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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Das Südxolargebiet.

Namen benannte, und war nur 2 Grad südlicher als die Südspitze Amerikas ge¬
legen. Mit einigen andern Punkten, die aber wesentlich weiter nach Norden liegen,
vereinigte man die Beauchesne-Jnsel zu einer um das ganze Erdrund laufenden Fest-
lcmdsküste und construirte um so eiliger einen südlichen Continent, weil schon die
alten Geographen, besonders Ptolemäus, wegen des Gleichgewichts der Erde dort
unten Land vorausgesetzt hatten.

Diese Illusion wurde zerstört durch die zweite Reise, die Cook mit den
Schiffen Il08vlution und ^.Ävsntnro unternahm und auf der ihn als wissenschaft¬
liche Beobachter die beiden Förster begleiteten. 1773 -- 74 überschritt er drei
Mal an verschiednen Stellen den Polarkreis (66° 40') und erreichte am 30. Januar
1774 seine größte südliche Polhöhe: 71" 10'. Von dem Tvdesstarren jener Gegend
giebt der ältre Forster eine eindrucksvolle Schilderung. Cooks Vermuthung aber,
daß jene unabsehbaren Eismcisfen an irgend ein nahes Festland sich anschließen
müßten, konnte seitdem weder bestätigt noch widerlegt werden. Vou da aus
aufbrechend vollendete er seine südliche Circumpolarreise und konnte das sehr
werthvolle Resultat mit nach Hause bringen, daß soweit seine Fahrt reiche, die
südliche Halbinsel in: großen und ganzen mit Wasser bedeckt sei.

Mehr als vierzig Jahre verstrichen nun, ehe die Ruhe der südlichen Ge¬
wässer wieder gestört wurde. Erst 1819--21 kreuzte v. Bellingshauscn sechs Mal
am südlichen Polarkreis in einer großen Schlinge von Süd-Georgien bis Port
Jackson, und nirgends den 70. Grad südlicher Breite überschreitend fand er außer
der kleinen Petersiusel und dem hohen Alexanderland ebenfalls kein Land. Zu der¬
selben Zeit war W. Smith auf eine Inselgruppe gestoßen, die er Südschottland
benannte. Von den nach diesen beiden in das Südgebiet vordringenden See¬
fahrern erreichte nur der Walfischfänger James Wedell 1823 eine höhere Breite
als Cook, nämlich 74° 15'. während die übrigen, Biscoe 1830, Balleny 1839,
Dumont d'Urville 1840 und Wille 1840 erheblich dahinter zurückblieben. Wenn
auch jeder von ihnen einen Flecken Land entweder in Gestalt einer Insel, oder
einer Küste oder eines Vulcans erblickte, so wurde doch im ganzen an dem Stande
des Wissens seit Cook nichts geändert, ja Wilke glaubte sogar auf den 2000
Jahre alten Irrthum von der Existenz eines autarktischen Erdtheils zurückkommen
zu dürfen.

Um dieselbe Zeit jedoch wurde der Stand der Sache von andrer Seite in
einer Cooks etwas würdigern Weise gefördert. James Clark Roß wurde mit
den" Botaniker Hooker auf den Schiffen lÄgou8 und Isrror zunächst zu magne¬
tischen Beobachtungen ausgesendet. Auf der Suche nach dem Gaußscheu magne¬
tischen Südpol begriffen, entdeckte er den 10 000 Fuß hohen Nonne L-Milo,
sah auf einer südlich streichenden Küste, dem Vietorici-Land, zwei Vulcane auf-


Das Südxolargebiet.

Namen benannte, und war nur 2 Grad südlicher als die Südspitze Amerikas ge¬
legen. Mit einigen andern Punkten, die aber wesentlich weiter nach Norden liegen,
vereinigte man die Beauchesne-Jnsel zu einer um das ganze Erdrund laufenden Fest-
lcmdsküste und construirte um so eiliger einen südlichen Continent, weil schon die
alten Geographen, besonders Ptolemäus, wegen des Gleichgewichts der Erde dort
unten Land vorausgesetzt hatten.

Diese Illusion wurde zerstört durch die zweite Reise, die Cook mit den
Schiffen Il08vlution und ^.Ävsntnro unternahm und auf der ihn als wissenschaft¬
liche Beobachter die beiden Förster begleiteten. 1773 — 74 überschritt er drei
Mal an verschiednen Stellen den Polarkreis (66° 40') und erreichte am 30. Januar
1774 seine größte südliche Polhöhe: 71" 10'. Von dem Tvdesstarren jener Gegend
giebt der ältre Forster eine eindrucksvolle Schilderung. Cooks Vermuthung aber,
daß jene unabsehbaren Eismcisfen an irgend ein nahes Festland sich anschließen
müßten, konnte seitdem weder bestätigt noch widerlegt werden. Vou da aus
aufbrechend vollendete er seine südliche Circumpolarreise und konnte das sehr
werthvolle Resultat mit nach Hause bringen, daß soweit seine Fahrt reiche, die
südliche Halbinsel in: großen und ganzen mit Wasser bedeckt sei.

