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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Laldorcm.

um Calderon als den größten Vertreter der romantischen Poesie erscheinen zu
lassen, bei dem, um mit Schlegel zu reden, sich alle Pracht verschwendet findet,
wie man bei einem Feuerwerke die buntesten Farben, die glänzendsten Lichter
und wunderlichsten Figuren der feurigen Springbrunnen und Kreise für die letzte
Explosion aufzusparen pflegt.

Werfen wir zum Schlüsse noch einen Blick auf den Einfluß, den Calderons
dramatische Kunst auf die Nachwelt ausübte.

Während zu Lebzeiten des Dichters bedeutende Talente wie Francisco de
Rojas, von dem das berühmte Stück vol r<^ g>og.fo ninguno (Außer meinem
König Keiner) herrührt, Moreto, der Verfasser des reizenden "Trotz wider Trotz"
<M äösclön von ol Sö8asu), das West in seiner vorzüglichen Bearbeitung unter
dem Titel "Dona Diana" dem Besitze des deutschen Theaters einverleibte, und
außerdem manche achtbare Kraft zweiten Ranges neben ihm thätig war, unter¬
brach im 18. Jahrhundert der eindringende französische Pseudoclassicismus, gegen
den Jose Canizares und Antonio de Zamora vergeblich die nationalen Traditionen
aufrecht zu erhalten suchten, die Weiterentwicklung eines Theaters, das durchaus
selbständig wie das altgrichische, sich von fremdem Einfluß bisher völlig intact
gehalten. Erst gegen Ablauf des 18. Jahrhunderts, als das französische System
hauptsächlich durch deutsche Angriffe ins Wanken gerieth, und zu Anfang des
19., als die in Deutschland erwachte Verehrung für Calderon auch auf Spanien
zurückwirkte, begannen berufne Talente wie Martinez de la Rosa, Breton de
los Herreros u. a. mit Erfolg an die Meisterwerke der alten nationalen Bühne
wieder anzuknüpfen.

Was die Stellung des Auslandes zu Calderon betrifft^), so äußert sich
dieselbe namentlich in Frankreich in umfangreichen Entlehnungen, die man sich,
oft ohne die Quelle anzugeben, wie aus der dramatischen Literatur Spaniens
überhaupt, so auch aus Calderons Stücken erlaubte. Der große Corneille, der
in seinem Lia eine abgeblaßte und verwässerte Copie nach Guillen de Castro
lieferte, in seinem Muwur Alarcons berühmtes Stück I^s, vsräacl sospseuos"
zum Theil direct übersetzte, des Mira de Mescua c-outuso bearbeitete,



*) Von Uebersetzungen Calderons mögen außer den schon erwähnten hier noch genannt
sein die französischen von Damas Hinard, IdsÄrs as tÄIäsron, 3 Bde., Paris 1841--44
und 1869; Antoine de Lcitour, vsuvrss äiÄwiMcMs as LMsron, Paris 1871; Th. de Puy-
mnigre, I.v xroäiguoux msKivio", ärsms as (ZMorou as I" L"o", trsckmt Sir ÜANyÄs,
Metz 18S2; die englischen von Mac-Carthy (2 Bde. 18S3, 1 Bd. 1861), Edward Fitzgerald
(6 Stücke, 1853), Trench <Mo's Ä ärss,in, I8S6) und die trefflichen Uebersetzungen einzelner
Scenen aus dem UsUso xroäig'ioso, die in Shelleys ?ostliuwous Voows (1824) S. 362--392
sich finden; außerdem die Is Stücke umfassende italienische Uebersetzung in Pietro Montis
Is^ro seslw (4 Bde., 185S).
Laldorcm.

um Calderon als den größten Vertreter der romantischen Poesie erscheinen zu
lassen, bei dem, um mit Schlegel zu reden, sich alle Pracht verschwendet findet,
wie man bei einem Feuerwerke die buntesten Farben, die glänzendsten Lichter
und wunderlichsten Figuren der feurigen Springbrunnen und Kreise für die letzte
Explosion aufzusparen pflegt.

Werfen wir zum Schlüsse noch einen Blick auf den Einfluß, den Calderons
dramatische Kunst auf die Nachwelt ausübte.

Während zu Lebzeiten des Dichters bedeutende Talente wie Francisco de
Rojas, von dem das berühmte Stück vol r<^ g>og.fo ninguno (Außer meinem
König Keiner) herrührt, Moreto, der Verfasser des reizenden „Trotz wider Trotz"
<M äösclön von ol Sö8asu), das West in seiner vorzüglichen Bearbeitung unter
dem Titel „Dona Diana" dem Besitze des deutschen Theaters einverleibte, und
außerdem manche achtbare Kraft zweiten Ranges neben ihm thätig war, unter¬
brach im 18. Jahrhundert der eindringende französische Pseudoclassicismus, gegen
den Jose Canizares und Antonio de Zamora vergeblich die nationalen Traditionen
aufrecht zu erhalten suchten, die Weiterentwicklung eines Theaters, das durchaus
selbständig wie das altgrichische, sich von fremdem Einfluß bisher völlig intact
gehalten. Erst gegen Ablauf des 18. Jahrhunderts, als das französische System
hauptsächlich durch deutsche Angriffe ins Wanken gerieth, und zu Anfang des
19., als die in Deutschland erwachte Verehrung für Calderon auch auf Spanien
zurückwirkte, begannen berufne Talente wie Martinez de la Rosa, Breton de
los Herreros u. a. mit Erfolg an die Meisterwerke der alten nationalen Bühne
wieder anzuknüpfen.

