaufleute, besonders aus Leipzig, Halle und Magdeburg. Im „Schlosse" wohnten nach einander mit ihrem Gefolge die Herzöge von Sachscn- Barby und von Sachsen-Saalfeld, die verwitwete Fürstin von Ostfriesland, die Prinzessin Charlotte Sophie von Brandenburg, die Herzogin von Sachsen-Eisenach, der Prinz Johnnu Adolf von Gotha, der Fürst von Schwarzburg-Sondershausen, der Fürst Jablonowsly, die Herzogin von Kurland, der Fürst von Anhalt-Dessau, und, wenn der Raum es gestattete, auch sonstige Stnndespersonen mit ihren Familien. In der Badeliste von 1758 stehen nnter Ur. 16 sieben preußische Oberoffiziere, unter Ur. 17 vierundachtzig preußische Unteroffiziere und Gemeine, unter Ur. 55 wiederum vierzig Mann, sämmtlich Blessirte aus dem siebenjährigen Kriege, die in Lauchstcidt Genesung suchten. Bei solchem Zufluß hatte mau es längst aufgegeben, „notable Euren", wie nun sie anfangs zur Reclame brauchte, gerichtlich zu protoevllireu, zumal da des Herzog Moritz Durchl. Frau Gemahlin schon vor Jahren gesagt hatte: <Zs food av3 vIiMlotimenes ass nMovins, und möchte man also nichts mehr davon aufschreiben. Wohl aber mußte man mit der Zeit auf Maßregeln denken, um für die wachsende Zahl der Fremden ausreichende Wohnungen und Lebens¬ mittel zu beschaffen. Die Einwohner des Städtchens wurden zu Bauunter- nehmungen ermuntert, und von den vorhandenen Wohnungen wurde wiederholt, um Ueberthcnerungen der Fremden vorzubeugen, eine amtliche Taxe aufgenommen. Die Preise jeuer Zeit sind nicht uninteressant. 1746 wurden die Wohnungen, je nach ihrer Güte, mit 2 Thalern, 1 Thaler 12 Groschen, 1 Thaler, endlich mit 13 oder 16 Groschen wöchentlich bezahlt; die letztern waren für einzelne Per-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/502>, abgerufen am 24.07.2024.