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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Ein Jugendfreund Goethes.

In der ersten Ode erscheint Vehrisch dem jugendlichen Dichter unter dem
Bilde eines Baumes edler Art, dem ein glücklicheres Erdreich gebührt.


Verpflanze den schönen Baum,
Gärtner! er jammert mich;
Glücklicheres Erdreich
Verdiente der Stamm.
Noch hat seiner Natur Kraft
Der Erde aufsaugenden Geize,
Der Lust verderbender Fäulniß,
Ein Gegengift, widerstände".
Sieh! wie er im Frühling
Lichtgrüne Blätter schlägt;
Ihr Ornngcudufl
Ist dem Geschmeiße Gift...

Auch "der Raupe tückischer Zahn" wird stumpf an den Blättern des edeln
Baumes, und selbst im Herbste, da die Raupe der listigen Spinne des Baumes
Nnverwelklichkeit klagt und diese von ihrer Taxuswvhuuug schwebend zum wohl¬
thätigen Baume herüberzieht, kann auch sie nicht schaden;


Aber die Vielkünstliche
Ueberzieht mit grauem Ekel
Die Silbcrblätter;
Sieht triumphirend,
Wie das Mädchen schauernd,
Der Jüngling jammernd
Vorübergeht.

In der zweiten Ode erscheint der Freund verleumdet und wird Leipzig verlasse".


Du gehst! Ich murre. --
Geh! Laß mich murren,
Ehrlicher Mann,
Fliehe dieses Land!
Todte Sümpfe,
Dampfende Oktobernebel
Verweben ihre Ausflüsse
Hier unzertrennlich.
Gebärort
schädlicher Insecten,
Mördcrhöhle
Ihrer Bosheit...

Die dritte Ode spricht den Schmerz lind Grimm des Dichters über den Verlust
des Freundes ans und räth diesem, hinfort der Liebe und Freundschaft das Herz
zu schließen, da überall der Neid wache. Dennoch will der Dichter den Freund
uicht durch Klagen zurückhalten.


Ein Jugendfreund Goethes.

In der ersten Ode erscheint Vehrisch dem jugendlichen Dichter unter dem
Bilde eines Baumes edler Art, dem ein glücklicheres Erdreich gebührt.


Verpflanze den schönen Baum,
Gärtner! er jammert mich;
Glücklicheres Erdreich
Verdiente der Stamm.
Noch hat seiner Natur Kraft
Der Erde aufsaugenden Geize,
Der Lust verderbender Fäulniß,
Ein Gegengift, widerstände».
Sieh! wie er im Frühling
Lichtgrüne Blätter schlägt;
Ihr Ornngcudufl
Ist dem Geschmeiße Gift...

Auch „der Raupe tückischer Zahn" wird stumpf an den Blättern des edeln
Baumes, und selbst im Herbste, da die Raupe der listigen Spinne des Baumes
Nnverwelklichkeit klagt und diese von ihrer Taxuswvhuuug schwebend zum wohl¬
thätigen Baume herüberzieht, kann auch sie nicht schaden;


Aber die Vielkünstliche
Ueberzieht mit grauem Ekel
Die Silbcrblätter;
Sieht triumphirend,
Wie das Mädchen schauernd,
Der Jüngling jammernd
Vorübergeht.

In der zweiten Ode erscheint der Freund verleumdet und wird Leipzig verlasse».


Du gehst! Ich murre. —
Geh! Laß mich murren,
Ehrlicher Mann,
Fliehe dieses Land!
Todte Sümpfe,
Dampfende Oktobernebel
Verweben ihre Ausflüsse
Hier unzertrennlich.
Gebärort
schädlicher Insecten,
Mördcrhöhle
Ihrer Bosheit...

Die dritte Ode spricht den Schmerz lind Grimm des Dichters über den Verlust
des Freundes ans und räth diesem, hinfort der Liebe und Freundschaft das Herz
zu schließen, da überall der Neid wache. Dennoch will der Dichter den Freund
uicht durch Klagen zurückhalten.


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[0027] Ein Jugendfreund Goethes. In der ersten Ode erscheint Vehrisch dem jugendlichen Dichter unter dem Bilde eines Baumes edler Art, dem ein glücklicheres Erdreich gebührt. Verpflanze den schönen Baum, Gärtner! er jammert mich; Glücklicheres Erdreich Verdiente der Stamm. Noch hat seiner Natur Kraft Der Erde aufsaugenden Geize, Der Lust verderbender Fäulniß, Ein Gegengift, widerstände». Sieh! wie er im Frühling Lichtgrüne Blätter schlägt; Ihr Ornngcudufl Ist dem Geschmeiße Gift... Auch „der Raupe tückischer Zahn" wird stumpf an den Blättern des edeln Baumes, und selbst im Herbste, da die Raupe der listigen Spinne des Baumes Nnverwelklichkeit klagt und diese von ihrer Taxuswvhuuug schwebend zum wohl¬ thätigen Baume herüberzieht, kann auch sie nicht schaden; Aber die Vielkünstliche Ueberzieht mit grauem Ekel Die Silbcrblätter; Sieht triumphirend, Wie das Mädchen schauernd, Der Jüngling jammernd Vorübergeht. In der zweiten Ode erscheint der Freund verleumdet und wird Leipzig verlasse». Du gehst! Ich murre. — Geh! Laß mich murren, Ehrlicher Mann, Fliehe dieses Land! Todte Sümpfe, Dampfende Oktobernebel Verweben ihre Ausflüsse Hier unzertrennlich. Gebärort schädlicher Insecten, Mördcrhöhle Ihrer Bosheit... Die dritte Ode spricht den Schmerz lind Grimm des Dichters über den Verlust des Freundes ans und räth diesem, hinfort der Liebe und Freundschaft das Herz zu schließen, da überall der Neid wache. Dennoch will der Dichter den Freund uicht durch Klagen zurückhalten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/27>, abgerufen am 23.07.2024.