Was die Stellung des Auslandes zu Calderon betrifft^), so äußert sich
dieselbe namentlich in Frankreich in umfangreichen Entlehnungen, die man sich,
oft ohne die Quelle anzugeben, wie aus der dramatischen Literatur Spaniens
überhaupt, so auch aus Calderons Stücken erlaubte. Der große Corneille, der
in seinem Lia eine abgeblaßte und verwässerte Copie nach Guillen de Castro
lieferte, in seinem Muwur Alarcons berühmtes Stück I^s, vsräacl sospseuos»
zum Theil direct übersetzte, des Mira de Mescua c-outuso bearbeitete,



*) Von Uebersetzungen Calderons mögen außer den schon erwähnten hier noch genannt
sein die französischen von Damas Hinard, IdsÄrs as tÄIäsron, 3 Bde., Paris 1841—44
und 1869; Antoine de Lcitour, vsuvrss äiÄwiMcMs as LMsron, Paris 1871; Th. de Puy-
mnigre, I.v xroäiguoux msKivio», ärsms as (ZMorou as I» L»o», trsckmt Sir ÜANyÄs,
Metz 18S2; die englischen von Mac-Carthy (2 Bde. 18S3, 1 Bd. 1861), Edward Fitzgerald
(6 Stücke, 1853), Trench <Mo's Ä ärss,in, I8S6) und die trefflichen Uebersetzungen einzelner
Scenen aus dem UsUso xroäig'ioso, die in Shelleys ?ostliuwous Voows (1824) S. 362—392
sich finden; außerdem die Is Stücke umfassende italienische Uebersetzung in Pietro Montis
Is^ro seslw (4 Bde., 185S).
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[0327] Laldorcm. um Calderon als den größten Vertreter der romantischen Poesie erscheinen zu lassen, bei dem, um mit Schlegel zu reden, sich alle Pracht verschwendet findet, wie man bei einem Feuerwerke die buntesten Farben, die glänzendsten Lichter und wunderlichsten Figuren der feurigen Springbrunnen und Kreise für die letzte Explosion aufzusparen pflegt. Werfen wir zum Schlüsse noch einen Blick auf den Einfluß, den Calderons dramatische Kunst auf die Nachwelt ausübte. Während zu Lebzeiten des Dichters bedeutende Talente wie Francisco de Rojas, von dem das berühmte Stück vol r<^ g>og.fo ninguno (Außer meinem König Keiner) herrührt, Moreto, der Verfasser des reizenden „Trotz wider Trotz" <M äösclön von ol Sö8asu), das West in seiner vorzüglichen Bearbeitung unter dem Titel „Dona Diana" dem Besitze des deutschen Theaters einverleibte, und außerdem manche achtbare Kraft zweiten Ranges neben ihm thätig war, unter¬ brach im 18. Jahrhundert der eindringende französische Pseudoclassicismus, gegen den Jose Canizares und Antonio de Zamora vergeblich die nationalen Traditionen aufrecht zu erhalten suchten, die Weiterentwicklung eines Theaters, das durchaus selbständig wie das altgrichische, sich von fremdem Einfluß bisher völlig intact gehalten. Erst gegen Ablauf des 18. Jahrhunderts, als das französische System hauptsächlich durch deutsche Angriffe ins Wanken gerieth, und zu Anfang des 19., als die in Deutschland erwachte Verehrung für Calderon auch auf Spanien zurückwirkte, begannen berufne Talente wie Martinez de la Rosa, Breton de los Herreros u. a. mit Erfolg an die Meisterwerke der alten nationalen Bühne wieder anzuknüpfen. Was die Stellung des Auslandes zu Calderon betrifft^), so äußert sich dieselbe namentlich in Frankreich in umfangreichen Entlehnungen, die man sich, oft ohne die Quelle anzugeben, wie aus der dramatischen Literatur Spaniens überhaupt, so auch aus Calderons Stücken erlaubte. Der große Corneille, der in seinem Lia eine abgeblaßte und verwässerte Copie nach Guillen de Castro lieferte, in seinem Muwur Alarcons berühmtes Stück I^s, vsräacl sospseuos» zum Theil direct übersetzte, des Mira de Mescua c-outuso bearbeitete, *) Von Uebersetzungen Calderons mögen außer den schon erwähnten hier noch genannt sein die französischen von Damas Hinard, IdsÄrs as tÄIäsron, 3 Bde., Paris 1841—44 und 1869; Antoine de Lcitour, vsuvrss äiÄwiMcMs as LMsron, Paris 1871; Th. de Puy- mnigre, I.v xroäiguoux msKivio», ärsms as (ZMorou as I» L»o», trsckmt Sir ÜANyÄs, Metz 18S2; die englischen von Mac-Carthy (2 Bde. 18S3, 1 Bd. 1861), Edward Fitzgerald (6 Stücke, 1853), Trench <Mo's Ä ärss,in, I8S6) und die trefflichen Uebersetzungen einzelner Scenen aus dem UsUso xroäig'ioso, die in Shelleys ?ostliuwous Voows (1824) S. 362—392 sich finden; außerdem die Is Stücke umfassende italienische Uebersetzung in Pietro Montis Is^ro seslw (4 Bde., 185S).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/327>, abgerufen am 23.07.2024.