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Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal.

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Staatseiseubahuen) mit dem Sitz in seiner Heimatstadt Dresden, Hier war es,
wo er neben seinen eigentlich amtlichen Aufgaben jene doppelte literarische Thätig¬
keit zu entwickeln begann, welche theils ein Resultat seiner fortgesetzten Studien,
seiner Reisen, seines beständigen fast leidenschaftlichen Antheils an der Entwick¬
lung der Technik, theils eine Befriedigung des ihm entschieden innewohnenden
künstlerischen Triebes war. Schriften höchst verschiedner Gattung entstanden.
Zur erstnugedeuteten Gruppe derselben zählten, neben zahlreichen Abhandlungen
in Fachzeitschriften: "Die Technik des Eisenbahnbetriebes," das in mehrem Auf¬
lagen "veitverbreitete, in fast alle europäischen Sprachen übersetzte Handbuch "Die
Schule des Eisenbahnwesens," die Schriften über "Das Telegraphen- und Signal¬
wesen der Eisenbahnen" und "Die Stabilität des Gefüges der Eisenbahngeleise,"
Zur zweiten gehörten die farbenreichen Reiseskizzen: "Ein Ausflug nach Nord¬
afrika" und die ersten jener Skizzen und Schilderungen aus der "Welt der
Arbeit", der Technik im engern Sinne, durch welche der Autor Antheil für
diese seine Welt in den weitesten Kreisen zu erwecken suchte und thatsächlich er¬
weckte. Mit klarem Blick, aber mit allzuleichter Reizbarkeit und Verletzlichkeit,
erkannte Weber, daß die größten und mächtigsten Leistungen der neuern Technik
der Durchschnittsbildung fremd, in ihrer Bedeutung unbegriffen, in der Wür¬
digung der zu ihnen nöthigen geistigen Kräfte weit unter ihrem echten Werthe
geschätzt waren. Mit einer Art Ungeduld erfüllte ihn weiter die so natürliche
und aus der ganzen Entwicklung der technischen Wissenschaften und des tech¬
nischen Berufs in Deutschland leicht erklärliche Ungleichheit der Bildung seiner
Berufsgenossen, die Mängel der socialen Stellung derselben. Indem er hier
eingreifen und Wandel schaffen wollte, ärgerte und reizte er in seinem Eifer
oft diejenigen, für die er sprach und schrieb und die es doch nicht gern hören
mochten, daß ihnen noch viel fehle und das meiste von ihnen selbst erworben
werden müsse. Auch war es unausbleiblich, daß in Webers eignen Anschauungen
und Ueberzeugungen hier mancherlei Ungleichheiten, je nach der Stärke der ihn
erfüllenden Vorstellungen, der beherrschenden Stimmung, vorhanden blieben.
Und da man an diese halbpvctischen Arbeiten nicht immer poetische Maßstäbe
legte, sondern sie ansah, als ob nüchterne Belehrung ihr Zweck sei, so konnte
es nicht ausbleiben, daß namentlich die frühesten Schilderungen und Skizzen
dieser Art auch bemäkelt wurden. Indeß trägt jede eigenthümliche Tüchtigkeit
und jede Weise vollendeter Darstellung eine gewisse Bürgschaft der Wirkung und
des Erfolgs in sich. Die in verschiedne" Zeitschriften zerstreuten, in den drei
Sammlungen: "Aus der Welt der Arbeit," "Werke und Tage," "Schauen und
Schaffen" gesammelten, halb schildernden, halb novellistischen, immer höchst charak¬
teristischen, von einem nur ihm eignen poetischen Duft umhcmchten, fesselnd ge-


