Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.Die Krisis in Bulgarien. urch den Berliner Friedensvertrng wurde Bulgarien von der Türkei So geschah es denn auch. Der russische Commissair, Fürst Dvudukvsf- Gn'nztwtcu II. 1381. 4i>.
Die Krisis in Bulgarien. urch den Berliner Friedensvertrng wurde Bulgarien von der Türkei So geschah es denn auch. Der russische Commissair, Fürst Dvudukvsf- Gn'nztwtcu II. 1381. 4i>.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0341" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/149913"/> </div> <div n="1"> <head> Die Krisis in Bulgarien.</head><lb/> <p xml:id="ID_1163"> urch den Berliner Friedensvertrng wurde Bulgarien von der Türkei<lb/> getrennt und zu einem selbständigen Fürstenthume gemacht, welches<lb/> mit jener uur uoch lose zusammenhing. Der Vertrag besagte<lb/> darüber: „Bulgarien wird zu einem autonomen und tributpflich¬<lb/> tigen Fürstenthum unter der Oberherrlichkeit Sr. Kaiserlichen<lb/> Majestät des Sultans erhoben; es soll eine christliche Regierung und eine Nationnl-<lb/> miliz erhalten, . , Der Fürst von Bulgarien wird von der Bevölkerung frei<lb/> gewählt und von der hohen Pforte mit Zustimmung der Machte bestätigt werden.<lb/> Kein Mitglied der regierenden Häuser der europäischen Großmächte darf zum<lb/> Fürsten vo>: Bulgarien gewählt werden. , , Eine in Tirnowa zusammeuzu-<lb/> berufende Versammlung von Notabeln Bulgariens wird vor der Wahl des Fürsten<lb/> das organische Reglement (die Verfassung) des Fürstenthums ausarbeiten... Die<lb/> provisorische Verwaltung von Bulgarien wird bis zur Vollendung des organischen<lb/> Reglements durch einen kaiserlich russischen Commissär geleitet werden."</p><lb/> <p xml:id="ID_1164" next="#ID_1165"> So geschah es denn auch. Der russische Commissair, Fürst Dvudukvsf-<lb/> Kvrsakoff, berief die Notabelnversammlung nach Tirnowa nud legte ihr einen in<lb/> Petersburg ausgearbeiteten Verfassungsentwurf vor, der mit allen Schönheiten<lb/> und Segnungen des westlichen Liberalismus ausgestattet war und von den Ver¬<lb/> sammelten, obwohl dieselben ihn wahrscheinlich nur zum kleinsten Theile ver¬<lb/> standen, angenommen wurde. Dann ging man an die Wahl des Fürsten. Man<lb/> faßte dabei verschiedne Persönlichkeiten ins Auge: den Prinzen Reuß, der sich<lb/> früher als Botschafter Deutschlands in Petersburg bei Hofe sehr beliebt gemacht<lb/> hatte, den Prinzen Waldemar von Dänemark, der als Bruder der Gemahlin<lb/> des russischen Thronfolgers den Russen ebenfalls genehm sein konnte, den Grafen<lb/> Jgnatieff, welcher den Präliminarfrieden von San Stefano geleistet hatte und sich<lb/> als eines der Häupter der Panslavisten empfahl, den Fürsten Dvndukoff-Korsntoff,<lb/> endlich den zweiundzwanzigjährigen Prinzen Alexander von Ballenberg, der mit<lb/> der großherzoglich hessischen Familie verwandt und damals Lieutenant im preußischen<lb/> Gardednevrps-Regiment war. Da der Zar einsah, daß die übrigen Mächte der<lb/> Wahl eines Russen die im Friedensverträge vorgesehene Zustimmung auf keinen<lb/> Fall ertheilen würden, so erklärte er, daß er keinem seiner Unterthanen gestatten<lb/> werde, die bulgarische Fürstenwürde anzunehmen. Prinz Reuß und der dänische<lb/> Prinz scheinen keine Neigung empfunden zu haben, die Halbbarbaren am Balkan<lb/> als constitutionelle Herrscher zu beglücken, und so blieb nur der Prinz von Batten-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Gn'nztwtcu II. 1381. 4i>.</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0341]
Die Krisis in Bulgarien.
urch den Berliner Friedensvertrng wurde Bulgarien von der Türkei
getrennt und zu einem selbständigen Fürstenthume gemacht, welches
mit jener uur uoch lose zusammenhing. Der Vertrag besagte
darüber: „Bulgarien wird zu einem autonomen und tributpflich¬
tigen Fürstenthum unter der Oberherrlichkeit Sr. Kaiserlichen
Majestät des Sultans erhoben; es soll eine christliche Regierung und eine Nationnl-
miliz erhalten, . , Der Fürst von Bulgarien wird von der Bevölkerung frei
gewählt und von der hohen Pforte mit Zustimmung der Machte bestätigt werden.
Kein Mitglied der regierenden Häuser der europäischen Großmächte darf zum
Fürsten vo>: Bulgarien gewählt werden. , , Eine in Tirnowa zusammeuzu-
berufende Versammlung von Notabeln Bulgariens wird vor der Wahl des Fürsten
das organische Reglement (die Verfassung) des Fürstenthums ausarbeiten... Die
provisorische Verwaltung von Bulgarien wird bis zur Vollendung des organischen
Reglements durch einen kaiserlich russischen Commissär geleitet werden."
So geschah es denn auch. Der russische Commissair, Fürst Dvudukvsf-
Kvrsakoff, berief die Notabelnversammlung nach Tirnowa nud legte ihr einen in
Petersburg ausgearbeiteten Verfassungsentwurf vor, der mit allen Schönheiten
und Segnungen des westlichen Liberalismus ausgestattet war und von den Ver¬
sammelten, obwohl dieselben ihn wahrscheinlich nur zum kleinsten Theile ver¬
standen, angenommen wurde. Dann ging man an die Wahl des Fürsten. Man
faßte dabei verschiedne Persönlichkeiten ins Auge: den Prinzen Reuß, der sich
früher als Botschafter Deutschlands in Petersburg bei Hofe sehr beliebt gemacht
hatte, den Prinzen Waldemar von Dänemark, der als Bruder der Gemahlin
des russischen Thronfolgers den Russen ebenfalls genehm sein konnte, den Grafen
Jgnatieff, welcher den Präliminarfrieden von San Stefano geleistet hatte und sich
als eines der Häupter der Panslavisten empfahl, den Fürsten Dvndukoff-Korsntoff,
endlich den zweiundzwanzigjährigen Prinzen Alexander von Ballenberg, der mit
der großherzoglich hessischen Familie verwandt und damals Lieutenant im preußischen
Gardednevrps-Regiment war. Da der Zar einsah, daß die übrigen Mächte der
Wahl eines Russen die im Friedensverträge vorgesehene Zustimmung auf keinen
Fall ertheilen würden, so erklärte er, daß er keinem seiner Unterthanen gestatten
werde, die bulgarische Fürstenwürde anzunehmen. Prinz Reuß und der dänische
Prinz scheinen keine Neigung empfunden zu haben, die Halbbarbaren am Balkan
als constitutionelle Herrscher zu beglücken, und so blieb nur der Prinz von Batten-
Gn'nztwtcu II. 1381. 4i>.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |