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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Die Düsseldorfs Schule,

bis 1839. In letzterm Jahre wurde er nach Dresden als Lehrer an die Kunst¬
akademie berufen, wo er durch sein ausgezeichnetes Lchrtnlcnt die Principien der
Düsseldorfer Schule weiter verbreitete. seinem ganzen künstlerischen Charakter
nach war er eng mit Lessing verwandt. Auch bei ihm überwog die Reflexion die
Phantasie: seine Werke sind mehr die Producte des kritischen Verstandes als
die Offenbarungen des mühelos und frei schaffenden Genius. Diese Eigenschaft
theilt er übrigens mit allen Historienmalern der ältern Düsseldorfer Schule.
Die einzige Ausnahme macht Alfred Rethcl, dessen gewaltiger Genius sich aber
nicht an der Düsseldorfer Akademie, der er von 1829 bis 1837 angehörte, sondern
erst unter Philipp Veith Einfluß in Frankfurt um Main entfaltete. Er hatte
Düsseldorf verlassen, weil ihm das an der Akademie herrschende Streben nach
specifisch eoloristischcr Wirkuug uicht behagte. Für die Folgezeit erwies sich frei¬
lich dieser Bruch mit dem modernen Colvrismus als nachtheilig. Die geniale
Begabung Rcthels, der übrigens das meiste sich selbst verdankt, entwickelte sich
leider zu einseitig, als daß seine vollendet zurückgelassenen Schöpfungen den Ein¬
druck vollkommener Harmonie machen könnten. Seine Fresken im Aachener Kaiser¬
saale leide" unter dem harten und bunten Colorit; ihre großartige Erhabenheit,
ihre monumentale Würde kann man nur aus den Cartons schätzen lernen, die
als Mittel zum Zweck nach unsern Anschauungen doch wiederum keine Kunst¬
werte für sich selbst sind. Aber wenn er nur den grandiosen Aqnarelleneyklus
"Hannibals Zug über die Alpen" geschaffen hätte, Ivürden wir ihm doch den
Ruhm des größten deutschen Historienmalers vindiciren, ihm einen Platz "eben
dem ihm in verschiednen Beziehungen eongenialen Dürer anweisen müssen.

Hühner hat sich übrigens in dem letzten größern Werke, das er geschaffen,
mich in der Wahl des Stoffes direct an Lessing angeschlossen. Fast zu gleicher
Zeit mit den letztern bearbeitete er in einer figurenreichen Composition denselben
Stoff "Luthers Disputation mit or. Eck in Leipzig" (vollendet 1866). Beide
Künstler schlössen damit ihre Thätigkeit als Historienmaler ab, Hübner, weil ihn
seine Lehrthätigkeit in Anspruch nahm und weil ihn außerdem kunsthistorische
Studien beschäftigten, die er seit 1871 als Director der Dresdner Gemäldegalerie
anch praktisch verwerthen konnte, Lessing, weil er vielleicht einsah, daß der Kreis¬
lauf der Düsseldorfer Historienmalerei ein für alle Mal abgeschlossen war.

Mit Julius Hühner ist der Name Eduard Bendemanns eng verknüpft,
welcher nnter der Leitung Hübners, der seine Schwester geheirathet hatte, die
ersten Schritte zur Kunst that. Als sechzehnjähriger Jüngling kam er 1827 nach
Düsseldorf, wo er seine Studien mit solchem Erfolge fortsetzte, daß er, unterstützt
durch die Eindrücke einer italienischen Reise, schon 1832 ein Bild schaffen konnte,
welches ihm mit einem Schlage einen Platz unter den ersten Düsseldorfer Malern


Die Düsseldorfs Schule,

bis 1839. In letzterm Jahre wurde er nach Dresden als Lehrer an die Kunst¬
akademie berufen, wo er durch sein ausgezeichnetes Lchrtnlcnt die Principien der
Düsseldorfer Schule weiter verbreitete. seinem ganzen künstlerischen Charakter
nach war er eng mit Lessing verwandt. Auch bei ihm überwog die Reflexion die
Phantasie: seine Werke sind mehr die Producte des kritischen Verstandes als
die Offenbarungen des mühelos und frei schaffenden Genius. Diese Eigenschaft
theilt er übrigens mit allen Historienmalern der ältern Düsseldorfer Schule.
Die einzige Ausnahme macht Alfred Rethcl, dessen gewaltiger Genius sich aber
nicht an der Düsseldorfer Akademie, der er von 1829 bis 1837 angehörte, sondern
erst unter Philipp Veith Einfluß in Frankfurt um Main entfaltete. Er hatte
Düsseldorf verlassen, weil ihm das an der Akademie herrschende Streben nach
specifisch eoloristischcr Wirkuug uicht behagte. Für die Folgezeit erwies sich frei¬
lich dieser Bruch mit dem modernen Colvrismus als nachtheilig. Die geniale
Begabung Rcthels, der übrigens das meiste sich selbst verdankt, entwickelte sich
leider zu einseitig, als daß seine vollendet zurückgelassenen Schöpfungen den Ein¬
druck vollkommener Harmonie machen könnten. Seine Fresken im Aachener Kaiser¬
saale leide» unter dem harten und bunten Colorit; ihre großartige Erhabenheit,
ihre monumentale Würde kann man nur aus den Cartons schätzen lernen, die
als Mittel zum Zweck nach unsern Anschauungen doch wiederum keine Kunst¬
werte für sich selbst sind. Aber wenn er nur den grandiosen Aqnarelleneyklus
„Hannibals Zug über die Alpen" geschaffen hätte, Ivürden wir ihm doch den
Ruhm des größten deutschen Historienmalers vindiciren, ihm einen Platz »eben
dem ihm in verschiednen Beziehungen eongenialen Dürer anweisen müssen.

Hühner hat sich übrigens in dem letzten größern Werke, das er geschaffen,
mich in der Wahl des Stoffes direct an Lessing angeschlossen. Fast zu gleicher
Zeit mit den letztern bearbeitete er in einer figurenreichen Composition denselben
Stoff „Luthers Disputation mit or. Eck in Leipzig" (vollendet 1866). Beide
Künstler schlössen damit ihre Thätigkeit als Historienmaler ab, Hübner, weil ihn
seine Lehrthätigkeit in Anspruch nahm und weil ihn außerdem kunsthistorische
Studien beschäftigten, die er seit 1871 als Director der Dresdner Gemäldegalerie
anch praktisch verwerthen konnte, Lessing, weil er vielleicht einsah, daß der Kreis¬
lauf der Düsseldorfer Historienmalerei ein für alle Mal abgeschlossen war.

Mit Julius Hühner ist der Name Eduard Bendemanns eng verknüpft,
welcher nnter der Leitung Hübners, der seine Schwester geheirathet hatte, die
ersten Schritte zur Kunst that. Als sechzehnjähriger Jüngling kam er 1827 nach
Düsseldorf, wo er seine Studien mit solchem Erfolge fortsetzte, daß er, unterstützt
durch die Eindrücke einer italienischen Reise, schon 1832 ein Bild schaffen konnte,
welches ihm mit einem Schlage einen Platz unter den ersten Düsseldorfer Malern


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[0034] Die Düsseldorfs Schule, bis 1839. In letzterm Jahre wurde er nach Dresden als Lehrer an die Kunst¬ akademie berufen, wo er durch sein ausgezeichnetes Lchrtnlcnt die Principien der Düsseldorfer Schule weiter verbreitete. seinem ganzen künstlerischen Charakter nach war er eng mit Lessing verwandt. Auch bei ihm überwog die Reflexion die Phantasie: seine Werke sind mehr die Producte des kritischen Verstandes als die Offenbarungen des mühelos und frei schaffenden Genius. Diese Eigenschaft theilt er übrigens mit allen Historienmalern der ältern Düsseldorfer Schule. Die einzige Ausnahme macht Alfred Rethcl, dessen gewaltiger Genius sich aber nicht an der Düsseldorfer Akademie, der er von 1829 bis 1837 angehörte, sondern erst unter Philipp Veith Einfluß in Frankfurt um Main entfaltete. Er hatte Düsseldorf verlassen, weil ihm das an der Akademie herrschende Streben nach specifisch eoloristischcr Wirkuug uicht behagte. Für die Folgezeit erwies sich frei¬ lich dieser Bruch mit dem modernen Colvrismus als nachtheilig. Die geniale Begabung Rcthels, der übrigens das meiste sich selbst verdankt, entwickelte sich leider zu einseitig, als daß seine vollendet zurückgelassenen Schöpfungen den Ein¬ druck vollkommener Harmonie machen könnten. Seine Fresken im Aachener Kaiser¬ saale leide» unter dem harten und bunten Colorit; ihre großartige Erhabenheit, ihre monumentale Würde kann man nur aus den Cartons schätzen lernen, die als Mittel zum Zweck nach unsern Anschauungen doch wiederum keine Kunst¬ werte für sich selbst sind. Aber wenn er nur den grandiosen Aqnarelleneyklus „Hannibals Zug über die Alpen" geschaffen hätte, Ivürden wir ihm doch den Ruhm des größten deutschen Historienmalers vindiciren, ihm einen Platz »eben dem ihm in verschiednen Beziehungen eongenialen Dürer anweisen müssen. Hühner hat sich übrigens in dem letzten größern Werke, das er geschaffen, mich in der Wahl des Stoffes direct an Lessing angeschlossen. Fast zu gleicher Zeit mit den letztern bearbeitete er in einer figurenreichen Composition denselben Stoff „Luthers Disputation mit or. Eck in Leipzig" (vollendet 1866). Beide Künstler schlössen damit ihre Thätigkeit als Historienmaler ab, Hübner, weil ihn seine Lehrthätigkeit in Anspruch nahm und weil ihn außerdem kunsthistorische Studien beschäftigten, die er seit 1871 als Director der Dresdner Gemäldegalerie anch praktisch verwerthen konnte, Lessing, weil er vielleicht einsah, daß der Kreis¬ lauf der Düsseldorfer Historienmalerei ein für alle Mal abgeschlossen war. Mit Julius Hühner ist der Name Eduard Bendemanns eng verknüpft, welcher nnter der Leitung Hübners, der seine Schwester geheirathet hatte, die ersten Schritte zur Kunst that. Als sechzehnjähriger Jüngling kam er 1827 nach Düsseldorf, wo er seine Studien mit solchem Erfolge fortsetzte, daß er, unterstützt durch die Eindrücke einer italienischen Reise, schon 1832 ein Bild schaffen konnte, welches ihm mit einem Schlage einen Platz unter den ersten Düsseldorfer Malern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/34>, abgerufen am 23.07.2024.