Staatseiseubahuen) mit dem Sitz in seiner Heimatstadt Dresden, Hier war es,
wo er neben seinen eigentlich amtlichen Aufgaben jene doppelte literarische Thätig¬
keit zu entwickeln begann, welche theils ein Resultat seiner fortgesetzten Studien,
seiner Reisen, seines beständigen fast leidenschaftlichen Antheils an der Entwick¬
lung der Technik, theils eine Befriedigung des ihm entschieden innewohnenden
künstlerischen Triebes war. Schriften höchst verschiedner Gattung entstanden.
Zur erstnugedeuteten Gruppe derselben zählten, neben zahlreichen Abhandlungen
in Fachzeitschriften: „Die Technik des Eisenbahnbetriebes," das in mehrem Auf¬
lagen »veitverbreitete, in fast alle europäischen Sprachen übersetzte Handbuch „Die
Schule des Eisenbahnwesens," die Schriften über „Das Telegraphen- und Signal¬
wesen der Eisenbahnen" und „Die Stabilität des Gefüges der Eisenbahngeleise,"
Zur zweiten gehörten die farbenreichen Reiseskizzen: „Ein Ausflug nach Nord¬
afrika" und die ersten jener Skizzen und Schilderungen aus der „Welt der
Arbeit", der Technik im engern Sinne, durch welche der Autor Antheil für
diese seine Welt in den weitesten Kreisen zu erwecken suchte und thatsächlich er¬
weckte. Mit klarem Blick, aber mit allzuleichter Reizbarkeit und Verletzlichkeit,
erkannte Weber, daß die größten und mächtigsten Leistungen der neuern Technik
der Durchschnittsbildung fremd, in ihrer Bedeutung unbegriffen, in der Wür¬
digung der zu ihnen nöthigen geistigen Kräfte weit unter ihrem echten Werthe
geschätzt waren. Mit einer Art Ungeduld erfüllte ihn weiter die so natürliche
und aus der ganzen Entwicklung der technischen Wissenschaften und des tech¬
nischen Berufs in Deutschland leicht erklärliche Ungleichheit der Bildung seiner
Berufsgenossen, die Mängel der socialen Stellung derselben. Indem er hier
eingreifen und Wandel schaffen wollte, ärgerte und reizte er in seinem Eifer
oft diejenigen, für die er sprach und schrieb und die es doch nicht gern hören
mochten, daß ihnen noch viel fehle und das meiste von ihnen selbst erworben
werden müsse. Auch war es unausbleiblich, daß in Webers eignen Anschauungen
und Ueberzeugungen hier mancherlei Ungleichheiten, je nach der Stärke der ihn
erfüllenden Vorstellungen, der beherrschenden Stimmung, vorhanden blieben.
Und da man an diese halbpvctischen Arbeiten nicht immer poetische Maßstäbe
legte, sondern sie ansah, als ob nüchterne Belehrung ihr Zweck sei, so konnte
es nicht ausbleiben, daß namentlich die frühesten Schilderungen und Skizzen
dieser Art auch bemäkelt wurden. Indeß trägt jede eigenthümliche Tüchtigkeit
und jede Weise vollendeter Darstellung eine gewisse Bürgschaft der Wirkung und
des Erfolgs in sich. Die in verschiedne» Zeitschriften zerstreuten, in den drei
Sammlungen: „Aus der Welt der Arbeit," „Werke und Tage," „Schauen und
Schaffen" gesammelten, halb schildernden, halb novellistischen, immer höchst charak¬
teristischen, von einem nur ihm eignen poetischen Duft umhcmchten, fesselnd ge-


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[0178] Staatseiseubahuen) mit dem Sitz in seiner Heimatstadt Dresden, Hier war es, wo er neben seinen eigentlich amtlichen Aufgaben jene doppelte literarische Thätig¬ keit zu entwickeln begann, welche theils ein Resultat seiner fortgesetzten Studien, seiner Reisen, seines beständigen fast leidenschaftlichen Antheils an der Entwick¬ lung der Technik, theils eine Befriedigung des ihm entschieden innewohnenden künstlerischen Triebes war. Schriften höchst verschiedner Gattung entstanden. Zur erstnugedeuteten Gruppe derselben zählten, neben zahlreichen Abhandlungen in Fachzeitschriften: „Die Technik des Eisenbahnbetriebes," das in mehrem Auf¬ lagen »veitverbreitete, in fast alle europäischen Sprachen übersetzte Handbuch „Die Schule des Eisenbahnwesens," die Schriften über „Das Telegraphen- und Signal¬ wesen der Eisenbahnen" und „Die Stabilität des Gefüges der Eisenbahngeleise," Zur zweiten gehörten die farbenreichen Reiseskizzen: „Ein Ausflug nach Nord¬ afrika" und die ersten jener Skizzen und Schilderungen aus der „Welt der Arbeit", der Technik im engern Sinne, durch welche der Autor Antheil für diese seine Welt in den weitesten Kreisen zu erwecken suchte und thatsächlich er¬ weckte. Mit klarem Blick, aber mit allzuleichter Reizbarkeit und Verletzlichkeit, erkannte Weber, daß die größten und mächtigsten Leistungen der neuern Technik der Durchschnittsbildung fremd, in ihrer Bedeutung unbegriffen, in der Wür¬ digung der zu ihnen nöthigen geistigen Kräfte weit unter ihrem echten Werthe geschätzt waren. Mit einer Art Ungeduld erfüllte ihn weiter die so natürliche und aus der ganzen Entwicklung der technischen Wissenschaften und des tech¬ nischen Berufs in Deutschland leicht erklärliche Ungleichheit der Bildung seiner Berufsgenossen, die Mängel der socialen Stellung derselben. Indem er hier eingreifen und Wandel schaffen wollte, ärgerte und reizte er in seinem Eifer oft diejenigen, für die er sprach und schrieb und die es doch nicht gern hören mochten, daß ihnen noch viel fehle und das meiste von ihnen selbst erworben werden müsse. Auch war es unausbleiblich, daß in Webers eignen Anschauungen und Ueberzeugungen hier mancherlei Ungleichheiten, je nach der Stärke der ihn erfüllenden Vorstellungen, der beherrschenden Stimmung, vorhanden blieben. Und da man an diese halbpvctischen Arbeiten nicht immer poetische Maßstäbe legte, sondern sie ansah, als ob nüchterne Belehrung ihr Zweck sei, so konnte es nicht ausbleiben, daß namentlich die frühesten Schilderungen und Skizzen dieser Art auch bemäkelt wurden. Indeß trägt jede eigenthümliche Tüchtigkeit und jede Weise vollendeter Darstellung eine gewisse Bürgschaft der Wirkung und des Erfolgs in sich. Die in verschiedne» Zeitschriften zerstreuten, in den drei Sammlungen: „Aus der Welt der Arbeit," „Werke und Tage," „Schauen und Schaffen" gesammelten, halb schildernden, halb novellistischen, immer höchst charak¬ teristischen, von einem nur ihm eignen poetischen Duft umhcmchten, fesselnd ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 40, 1881, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341833_157699/178>, abgerufen am 24.07.2024.