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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Lalderon,

stioig-s öQ um^), welche das Thema behandelt, daß die Sünden der Väter an
den Kindern sich rächen. Ein junger Mann flieht wegen eines Liebeshandels,
der ihn zum Mörder gemacht, aus der menschlichen Gesellschaft und steht als
Ränber seinem unerkannten Vater Don Mento gegenüber; er und seine Schwester
entbrennen, ohne eine Ahnung von ihrer Blutsverwandschaft, in gegenseitiger
Liebe; in der Aufregung eines heftigen Augenblicks erhebt er die Hand wider
den, der für seinen Vater gilt; sein wirklicher Vater muß ihn im Auftrag des
Königs Don Pedro gefangen nehmen; der vermeintlichen Mutter des Verbrechers
entlockt der König das Geständniß, daß jener der Sohn ihrer jüngern Schwester
und des Don Mento und daß sie ihn für den ihrigen ausgegeben, um diese vor
Schande zu bewahren. So liegen drei Vergehen vor: der junge Lope schlug
seinen vermeintlichen Vater, Don Meiwo betrog die Geliebte, die Schwester der¬
selben den eignen Gatten; sie werden zugleich bestraft, indem sie den erstern
in seinem Gefängniß erdrosselt finden. Man erkennt, um dies nebenbei zu be¬
merken, hier leicht den Keim zu den übel berufnen deutschen Schicksalstragödien,
jenen Carikaturen, die auf einer durchaus schiefen Auffassung Calderons und der
antiken Schicksalsidee fußen und zu denen leider anch kein Geringerer als Grill-
parzer in seinem Erstlingsdrama, der "Ahnfrau", einen Beitrag lieferte, dem er
es zu danken hat, noch heute, trotz seiner spätern großartigen Leistungen, von
den meisten Literarhistorikern mit Müllner, Houwald und andern in eine und
dieselbe Kategorie geworfen zu werden.

Das "Liebchen des Gomez Arms" (Ka una äg 6, behandelt eine
Sage, die durch Volkslieder allgemein verbreitet und unter demselben Titel be¬
reits von dem Valeneianer Luis Velcz de Guevara auf die Bühne gebracht war,
Don Felix hat im Zweikampf mit Gomez Urias, dem Bräutigam der Donna
Beatriz, die er liebt, sich todt gestellt und dadurch diesen gezwungen, aus Granada
zu entweichen. Der Vater, Don Diego, der in den Krieg gegen die ausständischen
Mauren muß, will die Tochter nicht allein lassen, sondern sie dem Don Juan
Jniguez de Haro in Cadix zur Ehe geben. Gomez Urias, den wir darauf in
Cndix mit seinem Diener im Gespräch finden, giebt sich als ein Wüstling zu er¬
kennen, der sich hier eiligst eine neue Geliebte, Dorotea, erkoren hat. In deren
Gemach mit ihr in Unterredung, verbirgt er sich beim Auftreten ihres Vaters
Don Luis und des Don Felix im Nebenzimmer. Von da aus belauscht er Don
Luis' und Felix' Gespräch, in dem der letztere um ein verborgenes Asyl im
Hanse bittet, um seinem Rivalen Gomez nachstellen zu können, und von Don
Luis das Versprechen seines Beistandes erhält, Don Juan wirbt bei Don Luis
um die Hand seiner Tochter, und dieser giebt gern seine Zustimmung. Es folgt
ein Dialog zwischen Gomez und Dorotea, die beide ungesehene Zeugen des


Lalderon,

stioig-s öQ um^), welche das Thema behandelt, daß die Sünden der Väter an
den Kindern sich rächen. Ein junger Mann flieht wegen eines Liebeshandels,
der ihn zum Mörder gemacht, aus der menschlichen Gesellschaft und steht als
Ränber seinem unerkannten Vater Don Mento gegenüber; er und seine Schwester
entbrennen, ohne eine Ahnung von ihrer Blutsverwandschaft, in gegenseitiger
Liebe; in der Aufregung eines heftigen Augenblicks erhebt er die Hand wider
den, der für seinen Vater gilt; sein wirklicher Vater muß ihn im Auftrag des
Königs Don Pedro gefangen nehmen; der vermeintlichen Mutter des Verbrechers
entlockt der König das Geständniß, daß jener der Sohn ihrer jüngern Schwester
und des Don Mento und daß sie ihn für den ihrigen ausgegeben, um diese vor
Schande zu bewahren. So liegen drei Vergehen vor: der junge Lope schlug
seinen vermeintlichen Vater, Don Meiwo betrog die Geliebte, die Schwester der¬
selben den eignen Gatten; sie werden zugleich bestraft, indem sie den erstern
in seinem Gefängniß erdrosselt finden. Man erkennt, um dies nebenbei zu be¬
merken, hier leicht den Keim zu den übel berufnen deutschen Schicksalstragödien,
jenen Carikaturen, die auf einer durchaus schiefen Auffassung Calderons und der
antiken Schicksalsidee fußen und zu denen leider anch kein Geringerer als Grill-
parzer in seinem Erstlingsdrama, der „Ahnfrau", einen Beitrag lieferte, dem er
es zu danken hat, noch heute, trotz seiner spätern großartigen Leistungen, von
den meisten Literarhistorikern mit Müllner, Houwald und andern in eine und
dieselbe Kategorie geworfen zu werden.