Mehr als vierzig Jahre verstrichen nun, ehe die Ruhe der südlichen Ge¬
wässer wieder gestört wurde. Erst 1819—21 kreuzte v. Bellingshauscn sechs Mal
am südlichen Polarkreis in einer großen Schlinge von Süd-Georgien bis Port
Jackson, und nirgends den 70. Grad südlicher Breite überschreitend fand er außer
der kleinen Petersiusel und dem hohen Alexanderland ebenfalls kein Land. Zu der¬
selben Zeit war W. Smith auf eine Inselgruppe gestoßen, die er Südschottland
benannte. Von den nach diesen beiden in das Südgebiet vordringenden See¬
fahrern erreichte nur der Walfischfänger James Wedell 1823 eine höhere Breite
als Cook, nämlich 74° 15'. während die übrigen, Biscoe 1830, Balleny 1839,
Dumont d'Urville 1840 und Wille 1840 erheblich dahinter zurückblieben. Wenn
auch jeder von ihnen einen Flecken Land entweder in Gestalt einer Insel, oder
einer Küste oder eines Vulcans erblickte, so wurde doch im ganzen an dem Stande
des Wissens seit Cook nichts geändert, ja Wilke glaubte sogar auf den 2000
Jahre alten Irrthum von der Existenz eines autarktischen Erdtheils zurückkommen
zu dürfen.

Um dieselbe Zeit jedoch wurde der Stand der Sache von andrer Seite in
einer Cooks etwas würdigern Weise gefördert. James Clark Roß wurde mit
den« Botaniker Hooker auf den Schiffen lÄgou8 und Isrror zunächst zu magne¬
tischen Beobachtungen ausgesendet. Auf der Suche nach dem Gaußscheu magne¬
tischen Südpol begriffen, entdeckte er den 10 000 Fuß hohen Nonne L-Milo,
sah auf einer südlich streichenden Küste, dem Vietorici-Land, zwei Vulcane auf-


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[0380] Das Südxolargebiet. Namen benannte, und war nur 2 Grad südlicher als die Südspitze Amerikas ge¬ legen. Mit einigen andern Punkten, die aber wesentlich weiter nach Norden liegen, vereinigte man die Beauchesne-Jnsel zu einer um das ganze Erdrund laufenden Fest- lcmdsküste und construirte um so eiliger einen südlichen Continent, weil schon die alten Geographen, besonders Ptolemäus, wegen des Gleichgewichts der Erde dort unten Land vorausgesetzt hatten. Diese Illusion wurde zerstört durch die zweite Reise, die Cook mit den Schiffen Il08vlution und ^.Ävsntnro unternahm und auf der ihn als wissenschaft¬ liche Beobachter die beiden Förster begleiteten. 1773 — 74 überschritt er drei Mal an verschiednen Stellen den Polarkreis (66° 40') und erreichte am 30. Januar 1774 seine größte südliche Polhöhe: 71" 10'. Von dem Tvdesstarren jener Gegend giebt der ältre Forster eine eindrucksvolle Schilderung. Cooks Vermuthung aber, daß jene unabsehbaren Eismcisfen an irgend ein nahes Festland sich anschließen müßten, konnte seitdem weder bestätigt noch widerlegt werden. Vou da aus aufbrechend vollendete er seine südliche Circumpolarreise und konnte das sehr werthvolle Resultat mit nach Hause bringen, daß soweit seine Fahrt reiche, die südliche Halbinsel in: großen und ganzen mit Wasser bedeckt sei. Mehr als vierzig Jahre verstrichen nun, ehe die Ruhe der südlichen Ge¬ wässer wieder gestört wurde. Erst 1819—21 kreuzte v. Bellingshauscn sechs Mal am südlichen Polarkreis in einer großen Schlinge von Süd-Georgien bis Port Jackson, und nirgends den 70. Grad südlicher Breite überschreitend fand er außer der kleinen Petersiusel und dem hohen Alexanderland ebenfalls kein Land. Zu der¬ selben Zeit war W. Smith auf eine Inselgruppe gestoßen, die er Südschottland benannte. Von den nach diesen beiden in das Südgebiet vordringenden See¬ fahrern erreichte nur der Walfischfänger James Wedell 1823 eine höhere Breite als Cook, nämlich 74° 15'. während die übrigen, Biscoe 1830, Balleny 1839, Dumont d'Urville 1840 und Wille 1840 erheblich dahinter zurückblieben. Wenn auch jeder von ihnen einen Flecken Land entweder in Gestalt einer Insel, oder einer Küste oder eines Vulcans erblickte, so wurde doch im ganzen an dem Stande des Wissens seit Cook nichts geändert, ja Wilke glaubte sogar auf den 2000 Jahre alten Irrthum von der Existenz eines autarktischen Erdtheils zurückkommen zu dürfen. Um dieselbe Zeit jedoch wurde der Stand der Sache von andrer Seite in einer Cooks etwas würdigern Weise gefördert. James Clark Roß wurde mit den« Botaniker Hooker auf den Schiffen lÄgou8 und Isrror zunächst zu magne¬ tischen Beobachtungen ausgesendet. Auf der Suche nach dem Gaußscheu magne¬ tischen Südpol begriffen, entdeckte er den 10 000 Fuß hohen Nonne L-Milo, sah auf einer südlich streichenden Küste, dem Vietorici-Land, zwei Vulcane auf-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/380>, abgerufen am 23.07.2024.