Das „Liebchen des Gomez Arms" (Ka una äg 6, behandelt eine
Sage, die durch Volkslieder allgemein verbreitet und unter demselben Titel be¬
reits von dem Valeneianer Luis Velcz de Guevara auf die Bühne gebracht war,
Don Felix hat im Zweikampf mit Gomez Urias, dem Bräutigam der Donna
Beatriz, die er liebt, sich todt gestellt und dadurch diesen gezwungen, aus Granada
zu entweichen. Der Vater, Don Diego, der in den Krieg gegen die ausständischen
Mauren muß, will die Tochter nicht allein lassen, sondern sie dem Don Juan
Jniguez de Haro in Cadix zur Ehe geben. Gomez Urias, den wir darauf in
Cndix mit seinem Diener im Gespräch finden, giebt sich als ein Wüstling zu er¬
kennen, der sich hier eiligst eine neue Geliebte, Dorotea, erkoren hat. In deren
Gemach mit ihr in Unterredung, verbirgt er sich beim Auftreten ihres Vaters
Don Luis und des Don Felix im Nebenzimmer. Von da aus belauscht er Don
Luis' und Felix' Gespräch, in dem der letztere um ein verborgenes Asyl im
Hanse bittet, um seinem Rivalen Gomez nachstellen zu können, und von Don
Luis das Versprechen seines Beistandes erhält, Don Juan wirbt bei Don Luis
um die Hand seiner Tochter, und dieser giebt gern seine Zustimmung. Es folgt
ein Dialog zwischen Gomez und Dorotea, die beide ungesehene Zeugen des


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[0279] Lalderon, stioig-s öQ um^), welche das Thema behandelt, daß die Sünden der Väter an den Kindern sich rächen. Ein junger Mann flieht wegen eines Liebeshandels, der ihn zum Mörder gemacht, aus der menschlichen Gesellschaft und steht als Ränber seinem unerkannten Vater Don Mento gegenüber; er und seine Schwester entbrennen, ohne eine Ahnung von ihrer Blutsverwandschaft, in gegenseitiger Liebe; in der Aufregung eines heftigen Augenblicks erhebt er die Hand wider den, der für seinen Vater gilt; sein wirklicher Vater muß ihn im Auftrag des Königs Don Pedro gefangen nehmen; der vermeintlichen Mutter des Verbrechers entlockt der König das Geständniß, daß jener der Sohn ihrer jüngern Schwester und des Don Mento und daß sie ihn für den ihrigen ausgegeben, um diese vor Schande zu bewahren. So liegen drei Vergehen vor: der junge Lope schlug seinen vermeintlichen Vater, Don Meiwo betrog die Geliebte, die Schwester der¬ selben den eignen Gatten; sie werden zugleich bestraft, indem sie den erstern in seinem Gefängniß erdrosselt finden. Man erkennt, um dies nebenbei zu be¬ merken, hier leicht den Keim zu den übel berufnen deutschen Schicksalstragödien, jenen Carikaturen, die auf einer durchaus schiefen Auffassung Calderons und der antiken Schicksalsidee fußen und zu denen leider anch kein Geringerer als Grill- parzer in seinem Erstlingsdrama, der „Ahnfrau", einen Beitrag lieferte, dem er es zu danken hat, noch heute, trotz seiner spätern großartigen Leistungen, von den meisten Literarhistorikern mit Müllner, Houwald und andern in eine und dieselbe Kategorie geworfen zu werden. Das „Liebchen des Gomez Arms" (Ka una äg 6, behandelt eine Sage, die durch Volkslieder allgemein verbreitet und unter demselben Titel be¬ reits von dem Valeneianer Luis Velcz de Guevara auf die Bühne gebracht war, Don Felix hat im Zweikampf mit Gomez Urias, dem Bräutigam der Donna Beatriz, die er liebt, sich todt gestellt und dadurch diesen gezwungen, aus Granada zu entweichen. Der Vater, Don Diego, der in den Krieg gegen die ausständischen Mauren muß, will die Tochter nicht allein lassen, sondern sie dem Don Juan Jniguez de Haro in Cadix zur Ehe geben. Gomez Urias, den wir darauf in Cndix mit seinem Diener im Gespräch finden, giebt sich als ein Wüstling zu er¬ kennen, der sich hier eiligst eine neue Geliebte, Dorotea, erkoren hat. In deren Gemach mit ihr in Unterredung, verbirgt er sich beim Auftreten ihres Vaters Don Luis und des Don Felix im Nebenzimmer. Von da aus belauscht er Don Luis' und Felix' Gespräch, in dem der letztere um ein verborgenes Asyl im Hanse bittet, um seinem Rivalen Gomez nachstellen zu können, und von Don Luis das Versprechen seines Beistandes erhält, Don Juan wirbt bei Don Luis um die Hand seiner Tochter, und dieser giebt gern seine Zustimmung. Es folgt ein Dialog zwischen Gomez und Dorotea, die beide ungesehene Zeugen des

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/279>, abgerufen am 23.07.2024.